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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Buckow.

Das Dritte, das Dritte noch wissen wir's nicht,
Doch bleibt es das Best' an der ganzen Geschicht',
Courage, Courage!

Chamisso.

Buckow hat einen guten Klang hierlandes und bei bloßer Nen-
nung des Namens steigen freundliche Landschaftsbilder auf: Berg
und See, Tannenabhänge und Laubholzschluchten, Quellen, die
über Kiesel plätschern und Birken, die vom Winde halb entwur-
zelt, ihre langen Zweige bis in den Waldbach niedertauchen. Selbst
wer Buckow nie sah, freut sich an Wort und Namen und erwie-
dert im Ton des Einverständnisses: "ah, märkische Schweiz." --

Buckow ist schön, aber doch mit Einschränkung. Es hängt
alles davon ab, ob wir Buckow die Gegend oder Buckow die
Stadt meinen; -- allen Respekt vor jener, aber Vorsorge gegen
diese. Seine Häuser kleben wie Nester an Abhängen und Hügel-
kanten und sein Straßenpflaster (um das schlimmste vorweg zu
nehmen) ist entsetzlich. Es weckt mit seiner hals- und wagen-
brechenden Passage die Vorstellung, als wohnten nur Schmiede
und Chirurgen in der Stadt, die am Ende auch leben wollen.
Von Löchern ist längst keine Rede mehr; wo dergleichen waren,
sind sie zu einer rinnenartigen Vertiefung geworden und als
Friedrich Wilhelm IV. vor einer Reihe von Jahren Buckow pas-
sirte, sah sich die Commune veranlaßt, die Hauptstraße der Stadt
fußhoch mit Sand bestreuen zu lassen. Dieser Beschluß wurde

Buckow.

Das Dritte, das Dritte noch wiſſen wir’s nicht,
Doch bleibt es das Beſt’ an der ganzen Geſchicht’,
Courage, Courage!

Chamiſſo.

Buckow hat einen guten Klang hierlandes und bei bloßer Nen-
nung des Namens ſteigen freundliche Landſchaftsbilder auf: Berg
und See, Tannenabhänge und Laubholzſchluchten, Quellen, die
über Kieſel plätſchern und Birken, die vom Winde halb entwur-
zelt, ihre langen Zweige bis in den Waldbach niedertauchen. Selbſt
wer Buckow nie ſah, freut ſich an Wort und Namen und erwie-
dert im Ton des Einverſtändniſſes: „ah, märkiſche Schweiz.“ —

Buckow iſt ſchön, aber doch mit Einſchränkung. Es hängt
alles davon ab, ob wir Buckow die Gegend oder Buckow die
Stadt meinen; — allen Reſpekt vor jener, aber Vorſorge gegen
dieſe. Seine Häuſer kleben wie Neſter an Abhängen und Hügel-
kanten und ſein Straßenpflaſter (um das ſchlimmſte vorweg zu
nehmen) iſt entſetzlich. Es weckt mit ſeiner hals- und wagen-
brechenden Paſſage die Vorſtellung, als wohnten nur Schmiede
und Chirurgen in der Stadt, die am Ende auch leben wollen.
Von Löchern iſt längſt keine Rede mehr; wo dergleichen waren,
ſind ſie zu einer rinnenartigen Vertiefung geworden und als
Friedrich Wilhelm IV. vor einer Reihe von Jahren Buckow paſ-
ſirte, ſah ſich die Commune veranlaßt, die Hauptſtraße der Stadt
fußhoch mit Sand beſtreuen zu laſſen. Dieſer Beſchluß wurde

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[[174]/0186] Buckow. Das Dritte, das Dritte noch wiſſen wir’s nicht, Doch bleibt es das Beſt’ an der ganzen Geſchicht’, Courage, Courage! Chamiſſo. Buckow hat einen guten Klang hierlandes und bei bloßer Nen- nung des Namens ſteigen freundliche Landſchaftsbilder auf: Berg und See, Tannenabhänge und Laubholzſchluchten, Quellen, die über Kieſel plätſchern und Birken, die vom Winde halb entwur- zelt, ihre langen Zweige bis in den Waldbach niedertauchen. Selbſt wer Buckow nie ſah, freut ſich an Wort und Namen und erwie- dert im Ton des Einverſtändniſſes: „ah, märkiſche Schweiz.“ — Buckow iſt ſchön, aber doch mit Einſchränkung. Es hängt alles davon ab, ob wir Buckow die Gegend oder Buckow die Stadt meinen; — allen Reſpekt vor jener, aber Vorſorge gegen dieſe. Seine Häuſer kleben wie Neſter an Abhängen und Hügel- kanten und ſein Straßenpflaſter (um das ſchlimmſte vorweg zu nehmen) iſt entſetzlich. Es weckt mit ſeiner hals- und wagen- brechenden Paſſage die Vorſtellung, als wohnten nur Schmiede und Chirurgen in der Stadt, die am Ende auch leben wollen. Von Löchern iſt längſt keine Rede mehr; wo dergleichen waren, ſind ſie zu einer rinnenartigen Vertiefung geworden und als Friedrich Wilhelm IV. vor einer Reihe von Jahren Buckow paſ- ſirte, ſah ſich die Commune veranlaßt, die Hauptſtraße der Stadt fußhoch mit Sand beſtreuen zu laſſen. Dieſer Beſchluß wurde

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. [174]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/186>, abgerufen am 26.04.2024.