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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Dritten Theils 40. Cap. von den wilden Bienen.
[Spaltenumbruch] Bäume zu machen, geschiehet im Hor-
nung, Mertz und April, denn in den fol-
genden Monaten werden sie nicht ge-
macht. Man glaubet, daß die Bäume
davon verdorren sollen. Jm Septem-
ber
und im Wein-Monat ist es wieder-
um erlaubt. Alsdenn läßt man sie ein
Jahr oder länger offen stehen, daß sie
wohl austrocknen. Jm Brach-Monat
arbeiten die Zeidler die Bruten sauber
und glatt, und zu der Schwarm-Zeit
salben sie dieselben mit allerhand Kräu-
tern und Sachen, die den Bienen ange-
nehm sind, und damit sie solche in ihre
Wohnungen locken, als mit Melisse, Lin-
den-Blüthen, Qvendel, weissem Klee,
Fenchel, und andern dergleichen, so man
im Mörsel stößt, und den Stock damit be-
streicht. So wohl die wilden, als einhei-
mischen Bienen sind allerhand Gebrechen
unterworffen, wowider folgendes Pul-
ver insonderheit gar zuträglich ist: Man
nimmt eine gewisse Quantität Beerwur-
tzel, nach dem man viel oder wenig Pul-
ver machen will, dörret solche fein ge-
[Spaltenumbruch] machsam in der Sonnen, oder in der
Lufft, schneidet sie klein, thut sie in einen
Mörsel, stößt sie so lange, biß sie klein ge-
nung; Alsdenn siebet man sie durch ein
Gewürtz-Siebgen, und verwahret solche
fein wohl, daß der Geruch nicht vergehe.
Man vermischet dieses Pulver mit Bie-
bergeil, und einer halben geriebenen Mu-
scaten-Nuß, rühret solches in ein paar
Löffel Honig, geust etwas Wasser drunter,
und giebt den krancken Bienen über den
andern Tag einen Löffel voll davon zu es-
sen. Dieses Pulver kommt ihnen son-
derlich in der rothen Ruhr wohl zu stat-
ten. Man verspühret solche an ihnen,
wenn sie sehr matt sind, und das Rost
mit rothen Excrementis besudelt. Sie
soll daher entstehen, wenn ein sehr har-
ter und langer Winter ist, daß die Bie-
nen wegen der Kälte nicht aus den Stö-
cken können, und ihre Excrementen in
dem Stock lassen müssen, und hernach
von dem mit solchen Excrementis macu-
li
rten Honig zehren.



Des Dritten Theils 40. Cap. von den wilden Bienen.
[Spaltenumbruch] Baͤume zu machen, geſchiehet im Hor-
nung, Mertz und April, denn in den fol-
genden Monaten werden ſie nicht ge-
macht. Man glaubet, daß die Baͤume
davon verdorren ſollen. Jm Septem-
ber
und im Wein-Monat iſt es wieder-
um erlaubt. Alsdenn laͤßt man ſie ein
Jahr oder laͤnger offen ſtehen, daß ſie
wohl austrocknen. Jm Brach-Monat
arbeiten die Zeidler die Bruten ſauber
und glatt, und zu der Schwarm-Zeit
ſalben ſie dieſelben mit allerhand Kraͤu-
tern und Sachen, die den Bienen ange-
nehm ſind, und damit ſie ſolche in ihre
Wohnungen locken, als mit Meliſſe, Lin-
den-Bluͤthen, Qvendel, weiſſem Klee,
Fenchel, und andern dergleichen, ſo man
im Moͤrſel ſtoͤßt, und den Stock damit be-
ſtreicht. So wohl die wilden, als einhei-
miſchen Bienen ſind allerhand Gebrechen
unterworffen, wowider folgendes Pul-
ver inſonderheit gar zutraͤglich iſt: Man
nimmt eine gewiſſe Quantitaͤt Beerwur-
tzel, nach dem man viel oder wenig Pul-
ver machen will, doͤrret ſolche fein ge-
[Spaltenumbruch] machſam in der Sonnen, oder in der
Lufft, ſchneidet ſie klein, thut ſie in einen
Moͤrſel, ſtoͤßt ſie ſo lange, biß ſie klein ge-
nung; Alsdenn ſiebet man ſie durch ein
Gewuͤrtz-Siebgen, und verwahret ſolche
fein wohl, daß der Geruch nicht vergehe.
Man vermiſchet dieſes Pulver mit Bie-
bergeil, und einer halben geriebenen Mu-
ſcaten-Nuß, ruͤhret ſolches in ein paar
Loͤffel Honig, geuſt etwas Waſſer drunter,
und giebt den krancken Bienen uͤber den
andern Tag einen Loͤffel voll davon zu eſ-
ſen. Dieſes Pulver kommt ihnen ſon-
derlich in der rothen Ruhr wohl zu ſtat-
ten. Man verſpuͤhret ſolche an ihnen,
wenn ſie ſehr matt ſind, und das Roſt
mit rothen Excrementis beſudelt. Sie
ſoll daher entſtehen, wenn ein ſehr har-
ter und langer Winter iſt, daß die Bie-
nen wegen der Kaͤlte nicht aus den Stoͤ-
cken koͤnnen, und ihre Excrementen in
dem Stock laſſen muͤſſen, und hernach
von dem mit ſolchen Excrementis macu-
li
rten Honig zehren.



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[224/0350] Des Dritten Theils 40. Cap. von den wilden Bienen. Baͤume zu machen, geſchiehet im Hor- nung, Mertz und April, denn in den fol- genden Monaten werden ſie nicht ge- macht. Man glaubet, daß die Baͤume davon verdorren ſollen. Jm Septem- ber und im Wein-Monat iſt es wieder- um erlaubt. Alsdenn laͤßt man ſie ein Jahr oder laͤnger offen ſtehen, daß ſie wohl austrocknen. Jm Brach-Monat arbeiten die Zeidler die Bruten ſauber und glatt, und zu der Schwarm-Zeit ſalben ſie dieſelben mit allerhand Kraͤu- tern und Sachen, die den Bienen ange- nehm ſind, und damit ſie ſolche in ihre Wohnungen locken, als mit Meliſſe, Lin- den-Bluͤthen, Qvendel, weiſſem Klee, Fenchel, und andern dergleichen, ſo man im Moͤrſel ſtoͤßt, und den Stock damit be- ſtreicht. So wohl die wilden, als einhei- miſchen Bienen ſind allerhand Gebrechen unterworffen, wowider folgendes Pul- ver inſonderheit gar zutraͤglich iſt: Man nimmt eine gewiſſe Quantitaͤt Beerwur- tzel, nach dem man viel oder wenig Pul- ver machen will, doͤrret ſolche fein ge- machſam in der Sonnen, oder in der Lufft, ſchneidet ſie klein, thut ſie in einen Moͤrſel, ſtoͤßt ſie ſo lange, biß ſie klein ge- nung; Alsdenn ſiebet man ſie durch ein Gewuͤrtz-Siebgen, und verwahret ſolche fein wohl, daß der Geruch nicht vergehe. Man vermiſchet dieſes Pulver mit Bie- bergeil, und einer halben geriebenen Mu- ſcaten-Nuß, ruͤhret ſolches in ein paar Loͤffel Honig, geuſt etwas Waſſer drunter, und giebt den krancken Bienen uͤber den andern Tag einen Loͤffel voll davon zu eſ- ſen. Dieſes Pulver kommt ihnen ſon- derlich in der rothen Ruhr wohl zu ſtat- ten. Man verſpuͤhret ſolche an ihnen, wenn ſie ſehr matt ſind, und das Roſt mit rothen Excrementis beſudelt. Sie ſoll daher entſtehen, wenn ein ſehr har- ter und langer Winter iſt, daß die Bie- nen wegen der Kaͤlte nicht aus den Stoͤ- cken koͤnnen, und ihre Excrementen in dem Stock laſſen muͤſſen, und hernach von dem mit ſolchen Excrementis macu- lirten Honig zehren.

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/350>, abgerufen am 26.04.2024.