Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite
Fünfundzwanzigstes Kapitel.

Am andern Abend war Effi wieder in Berlin,
und Innstetten empfing sie am Bahnhof, mit ihm
Rollo, der, als sie plaudernd durch den Tiergarten
hinfuhren, nebenher trabte.

"Ich dachte schon, Du würdest nicht Wort halten."

"Aber Geert, ich werde doch Wort halten, das
ist doch das erste."

"Sage das nicht. Immer Wort halten, ist sehr
viel. Und mitunter kann man auch nicht. Denke
doch zurück. Ich erwartete Dich damals in Kessin,
als Du die Wohnung mietetest, und wer nicht kam,
war Effi."

"Ja, das war 'was anderes."

Sie mochte nicht sagen "ich war krank," und
Innstetten hörte drüber hin. Er hatte seinen Kopf
auch voll anderer Dinge, die sich auf sein Amt und
seine gesellschaftliche Stellung bezogen. "Eigentlich,
Effi, fängt unser Berliner Leben nun erst an. Als

Fünfundzwanzigſtes Kapitel.

Am andern Abend war Effi wieder in Berlin,
und Innſtetten empfing ſie am Bahnhof, mit ihm
Rollo, der, als ſie plaudernd durch den Tiergarten
hinfuhren, nebenher trabte.

„Ich dachte ſchon, Du würdeſt nicht Wort halten.“

„Aber Geert, ich werde doch Wort halten, das
iſt doch das erſte.“

„Sage das nicht. Immer Wort halten, iſt ſehr
viel. Und mitunter kann man auch nicht. Denke
doch zurück. Ich erwartete Dich damals in Keſſin,
als Du die Wohnung mieteteſt, und wer nicht kam,
war Effi.“

„Ja, das war 'was anderes.“

Sie mochte nicht ſagen „ich war krank,“ und
Innſtetten hörte drüber hin. Er hatte ſeinen Kopf
auch voll anderer Dinge, die ſich auf ſein Amt und
ſeine geſellſchaftliche Stellung bezogen. „Eigentlich,
Effi, fängt unſer Berliner Leben nun erſt an. Als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0393" n="[384]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Fünfundzwanzig&#x017F;tes Kapitel.</hi><lb/>
        </head>
        <p>Am andern Abend war Effi wieder in Berlin,<lb/>
und Inn&#x017F;tetten empfing &#x017F;ie am Bahnhof, mit ihm<lb/>
Rollo, der, als &#x017F;ie plaudernd durch den Tiergarten<lb/>
hinfuhren, nebenher trabte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich dachte &#x017F;chon, Du würde&#x017F;t nicht Wort halten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber Geert, ich werde doch Wort halten, das<lb/>
i&#x017F;t doch das er&#x017F;te.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sage das nicht. Immer Wort halten, i&#x017F;t &#x017F;ehr<lb/>
viel. Und mitunter kann man auch nicht. Denke<lb/>
doch zurück. Ich erwartete Dich damals in Ke&#x017F;&#x017F;in,<lb/>
als Du die Wohnung mietete&#x017F;t, und wer nicht kam,<lb/>
war Effi.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, das war 'was anderes.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Sie mochte nicht &#x017F;agen &#x201E;ich war krank,&#x201C; und<lb/>
Inn&#x017F;tetten hörte drüber hin. Er hatte &#x017F;einen Kopf<lb/>
auch voll anderer Dinge, die &#x017F;ich auf &#x017F;ein Amt und<lb/>
&#x017F;eine ge&#x017F;ell&#x017F;chaftliche Stellung bezogen. &#x201E;Eigentlich,<lb/>
Effi, fängt un&#x017F;er Berliner Leben nun er&#x017F;t an. Als<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[384]/0393] Fünfundzwanzigſtes Kapitel. Am andern Abend war Effi wieder in Berlin, und Innſtetten empfing ſie am Bahnhof, mit ihm Rollo, der, als ſie plaudernd durch den Tiergarten hinfuhren, nebenher trabte. „Ich dachte ſchon, Du würdeſt nicht Wort halten.“ „Aber Geert, ich werde doch Wort halten, das iſt doch das erſte.“ „Sage das nicht. Immer Wort halten, iſt ſehr viel. Und mitunter kann man auch nicht. Denke doch zurück. Ich erwartete Dich damals in Keſſin, als Du die Wohnung mieteteſt, und wer nicht kam, war Effi.“ „Ja, das war 'was anderes.“ Sie mochte nicht ſagen „ich war krank,“ und Innſtetten hörte drüber hin. Er hatte ſeinen Kopf auch voll anderer Dinge, die ſich auf ſein Amt und ſeine geſellſchaftliche Stellung bezogen. „Eigentlich, Effi, fängt unſer Berliner Leben nun erſt an. Als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/393
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. [384]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/393>, abgerufen am 26.04.2024.