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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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Qualificirte Diebstähle.
so wenig nothwendig, als dass wenigstens ein
Diebstahl vorher müsse bestraft worden seyn *).
Der dreymahlige Dieb wird von den Gesetzen
für unverbesserlich gehalten (ein "mehrer ver-
läumbdter
Dieb) und soll daher mit dem Tod,

das
Boehmer el. jur. crim. L. 2. §. 171. Quistorp.
Thl. I. §. 361. 362. Grolman C. R. W. §. 304.
Allein, woher weiss man denn, dass diese Worte
darum weggestrichen worden sind, um das Gegen-
theil anzunehmen? Sie sind wohl deswegen weg-
geblieben, weil man sie für unnöthig hielt. Von
dem grossen Diebstahl als besonderem Verbrechen
war schon gehandelt; der dritte Diebstahl ist eben-
falls als ein für sich bestehendes besonderes Verbre-
chen aufgestellt; es muste also jener Zusatz sehr un-
nöthig scheinen. "Wer, dachte wohl Carl, wird
so sonderbar seyn, hier noch einen grossen Dieb-
stahl zu verlangen, da ich doch deutlich genug,
den Grund der besondern Strafbarkeit des dritten
Diebstahls in die dreymalige Wiederholung und in
die hieraus erkannte Unverbesserlichkeit deutlich ge-
setzt habe. Wer dreymal stiehlt, zeigt eine Ge-
wohnheit zu stehlen, er mag wenig oder viel ge-
stohlen haben." Die letzten Gründe des Carolini-
schen Monologs bittet man zu erwägen. Sie sind
Gründe gegen die gewöhnliche Meynung. Auch
möchte wohl zu erwägen seyn, dass unter andern
auch in dem Project steht, "es möchte auch denselbigen
dies nicht entschuldigen, ob er die Diebstähle nicht alle an
einem Ort gethan hätte etc.
" Warum ist denn auch
dieser Zusatz weggestrichen? Etwa, weil Carl das
Gegentheil will? -- Für unsre Meynung, allein
ohne eigentliche Gründe sind Clasen ad h. a. p.
530. Blumblacher ad eund. p. 369. Struben
Thl. II. Bd. 107. §. 5. 6. u. Andere.
*) Die Berufung auf Damhouder pr. crim. c. 110.
Nr. 28 -- 30. welche das Gegentheil beweisen soll,
(Koch inst. jur. crim. §. 200. Anm. 5.) ist sehr
schwach.

Qualificirte Diebſtähle.
ſo wenig nothwendig, als daſs wenigſtens ein
Diebſtahl vorher müſſe beſtraft worden ſeyn *).
Der dreymahlige Dieb wird von den Geſetzen
für unverbeſſerlich gehalten (ein „mehrer ver-
läumbdter
Dieb) und ſoll daher mit dem Tod,

das
Boehmer el. jur. crim. L. 2. §. 171. Quiſtorp.
Thl. I. §. 361. 362. Grolman C. R. W. §. 304.
Allein, woher weiſs man denn, daſs dieſe Worte
darum weggeſtrichen worden ſind, um das Gegen-
theil anzunehmen? Sie ſind wohl deswegen weg-
geblieben, weil man ſie für unnöthig hielt. Von
dem groſsen Diebſtahl als beſonderem Verbrechen
war ſchon gehandelt; der dritte Diebſtahl iſt eben-
falls als ein für ſich beſtehendes beſonderes Verbre-
chen aufgeſtellt; es muſte alſo jener Zuſatz ſehr un-
nöthig ſcheinen. „Wer, dachte wohl Carl, wird
ſo ſonderbar ſeyn, hier noch einen groſsen Dieb-
ſtahl zu verlangen, da ich doch deutlich genug,
den Grund der beſondern Strafbarkeit des dritten
Diebſtahls in die dreymalige Wiederholung und in
die hieraus erkannte Unverbeſſerlichkeit deutlich ge-
ſetzt habe. Wer dreymal ſtiehlt, zeigt eine Ge-
wohnheit zu ſtehlen, er mag wenig oder viel ge-
ſtohlen haben.“ Die letzten Gründe des Carolini-
ſchen Monologs bittet man zu erwägen. Sie ſind
Gründe gegen die gewöhnliche Meynung. Auch
möchte wohl zu erwägen ſeyn, daſs unter andern
auch in dem Project ſteht, „es möchte auch denſelbigen
dies nicht entſchuldigen, ob er die Diebſtähle nicht alle an
einem Ort gethan hätte etc.
“ Warum iſt denn auch
dieſer Zuſatz weggeſtrichen? Etwa, weil Carl das
Gegentheil will? — Für unſre Meynung, allein
ohne eigentliche Gründe ſind Claſen ad h. a. p.
530. Blumblacher ad eund. p. 369. Struben
Thl. II. Bd. 107. §. 5. 6. u. Andere.
*) Die Berufung auf Damhouder pr. crim. c. 110.
Nr. 28 — 30. welche das Gegentheil beweiſen ſoll,
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[293/0321] Qualificirte Diebſtähle. ſo wenig nothwendig, als daſs wenigſtens ein Diebſtahl vorher müſſe beſtraft worden ſeyn *). Der dreymahlige Dieb wird von den Geſetzen für unverbeſſerlich gehalten (ein „mehrer ver- läumbdter Dieb) und ſoll daher mit dem Tod, das ***) *) Die Berufung auf Damhouder pr. crim. c. 110. Nr. 28 — 30. welche das Gegentheil beweiſen ſoll, (Koch inſt. jur. crim. §. 200. Anm. 5.) iſt ſehr ſchwach. ***) Boehmer el. jur. crim. L. 2. §. 171. Quiſtorp. Thl. I. §. 361. 362. Grolman C. R. W. §. 304. Allein, woher weiſs man denn, daſs dieſe Worte darum weggeſtrichen worden ſind, um das Gegen- theil anzunehmen? Sie ſind wohl deswegen weg- geblieben, weil man ſie für unnöthig hielt. Von dem groſsen Diebſtahl als beſonderem Verbrechen war ſchon gehandelt; der dritte Diebſtahl iſt eben- falls als ein für ſich beſtehendes beſonderes Verbre- chen aufgeſtellt; es muſte alſo jener Zuſatz ſehr un- nöthig ſcheinen. „Wer, dachte wohl Carl, wird ſo ſonderbar ſeyn, hier noch einen groſsen Dieb- ſtahl zu verlangen, da ich doch deutlich genug, den Grund der beſondern Strafbarkeit des dritten Diebſtahls in die dreymalige Wiederholung und in die hieraus erkannte Unverbeſſerlichkeit deutlich ge- ſetzt habe. Wer dreymal ſtiehlt, zeigt eine Ge- wohnheit zu ſtehlen, er mag wenig oder viel ge- ſtohlen haben.“ Die letzten Gründe des Carolini- ſchen Monologs bittet man zu erwägen. Sie ſind Gründe gegen die gewöhnliche Meynung. Auch möchte wohl zu erwägen ſeyn, daſs unter andern auch in dem Project ſteht, „es möchte auch denſelbigen dies nicht entſchuldigen, ob er die Diebſtähle nicht alle an einem Ort gethan hätte etc.“ Warum iſt denn auch dieſer Zuſatz weggeſtrichen? Etwa, weil Carl das Gegentheil will? — Für unſre Meynung, allein ohne eigentliche Gründe ſind Claſen ad h. a. p. 530. Blumblacher ad eund. p. 369. Struben Thl. II. Bd. 107. §. 5. 6. u. Andere.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/321>, abgerufen am 26.04.2024.