Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
in den Jahren 1772 bis 1775.
Fünftes Hauptstück. *)
Nachricht von unserm Aufenthalt auf Mallicolo und Ent-
deckung der neuen Hebridischen-Inseln.

Am 18ten Julius, früh um 8 Uhr, hatten wir das Nord-Ende von Au-1774.
Julius.

rora-Cyland erreicht, und erblickten bereits allenthalben, selbst auf den
höchsten Bergen, eine große Menge von Cocos-Nuß-Palmen. Ueberhaupt
war das ganze Land, so viel man des Nebels wegen unterscheiden konnte,
durchaus mit Waldung bedeckt, die ein wildes, ungebautes, aber demohner-
achtet angenehmes Ansehen hatte. Als sich der Nebel an einer Stelle etwas
verzog, ward mein Vater den kleinen felsigten Pik gewahr, den Herr von
Bougainville
Pic de l'etoile, oder Pic d' Averdi genannt hat, wir wuß-
ten also um desto genauer, in welcher Gegend wir eigentlich waren. Mit Hülfe
der Ferngläser entdeckte man auch Leute auf der Insel Aurora, und hör-
ten sie bey unsrer Annäherung einander zurufen. Als wir um das Nord-Ende
herumgekommen waren, steuerten wir, so weit es der Südwind zulassen wollte,
längst der westlichen Küste gen Süden herab. Der Sturm dauerte zwar noch
immer fort; doch hatten wir auf dieser Seite des Landes den Vortheil, daß we-
nigstens die See nicht so unruhig war, weil nach allen Gegenden hin Inseln
umher lagen. Gerade vor uns befand sich die Isle des Lepreux des Herrn
von Bougainville, und zwischen dieser und Aurora-Eyland lavirten wir, den
ganzen Tag über, ab- und zu.

Um 4 Uhr Nachmittags, waren wir bis auf anderthalb Meilen an die
erstere herangekommen; von den Bergen konnte man, der Wolken halber, nichts
sehen, das flache Land hingegen war deutlich zu erkennen, und so viel sich nach
diesem urtheilen ließ, schien die Insel ganz fruchtbar zu seyn. Das unmittelbar
vor uns liegende Ufer war sehr steil, und die See in dieser Gegend auch so tief,
daß wir mit hundert und zwanzig Faden keinen Grund finden konnten; das nord-

*) In der englischen Urschrift gehet hier ein neuer Abschnitt, nemlich das dritte Buch an,
weil wir aber im ersten Theil, pag. 315. diese Ordnung abgeändert haben; so hat sie
auch in gegenwärtigem Fall nicht beybehalten werden können. A. d. V.
in den Jahren 1772 bis 1775.
Fuͤnftes Hauptſtuͤck. *)
Nachricht von unſerm Aufenthalt auf Mallicolo und Ent-
deckung der neuen Hebridiſchen-Inſeln.

Am 18ten Julius, fruͤh um 8 Uhr, hatten wir das Nord-Ende von Au-1774.
Julius.

rora-Cyland erreicht, und erblickten bereits allenthalben, ſelbſt auf den
hoͤchſten Bergen, eine große Menge von Cocos-Nuß-Palmen. Ueberhaupt
war das ganze Land, ſo viel man des Nebels wegen unterſcheiden konnte,
durchaus mit Waldung bedeckt, die ein wildes, ungebautes, aber demohner-
achtet angenehmes Anſehen hatte. Als ſich der Nebel an einer Stelle etwas
verzog, ward mein Vater den kleinen felſigten Pik gewahr, den Herr von
Bougainville
Pic de l’étoile, oder Pic d’ Averdi genannt hat, wir wuß-
ten alſo um deſto genauer, in welcher Gegend wir eigentlich waren. Mit Huͤlfe
der Fernglaͤſer entdeckte man auch Leute auf der Inſel Aurora, und hoͤr-
ten ſie bey unſrer Annaͤherung einander zurufen. Als wir um das Nord-Ende
herumgekommen waren, ſteuerten wir, ſo weit es der Suͤdwind zulaſſen wollte,
laͤngſt der weſtlichen Kuͤſte gen Suͤden herab. Der Sturm dauerte zwar noch
immer fort; doch hatten wir auf dieſer Seite des Landes den Vortheil, daß we-
nigſtens die See nicht ſo unruhig war, weil nach allen Gegenden hin Inſeln
umher lagen. Gerade vor uns befand ſich die Iſle des Lepreux des Herrn
von Bougainville, und zwiſchen dieſer und Aurora-Eyland lavirten wir, den
ganzen Tag uͤber, ab- und zu.

Um 4 Uhr Nachmittags, waren wir bis auf anderthalb Meilen an die
erſtere herangekommen; von den Bergen konnte man, der Wolken halber, nichts
ſehen, das flache Land hingegen war deutlich zu erkennen, und ſo viel ſich nach
dieſem urtheilen ließ, ſchien die Inſel ganz fruchtbar zu ſeyn. Das unmittelbar
vor uns liegende Ufer war ſehr ſteil, und die See in dieſer Gegend auch ſo tief,
daß wir mit hundert und zwanzig Faden keinen Grund finden konnten; das nord-

*) In der engliſchen Urſchrift gehet hier ein neuer Abſchnitt, nemlich das dritte Buch an,
weil wir aber im erſten Theil, pag. 315. dieſe Ordnung abgeaͤndert haben; ſo hat ſie
auch in gegenwaͤrtigem Fall nicht beybehalten werden koͤnnen. A. d. V.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0171" n="159"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi> </fw><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Fu&#x0364;nftes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck</hi>.</hi> <note place="foot" n="*)">In der engli&#x017F;chen Ur&#x017F;chrift gehet hier ein neuer Ab&#x017F;chnitt, nemlich das <hi rendition="#fr">dritte Buch</hi> an,<lb/>
weil wir aber im er&#x017F;ten Theil, pag. 315. die&#x017F;e Ordnung abgea&#x0364;ndert haben; &#x017F;o hat &#x017F;ie<lb/>
auch in gegenwa&#x0364;rtigem Fall nicht beybehalten werden ko&#x0364;nnen. <hi rendition="#fr">A. d. V.</hi></note><lb/> <hi rendition="#b">Nachricht von un&#x017F;erm Aufenthalt auf <placeName>Mallicolo</placeName> und Ent-<lb/>
deckung der neuen <placeName>Hebridi&#x017F;chen-In&#x017F;eln</placeName>.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>m 18ten Julius, fru&#x0364;h um 8 Uhr, hatten wir das Nord-Ende von <hi rendition="#fr"><placeName xml:id="PN2" next="PN2_2">Au-</placeName></hi><note place="right">1774.<lb/>
Julius.</note><lb/><hi rendition="#fr"><placeName xml:id="PN2_2" prev="PN2">rora-Cyland</placeName></hi> erreicht, und erblickten bereits allenthalben, &#x017F;elb&#x017F;t auf den<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ten Bergen, eine große Menge von <hi rendition="#fr">Cocos-Nuß-Palmen</hi>. Ueberhaupt<lb/>
war das ganze Land, &#x017F;o viel man des Nebels wegen unter&#x017F;cheiden konnte,<lb/>
durchaus mit Waldung bedeckt, die ein wildes, ungebautes, aber demohner-<lb/>
achtet angenehmes An&#x017F;ehen hatte. Als &#x017F;ich der Nebel an einer Stelle etwas<lb/>
verzog, ward mein Vater den kleinen fel&#x017F;igten <hi rendition="#fr">Pik</hi> gewahr, den Herr <persName>von<lb/><hi rendition="#fr">Bougainville</hi></persName> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq"><placeName>Pic de l&#x2019;étoile</placeName>,</hi></hi> oder <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq"><placeName>Pic d&#x2019; Averdi</placeName></hi></hi> genannt hat, wir wuß-<lb/>
ten al&#x017F;o um de&#x017F;to genauer, in welcher Gegend wir eigentlich waren. Mit Hu&#x0364;lfe<lb/>
der Ferngla&#x0364;&#x017F;er entdeckte man auch Leute auf der In&#x017F;el <hi rendition="#fr"><placeName>Aurora</placeName>,</hi> und ho&#x0364;r-<lb/>
ten &#x017F;ie bey un&#x017F;rer Anna&#x0364;herung einander zurufen. Als wir um das Nord-Ende<lb/>
herumgekommen waren, &#x017F;teuerten wir, &#x017F;o weit es der Su&#x0364;dwind zula&#x017F;&#x017F;en wollte,<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t der we&#x017F;tlichen Ku&#x0364;&#x017F;te gen Su&#x0364;den herab. Der Sturm dauerte zwar noch<lb/>
immer fort; doch hatten wir auf die&#x017F;er Seite des Landes den Vortheil, daß we-<lb/>
nig&#x017F;tens die See nicht &#x017F;o unruhig war, weil nach allen Gegenden hin In&#x017F;eln<lb/>
umher lagen. Gerade vor uns befand &#x017F;ich die <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq"><placeName>I&#x017F;le des Lepreux</placeName></hi></hi> des Herrn<lb/><persName>von <hi rendition="#fr">Bougainville</hi></persName>, und zwi&#x017F;chen die&#x017F;er und <placeName><hi rendition="#fr">Aurora</hi>-Eyland</placeName> lavirten wir, den<lb/>
ganzen Tag u&#x0364;ber, ab- und zu.</p><lb/>
        <p>Um 4 Uhr Nachmittags, waren wir bis auf anderthalb Meilen an die<lb/>
er&#x017F;tere herangekommen; von den Bergen konnte man, der Wolken halber, nichts<lb/>
&#x017F;ehen, das flache Land hingegen war deutlich zu erkennen, und &#x017F;o viel &#x017F;ich nach<lb/><choice><sic>diefem</sic><corr>die&#x017F;em</corr></choice> urtheilen ließ, &#x017F;chien die In&#x017F;el ganz fruchtbar zu &#x017F;eyn. Das unmittelbar<lb/>
vor uns liegende Ufer war &#x017F;ehr &#x017F;teil, und die See in die&#x017F;er Gegend auch &#x017F;o tief,<lb/>
daß wir mit hundert und zwanzig Faden keinen Grund finden konnten; das nord-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0171] in den Jahren 1772 bis 1775. Fuͤnftes Hauptſtuͤck. *) Nachricht von unſerm Aufenthalt auf Mallicolo und Ent- deckung der neuen Hebridiſchen-Inſeln. Am 18ten Julius, fruͤh um 8 Uhr, hatten wir das Nord-Ende von Au- rora-Cyland erreicht, und erblickten bereits allenthalben, ſelbſt auf den hoͤchſten Bergen, eine große Menge von Cocos-Nuß-Palmen. Ueberhaupt war das ganze Land, ſo viel man des Nebels wegen unterſcheiden konnte, durchaus mit Waldung bedeckt, die ein wildes, ungebautes, aber demohner- achtet angenehmes Anſehen hatte. Als ſich der Nebel an einer Stelle etwas verzog, ward mein Vater den kleinen felſigten Pik gewahr, den Herr von Bougainville Pic de l’étoile, oder Pic d’ Averdi genannt hat, wir wuß- ten alſo um deſto genauer, in welcher Gegend wir eigentlich waren. Mit Huͤlfe der Fernglaͤſer entdeckte man auch Leute auf der Inſel Aurora, und hoͤr- ten ſie bey unſrer Annaͤherung einander zurufen. Als wir um das Nord-Ende herumgekommen waren, ſteuerten wir, ſo weit es der Suͤdwind zulaſſen wollte, laͤngſt der weſtlichen Kuͤſte gen Suͤden herab. Der Sturm dauerte zwar noch immer fort; doch hatten wir auf dieſer Seite des Landes den Vortheil, daß we- nigſtens die See nicht ſo unruhig war, weil nach allen Gegenden hin Inſeln umher lagen. Gerade vor uns befand ſich die Iſle des Lepreux des Herrn von Bougainville, und zwiſchen dieſer und Aurora-Eyland lavirten wir, den ganzen Tag uͤber, ab- und zu. 1774. Julius. Um 4 Uhr Nachmittags, waren wir bis auf anderthalb Meilen an die erſtere herangekommen; von den Bergen konnte man, der Wolken halber, nichts ſehen, das flache Land hingegen war deutlich zu erkennen, und ſo viel ſich nach dieſem urtheilen ließ, ſchien die Inſel ganz fruchtbar zu ſeyn. Das unmittelbar vor uns liegende Ufer war ſehr ſteil, und die See in dieſer Gegend auch ſo tief, daß wir mit hundert und zwanzig Faden keinen Grund finden konnten; das nord- *) In der engliſchen Urſchrift gehet hier ein neuer Abſchnitt, nemlich das dritte Buch an, weil wir aber im erſten Theil, pag. 315. dieſe Ordnung abgeaͤndert haben; ſo hat ſie auch in gegenwaͤrtigem Fall nicht beybehalten werden koͤnnen. A. d. V.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/171
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/171>, abgerufen am 26.04.2024.