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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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les' ich, das erheitert mich und ist mir immer, als
ob der alte Korps-Kämpe zu Hofbräu nach Wal¬
halla geladen wäre Spatenbräu paßt eigentlich
noch besser."

Er legte das Blatt wieder bei Seit', weil es
klingelte . . "Sollte wirklich . ." Nein, es
war nichts, blos eine vom Wirth heraufgeschickte
Suppenliste, drauf erst 50 Pfennig gezeichnet standen.
Aber den ganzen Abend über blieb er trotzdem in
Aufregung, weil ihm beständig die Möglichkeit einer
Ueberraschung vorschwebte, und so oft er eine Droschke
mit einem Koffer vorn und einem Damenreisehute
dahinter in die Landgrafenstraße einbiegen sah, rief
er sich zu: "Das ist sie; sie liebt dergleichen und
ich höre sie schon sagen: ich dacht' es mir so komisch,
Botho."


Käthe war nicht gekommen, Statt ihrer kam
am anderen Morgen ein Brief, worin sie ihre Rück¬
kehr für den dritten Tag anmeldete. "Sie werde
wieder mit Frau Salinger reisen, die doch, Alles
in Allem, eine sehr nette Frau sei, mit viel guter
Laune, viel chic und viel Reise-Comfort."

Botho legte den Brief aus der Hand und freute
sich momentan ganz aufrichtig, seine schöne junge
Frau binnen drei Tagen wiederzusehen. "Unser
Herz hat Platz für allerlei Widersprüche. . . Sie

leſ' ich, das erheitert mich und iſt mir immer, als
ob der alte Korps-Kämpe zu Hofbräu nach Wal¬
halla geladen wäre Spatenbräu paßt eigentlich
noch beſſer.“

Er legte das Blatt wieder bei Seit', weil es
klingelte . . „Sollte wirklich . .“ Nein, es
war nichts, blos eine vom Wirth heraufgeſchickte
Suppenliſte, drauf erſt 50 Pfennig gezeichnet ſtanden.
Aber den ganzen Abend über blieb er trotzdem in
Aufregung, weil ihm beſtändig die Möglichkeit einer
Ueberraſchung vorſchwebte, und ſo oft er eine Droſchke
mit einem Koffer vorn und einem Damenreiſehute
dahinter in die Landgrafenſtraße einbiegen ſah, rief
er ſich zu: „Das iſt ſie; ſie liebt dergleichen und
ich höre ſie ſchon ſagen: ich dacht' es mir ſo komiſch,
Botho.“


Käthe war nicht gekommen, Statt ihrer kam
am anderen Morgen ein Brief, worin ſie ihre Rück¬
kehr für den dritten Tag anmeldete. „Sie werde
wieder mit Frau Salinger reiſen, die doch, Alles
in Allem, eine ſehr nette Frau ſei, mit viel guter
Laune, viel chic und viel Reiſe-Comfort.“

Botho legte den Brief aus der Hand und freute
ſich momentan ganz aufrichtig, ſeine ſchöne junge
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[253/0263] leſ' ich, das erheitert mich und iſt mir immer, als ob der alte Korps-Kämpe zu Hofbräu nach Wal¬ halla geladen wäre Spatenbräu paßt eigentlich noch beſſer.“ Er legte das Blatt wieder bei Seit', weil es klingelte . . „Sollte wirklich . .“ Nein, es war nichts, blos eine vom Wirth heraufgeſchickte Suppenliſte, drauf erſt 50 Pfennig gezeichnet ſtanden. Aber den ganzen Abend über blieb er trotzdem in Aufregung, weil ihm beſtändig die Möglichkeit einer Ueberraſchung vorſchwebte, und ſo oft er eine Droſchke mit einem Koffer vorn und einem Damenreiſehute dahinter in die Landgrafenſtraße einbiegen ſah, rief er ſich zu: „Das iſt ſie; ſie liebt dergleichen und ich höre ſie ſchon ſagen: ich dacht' es mir ſo komiſch, Botho.“ Käthe war nicht gekommen, Statt ihrer kam am anderen Morgen ein Brief, worin ſie ihre Rück¬ kehr für den dritten Tag anmeldete. „Sie werde wieder mit Frau Salinger reiſen, die doch, Alles in Allem, eine ſehr nette Frau ſei, mit viel guter Laune, viel chic und viel Reiſe-Comfort.“ Botho legte den Brief aus der Hand und freute ſich momentan ganz aufrichtig, ſeine ſchöne junge Frau binnen drei Tagen wiederzuſehen. „Unſer Herz hat Platz für allerlei Widerſprüche. . . Sie

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/263>, abgerufen am 26.04.2024.