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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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Den Bohnebart mit seiner Kopfabschneidemaschine
noch gar nicht eingerechnet. Ja, das sind wilde Zeiten
wie unter dem Schwedenkönig, oder dem alten Fritz.
Paß' auf, Gustel, wenn wir heimkommen, ob uns
der Franzose da nicht schon entgegenrückt und das
Kloster ist ein Aschenhaufen, und Lehrer und Jungen
sind über alle Berge wie eine Heerde, in die der Wolf
gerathen ist. Und darum Gustel, darum will ich Dir
noch in dieser Stunde offenbaren, was ich in der
nächsten vielleicht nicht mehr zu offenbaren im Stande
bin. Etwas, auf das noch kein Mensch verfallen ist
als die alte Beckern ganz allein. Wenn es aber einst¬
mals vor aller Welt an's Tageslicht gekommen sein
wird, dann sollst Du denken: die alte Beckern hat
mir's prophezeit und Dich hübsch dankbar erweisen an
der armen, alten Frau; nämlich insofern sie vor dem
grausamen Bohnebart ihr bischen elendes Leben davon
getragen hat." --

"Sie guckte sich nach dieser Rede scheu in alle
vier Weltgegenden um, hob sich auf die Zehenspitzen
und wisperte, ihren Mund an mein Ohr gelegt:

"August, hast Du Dir niemals Gedanken darüber
gemacht, was Fräulein Hardine eigentlich mit Dir zu
schaffen hat?" -- Ich schüttelte lachend den Kopf.

Den Bohnebart mit ſeiner Kopfabſchneidemaſchine
noch gar nicht eingerechnet. Ja, das ſind wilde Zeiten
wie unter dem Schwedenkönig, oder dem alten Fritz.
Paß' auf, Guſtel, wenn wir heimkommen, ob uns
der Franzoſe da nicht ſchon entgegenrückt und das
Kloſter iſt ein Aſchenhaufen, und Lehrer und Jungen
ſind über alle Berge wie eine Heerde, in die der Wolf
gerathen iſt. Und darum Guſtel, darum will ich Dir
noch in dieſer Stunde offenbaren, was ich in der
nächſten vielleicht nicht mehr zu offenbaren im Stande
bin. Etwas, auf das noch kein Menſch verfallen iſt
als die alte Beckern ganz allein. Wenn es aber einſt¬
mals vor aller Welt an's Tageslicht gekommen ſein
wird, dann ſollſt Du denken: die alte Beckern hat
mir's prophezeit und Dich hübſch dankbar erweiſen an
der armen, alten Frau; nämlich inſofern ſie vor dem
grauſamen Bohnebart ihr bischen elendes Leben davon
getragen hat.“ —

„Sie guckte ſich nach dieſer Rede ſcheu in alle
vier Weltgegenden um, hob ſich auf die Zehenſpitzen
und wisperte, ihren Mund an mein Ohr gelegt:

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gemacht, was Fräulein Hardine eigentlich mit Dir zu
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[26/0033] Den Bohnebart mit ſeiner Kopfabſchneidemaſchine noch gar nicht eingerechnet. Ja, das ſind wilde Zeiten wie unter dem Schwedenkönig, oder dem alten Fritz. Paß' auf, Guſtel, wenn wir heimkommen, ob uns der Franzoſe da nicht ſchon entgegenrückt und das Kloſter iſt ein Aſchenhaufen, und Lehrer und Jungen ſind über alle Berge wie eine Heerde, in die der Wolf gerathen iſt. Und darum Guſtel, darum will ich Dir noch in dieſer Stunde offenbaren, was ich in der nächſten vielleicht nicht mehr zu offenbaren im Stande bin. Etwas, auf das noch kein Menſch verfallen iſt als die alte Beckern ganz allein. Wenn es aber einſt¬ mals vor aller Welt an's Tageslicht gekommen ſein wird, dann ſollſt Du denken: die alte Beckern hat mir's prophezeit und Dich hübſch dankbar erweiſen an der armen, alten Frau; nämlich inſofern ſie vor dem grauſamen Bohnebart ihr bischen elendes Leben davon getragen hat.“ — „Sie guckte ſich nach dieſer Rede ſcheu in alle vier Weltgegenden um, hob ſich auf die Zehenſpitzen und wisperte, ihren Mund an mein Ohr gelegt: „Auguſt, haſt Du Dir niemals Gedanken darüber gemacht, was Fräulein Hardine eigentlich mit Dir zu ſchaffen hat?“ — Ich ſchüttelte lachend den Kopf.

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/33>, abgerufen am 26.04.2024.