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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der drey und zwantzigste Discurs.
Von der Vorverkündigung/ aus dem Gestirn/
und Geburts-Zeichen.

JOrell. Jch hielte es für eine Undanckbarkeit/ gegen dem
Gestirn/ wenn wir den Einfluß deß Gestirns länger in Zwei-
fel setzten. Darum/ weil wir nun hievon sattsamen Be-
richt eingenommen/ wird es hiernächst/ vermöge unserer
Abrede/ die Frage gelten: Ob/ aus dem Gestirn/ eine
Vorkündigung/ oder Weissagung/ zu haben:

Goldstern. Meine Gedancken habe ich schon/ in vorigem Dis-
curse/ zu erkennen gegeben; nemlich daß/ aus dem Gestirn/ gar wol eines
und andres zu erkündigen sey; wiewol nicht alles gewiß/ sondern das
Meiste nur vermutlich daraus abzunehmen. Die Finsternissen der Son-
nen und deß Monds kan man/ aus dem Lauffe deß Himmels unfehlbar
zuvor wissen. Wenn das Meer will ungestümm werden/ wenn bey
Menschen/ Thieren und Gewächsen/ die Feuchtigkeit zunehme/ lernet
man von dem Mond. Welchen mancher auch darum fragt/ ob er den
Leib reinigen/ und Blut lassen solle. Daß die Loß-Tage der Aertzte
gleichfalls/ nach dem Mond/ beurtheilet werden müssen/ ist schon vor die-
sem weitläufftig angedeutet. So treffen ja auch manche Kalender gar
genau ein mit ihrer Vorverkündigung/ ob und wann hitzige Kranckhei-
ten werden regieren/ grosse Wasser-Fluten und starcke Gewitter kom-
men/ ob es einen harten oder gelinden Winter/ heissen oder kühlen Som-
mer werde setzen/ Sturm-Winde/ Theurung oder wolfeile Zeit geben etc.
Nicht weniger können wir/ von der natürlichen Zuneigung oder Beque-
mung eines Menschen/ so wol auch von mancherley wigtigen Verände-
rungen insgemein/ einige Vermutung aus dem Firmament/ schöpffen.
Welches alles wir doch/ mit solcher Behutsamkeit/ anzunehmen haben/
daß wir es für keine natürliche Nothwendigkeit halten/ und weder dem
menschlichem Willen seine Freyheit/ noch der Göttlichen allweisen Fürse-
hung/ als dem rechten einigen Fundament unsers sicheren Vertrauens/

das


Der drey und zwantzigſte Diſcurs.
Von der Vorverkuͤndigung/ aus dem Geſtirn/
und Geburts-Zeichen.

JOrell. Jch hielte es fuͤr eine Undanckbarkeit/ gegen dem
Geſtirn/ wenn wir den Einfluß deß Geſtirns laͤnger in Zwei-
fel ſetzten. Darum/ weil wir nun hievon ſattſamen Be-
richt eingenommen/ wird es hiernaͤchſt/ vermoͤge unſerer
Abrede/ die Frage gelten: Ob/ aus dem Geſtirn/ eine
Vorkuͤndigung/ oder Weiſſagung/ zu haben:

Goldſtern. Meine Gedancken habe ich ſchon/ in vorigem Dis-
curſe/ zu erkennen gegeben; nemlich daß/ aus dem Geſtirn/ gar wol eines
und andres zu erkuͤndigen ſey; wiewol nicht alles gewiß/ ſondern das
Meiſte nur vermutlich daraus abzunehmen. Die Finſterniſſen der Son-
nen und deß Monds kan man/ aus dem Lauffe deß Himmels unfehlbar
zuvor wiſſen. Wenn das Meer will ungeſtuͤmm werden/ wenn bey
Menſchen/ Thieren und Gewaͤchſen/ die Feuchtigkeit zunehme/ lernet
man von dem Mond. Welchen mancher auch darum fragt/ ob er den
Leib reinigen/ und Blut laſſen ſolle. Daß die Loß-Tage der Aertzte
gleichfalls/ nach dem Mond/ beurtheilet werden muͤſſen/ iſt ſchon vor die-
ſem weitlaͤufftig angedeutet. So treffen ja auch manche Kalender gar
genau ein mit ihrer Vorverkuͤndigung/ ob und wann hitzige Kranckhei-
ten werden regieren/ groſſe Waſſer-Fluten und ſtarcke Gewitter kom-
men/ ob es einen harten oder gelinden Winter/ heiſſen oder kuͤhlen Som-
mer werde ſetzen/ Sturm-Winde/ Theurung oder wolfeile Zeit geben ꝛc.
Nicht weniger koͤnnen wir/ von der natuͤrlichen Zuneigung oder Beque-
mung eines Menſchen/ ſo wol auch von mancherley wigtigen Veraͤnde-
rungen insgemein/ einige Vermutung aus dem Firmament/ ſchoͤpffen.
Welches alles wir doch/ mit ſolcher Behutſamkeit/ anzunehmen haben/
daß wir es fuͤr keine natuͤrliche Nothwendigkeit halten/ und weder dem
menſchlichem Willen ſeine Freyheit/ noch der Goͤttlichen allweiſen Fuͤrſe-
hung/ als dem rechten einigen Fundament unſers ſicheren Vertrauens/

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[1463/1541] Der drey und zwantzigſte Diſcurs. Von der Vorverkuͤndigung/ aus dem Geſtirn/ und Geburts-Zeichen. JOrell. Jch hielte es fuͤr eine Undanckbarkeit/ gegen dem Geſtirn/ wenn wir den Einfluß deß Geſtirns laͤnger in Zwei- fel ſetzten. Darum/ weil wir nun hievon ſattſamen Be- richt eingenommen/ wird es hiernaͤchſt/ vermoͤge unſerer Abrede/ die Frage gelten: Ob/ aus dem Geſtirn/ eine Vorkuͤndigung/ oder Weiſſagung/ zu haben: Goldſtern. Meine Gedancken habe ich ſchon/ in vorigem Dis- curſe/ zu erkennen gegeben; nemlich daß/ aus dem Geſtirn/ gar wol eines und andres zu erkuͤndigen ſey; wiewol nicht alles gewiß/ ſondern das Meiſte nur vermutlich daraus abzunehmen. Die Finſterniſſen der Son- nen und deß Monds kan man/ aus dem Lauffe deß Himmels unfehlbar zuvor wiſſen. Wenn das Meer will ungeſtuͤmm werden/ wenn bey Menſchen/ Thieren und Gewaͤchſen/ die Feuchtigkeit zunehme/ lernet man von dem Mond. Welchen mancher auch darum fragt/ ob er den Leib reinigen/ und Blut laſſen ſolle. Daß die Loß-Tage der Aertzte gleichfalls/ nach dem Mond/ beurtheilet werden muͤſſen/ iſt ſchon vor die- ſem weitlaͤufftig angedeutet. So treffen ja auch manche Kalender gar genau ein mit ihrer Vorverkuͤndigung/ ob und wann hitzige Kranckhei- ten werden regieren/ groſſe Waſſer-Fluten und ſtarcke Gewitter kom- men/ ob es einen harten oder gelinden Winter/ heiſſen oder kuͤhlen Som- mer werde ſetzen/ Sturm-Winde/ Theurung oder wolfeile Zeit geben ꝛc. Nicht weniger koͤnnen wir/ von der natuͤrlichen Zuneigung oder Beque- mung eines Menſchen/ ſo wol auch von mancherley wigtigen Veraͤnde- rungen insgemein/ einige Vermutung aus dem Firmament/ ſchoͤpffen. Welches alles wir doch/ mit ſolcher Behutſamkeit/ anzunehmen haben/ daß wir es fuͤr keine natuͤrliche Nothwendigkeit halten/ und weder dem menſchlichem Willen ſeine Freyheit/ noch der Goͤttlichen allweiſen Fuͤrſe- hung/ als dem rechten einigen Fundament unſers ſicheren Vertrauens/ das

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1541>, abgerufen am 30.04.2024.