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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] gau auff dem Königlichen Schloß die
uhralten Herrschafften gethan haben.
Woraus mit gröster Bewunderung diese
Antiquität, solcher Hirsch-Gehörne hal-
ber, wahrzunehmen; Ja es haben gros-
se Herren auch hierzu absonderliche Ge-
hörn-Boden, über welchen Vorrath zu
desto mehrerer Richtigkeit sie gehörige
[Spaltenumbruch] Gehörn-Inspectores gesetzet, alles ein-
gekommene zu berechnen. Theils Or-
ten müssen auch die Unterthanen die ge-
fundene abgeworffene Hirsch-Stangen
gegen ein Trinckgeld liefern, und bey
grosser Straffe nichts verschweigen, oder
in geheimb verpassen.

Vom Weyde-Messer schlagen/ oder Pfunde geben.
[Spaltenumbruch]

Dieses ist ebenfalls, wie das vorigte
Gehörn vortragen, davon in vorherge-
hendem Capitel gemeldet, ein uhraltes
Herkommen, und eine bey dem Jagen de-
rer Käyser, und Könige, Fürsten und Her-
ren und Deroselben gehabten Lust, Spaß,
und Kurtzweile, von langer Zeit her
eingeführte Gewohnheit, bey gefälltem
Wildpräth vorzunehmen: Nemlich
wann frembde anwesende Cavalliers
oder Dames öffters aus Unerfahrenheit
oder Vorwitz einige Wörter mit unrech-
ter Benennung fahren lassen, so denen
Jagd-Terminis zuwider sind, worzu die-
selben offtmahlen, der Herrschafft zu Ge-
fallen, mit besonderm Fleiß zu fehlen ver-
anlasset, und gereitzet werden; So wird
auf Hohen Befehl erstlich der beste Hirsch,
und zwar mit dem Kopffe und Gehörn
vorwärths gegen die Herrschafft gestre-
cket, worauff der Verbrecher vom Jä-
ger-Meister angeklaget, und bald
darauff auf den Hirsch geleget wird:
Worbey dann die in einer Reyhe
stehende Jägerey anfänget zu bla-
sen; Nach diesem fängt der Jäger-Mei-
ster an das blose Weyde-Messer oder
Blatt in der Hand haltend, an dem Ver-
brecher die Execution zu thun, und mit
demselben ihm auff das Gesäß drey
Streiche zu geben, da denn bey jedwe-
dem das Wald-Geschrey darzu gespro-
[Spaltenumbruch] chen wird, nehmlich also; Ho, ho, das
ist vor meine Gnädigste Herrschafft,
Ho, ho, das ist vor Ritter, Reuter und
Knecht, Ho, ho, das ist das edle Jä-
ger-Recht, Ho, ho, Juch.
Worauf die
Jägerey mit ihrem Wald-Geschrey und
blasen solche Execution endigen, und die
Herrschafft was zu lachen krieget: Diese
Kurtzweile, ob sie wohl altväterisch, wie
die vorigte, geschiehet sie dannoch eher
als sonst was nothwendigers, zumahl
bey Anwesenheit frembder Herrschafft,
und wann etwan durch die Willkommen
dieselben allzuviel truncken worden. Da
hilfft dann keine Entschuldigung, wer
zugegen ist, und thut mancher weißli-
cher, daß er sich absentiret, als in Ungna-
de kommen mögte, wo er nicht solche Poe-
nitenz
ausstehen will: Mancher kreucht
lieber vor die Kurtzweil zu einem hübschen
Bauer-Mädgen hintern Strauch, oder
Heu-Schöber, als daß er hierinnen mit-
spiehlen will, welches am rathsambsten
ist. Solche Motion wird gar öffters
von einem grossen Herrn in Hoher Per-
son selbst ausgetheilet, und zwar mei-
stens Hohem Frauen-Zimmer, oder vor-
nehmen Ministris; Jedoch ohne Wald-
Geschrey, nur zu ihrer Kurtzweil. Oder
es wird auch auff einer Ochsen-Haut
zur Lust einer geprellet, daß ihme Kopff,
Rücken und Beine wehe thun.

Alte Weyde-Sprüche.
[Spaltenumbruch]

Zum Beschluß der Antiquität muß
ich annoch etwas von einigen Weyde-
Sprüchen gedencken, deren sich die alten
Jäger vor diesem sehr öffters bedienet
haben, wann sie einen Frembden un-
bekanten in Gesellschafft bey dem Gelack
gehabt, der sich vor einen Weydemann
ausgegeben. Kunte dieser nun nicht
antworten, da setzte es denn grossen
[Spaltenumbruch] Streit, oder gar Schläge, es bestunden
aber solche Weyde-Sprüche ungefehr
darinnen: Nehmlich, Meydemann, lie-
ber Meydemann, hübsch und fein,
was gehet hoch, wacht vor den edlen
Hirsch, vor den Feldern gegen Hol-
tze ein? Das kan ich dir wohl sagen,
der helle Morgenstern, der Schatten
und der Athem sein, gehet vor dem

edlen
N n

Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] gau auff dem Koͤniglichen Schloß die
uhralten Herrſchafften gethan haben.
Woraus mit groͤſter Bewunderung dieſe
Antiquitaͤt, ſolcher Hirſch-Gehoͤrne hal-
ber, wahrzunehmen; Ja es haben groſ-
ſe Herren auch hierzu abſonderliche Ge-
hoͤrn-Boden, uͤber welchen Vorrath zu
deſto mehrerer Richtigkeit ſie gehoͤrige
[Spaltenumbruch] Gehoͤrn-Inſpectores geſetzet, alles ein-
gekommene zu berechnen. Theils Or-
ten muͤſſen auch die Unterthanen die ge-
fundene abgeworffene Hirſch-Stangen
gegen ein Trinckgeld liefern, und bey
groſſer Straffe nichts verſchweigen, oder
in geheimb verpaſſen.

Vom Weyde-Meſſer ſchlagen/ oder Pfunde geben.
[Spaltenumbruch]

Dieſes iſt ebenfalls, wie das vorigte
Gehoͤrn vortragen, davon in vorherge-
hendem Capitel gemeldet, ein uhraltes
Herkommen, und eine bey dem Jagen de-
rer Kaͤyſer, und Koͤnige, Fuͤrſten und Her-
ren und Deroſelben gehabten Luſt, Spaß,
und Kurtzweile, von langer Zeit her
eingefuͤhrte Gewohnheit, bey gefaͤlltem
Wildpraͤth vorzunehmen: Nemlich
wann frembde anweſende Cavalliers
oder Dames oͤffters aus Unerfahrenheit
oder Vorwitz einige Woͤrter mit unrech-
ter Benennung fahren laſſen, ſo denen
Jagd-Terminis zuwider ſind, worzu die-
ſelben offtmahlen, der Herrſchafft zu Ge-
fallen, mit beſonderm Fleiß zu fehlen ver-
anlaſſet, und gereitzet werden; So wird
auf Hohen Befehl erſtlich der beſte Hirſch,
und zwar mit dem Kopffe und Gehoͤrn
vorwaͤrths gegen die Herrſchafft geſtre-
cket, worauff der Verbrecher vom Jaͤ-
ger-Meiſter angeklaget, und bald
darauff auf den Hirſch geleget wird:
Worbey dann die in einer Reyhe
ſtehende Jaͤgerey anfaͤnget zu bla-
ſen; Nach dieſem faͤngt der Jaͤger-Mei-
ſter an das bloſe Weyde-Meſſer oder
Blatt in der Hand haltend, an dem Ver-
brecher die Execution zu thun, und mit
demſelben ihm auff das Geſaͤß drey
Streiche zu geben, da denn bey jedwe-
dem das Wald-Geſchrey darzu geſpro-
[Spaltenumbruch] chen wird, nehmlich alſo; Ho, ho, das
iſt vor meine Gnaͤdigſte Herrſchafft,
Ho, ho, das iſt vor Ritter, Reuter und
Knecht, Ho, ho, das iſt das edle Jaͤ-
ger-Recht, Ho, ho, Juch.
Worauf die
Jaͤgerey mit ihrem Wald-Geſchrey und
blaſen ſolche Execution endigen, und die
Herrſchafft was zu lachen krieget: Dieſe
Kurtzweile, ob ſie wohl altvaͤteriſch, wie
die vorigte, geſchiehet ſie dannoch eher
als ſonſt was nothwendigers, zumahl
bey Anweſenheit frembder Herrſchafft,
und wann etwan durch die Willkommen
dieſelben allzuviel truncken worden. Da
hilfft dann keine Entſchuldigung, wer
zugegen iſt, und thut mancher weißli-
cher, daß er ſich abſentiret, als in Ungna-
de kommen moͤgte, wo er nicht ſolche Poe-
nitenz
ausſtehen will: Mancher kreucht
lieber vor die Kurtzweil zu einem huͤbſchen
Bauer-Maͤdgen hintern Strauch, oder
Heu-Schoͤber, als daß er hierinnen mit-
ſpiehlen will, welches am rathſambſten
iſt. Solche Motion wird gar oͤffters
von einem groſſen Herrn in Hoher Per-
ſon ſelbſt ausgetheilet, und zwar mei-
ſtens Hohem Frauen-Zimmer, oder vor-
nehmen Miniſtris; Jedoch ohne Wald-
Geſchrey, nur zu ihrer Kurtzweil. Oder
es wird auch auff einer Ochſen-Haut
zur Luſt einer geprellet, daß ihme Kopff,
Ruͤcken und Beine wehe thun.

Alte Weyde-Spruͤche.
[Spaltenumbruch]

Zum Beſchluß der Antiquitaͤt muß
ich annoch etwas von einigen Weyde-
Spruͤchen gedencken, deren ſich die alten
Jaͤger vor dieſem ſehr oͤffters bedienet
haben, wann ſie einen Frembden un-
bekanten in Geſellſchafft bey dem Gelack
gehabt, der ſich vor einen Weydemann
ausgegeben. Kunte dieſer nun nicht
antworten, da ſetzte es denn groſſen
[Spaltenumbruch] Streit, oder gar Schlaͤge, es beſtunden
aber ſolche Weyde-Spruͤche ungefehr
darinnen: Nehmlich, Meydemann, lie-
ber Meydemann, huͤbſch und fein,
was gehet hoch, wacht vor den edlen
Hirſch, vor den Feldern gegen Hol-
tze ein? Das kan ich dir wohl ſagen,
der helle Morgenſtern, der Schatten
und der Athem ſein, gehet vor dem

edlen
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[281/0433] Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck. gau auff dem Koͤniglichen Schloß die uhralten Herrſchafften gethan haben. Woraus mit groͤſter Bewunderung dieſe Antiquitaͤt, ſolcher Hirſch-Gehoͤrne hal- ber, wahrzunehmen; Ja es haben groſ- ſe Herren auch hierzu abſonderliche Ge- hoͤrn-Boden, uͤber welchen Vorrath zu deſto mehrerer Richtigkeit ſie gehoͤrige Gehoͤrn-Inſpectores geſetzet, alles ein- gekommene zu berechnen. Theils Or- ten muͤſſen auch die Unterthanen die ge- fundene abgeworffene Hirſch-Stangen gegen ein Trinckgeld liefern, und bey groſſer Straffe nichts verſchweigen, oder in geheimb verpaſſen. Vom Weyde-Meſſer ſchlagen/ oder Pfunde geben. Dieſes iſt ebenfalls, wie das vorigte Gehoͤrn vortragen, davon in vorherge- hendem Capitel gemeldet, ein uhraltes Herkommen, und eine bey dem Jagen de- rer Kaͤyſer, und Koͤnige, Fuͤrſten und Her- ren und Deroſelben gehabten Luſt, Spaß, und Kurtzweile, von langer Zeit her eingefuͤhrte Gewohnheit, bey gefaͤlltem Wildpraͤth vorzunehmen: Nemlich wann frembde anweſende Cavalliers oder Dames oͤffters aus Unerfahrenheit oder Vorwitz einige Woͤrter mit unrech- ter Benennung fahren laſſen, ſo denen Jagd-Terminis zuwider ſind, worzu die- ſelben offtmahlen, der Herrſchafft zu Ge- fallen, mit beſonderm Fleiß zu fehlen ver- anlaſſet, und gereitzet werden; So wird auf Hohen Befehl erſtlich der beſte Hirſch, und zwar mit dem Kopffe und Gehoͤrn vorwaͤrths gegen die Herrſchafft geſtre- cket, worauff der Verbrecher vom Jaͤ- ger-Meiſter angeklaget, und bald darauff auf den Hirſch geleget wird: Worbey dann die in einer Reyhe ſtehende Jaͤgerey anfaͤnget zu bla- ſen; Nach dieſem faͤngt der Jaͤger-Mei- ſter an das bloſe Weyde-Meſſer oder Blatt in der Hand haltend, an dem Ver- brecher die Execution zu thun, und mit demſelben ihm auff das Geſaͤß drey Streiche zu geben, da denn bey jedwe- dem das Wald-Geſchrey darzu geſpro- chen wird, nehmlich alſo; Ho, ho, das iſt vor meine Gnaͤdigſte Herrſchafft, Ho, ho, das iſt vor Ritter, Reuter und Knecht, Ho, ho, das iſt das edle Jaͤ- ger-Recht, Ho, ho, Juch. Worauf die Jaͤgerey mit ihrem Wald-Geſchrey und blaſen ſolche Execution endigen, und die Herrſchafft was zu lachen krieget: Dieſe Kurtzweile, ob ſie wohl altvaͤteriſch, wie die vorigte, geſchiehet ſie dannoch eher als ſonſt was nothwendigers, zumahl bey Anweſenheit frembder Herrſchafft, und wann etwan durch die Willkommen dieſelben allzuviel truncken worden. Da hilfft dann keine Entſchuldigung, wer zugegen iſt, und thut mancher weißli- cher, daß er ſich abſentiret, als in Ungna- de kommen moͤgte, wo er nicht ſolche Poe- nitenz ausſtehen will: Mancher kreucht lieber vor die Kurtzweil zu einem huͤbſchen Bauer-Maͤdgen hintern Strauch, oder Heu-Schoͤber, als daß er hierinnen mit- ſpiehlen will, welches am rathſambſten iſt. Solche Motion wird gar oͤffters von einem groſſen Herrn in Hoher Per- ſon ſelbſt ausgetheilet, und zwar mei- ſtens Hohem Frauen-Zimmer, oder vor- nehmen Miniſtris; Jedoch ohne Wald- Geſchrey, nur zu ihrer Kurtzweil. Oder es wird auch auff einer Ochſen-Haut zur Luſt einer geprellet, daß ihme Kopff, Ruͤcken und Beine wehe thun. Alte Weyde-Spruͤche. Zum Beſchluß der Antiquitaͤt muß ich annoch etwas von einigen Weyde- Spruͤchen gedencken, deren ſich die alten Jaͤger vor dieſem ſehr oͤffters bedienet haben, wann ſie einen Frembden un- bekanten in Geſellſchafft bey dem Gelack gehabt, der ſich vor einen Weydemann ausgegeben. Kunte dieſer nun nicht antworten, da ſetzte es denn groſſen Streit, oder gar Schlaͤge, es beſtunden aber ſolche Weyde-Spruͤche ungefehr darinnen: Nehmlich, Meydemann, lie- ber Meydemann, huͤbſch und fein, was gehet hoch, wacht vor den edlen Hirſch, vor den Feldern gegen Hol- tze ein? Das kan ich dir wohl ſagen, der helle Morgenſtern, der Schatten und der Athem ſein, gehet vor dem edlen N n

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/433>, abgerufen am 26.04.2024.