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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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nur wenig, oder ich verstehe sie schlecht. Jch
kann nicht ein Mahl mit Bestimmtheit erfahren,
ob er mit den Freiwilligen zurück gekehrt ist, sie
spricht immer, der gute junge Herr ist gegan-
gen. Jch entschloß mich, mit einer kleinen Scham-
röthe, den Mann deßhalb zu befragen. Hat
Jhnen meine Frau davon gesagt? fragte er mit
einem finstern Blick, welchen ich noch gar nicht
an ihm gesehen hatte. Jch weiß nicht mehr als
Betty, setzte er hinzu, es hat mich nicht interessirt.
Und damit brach er das Gespräch ab, welches
ich nicht wieder an zu knüpfen wagte.

Der Fremde ist ein Zankapfel zwischen dem
Ehepare gewesen, das bemerke ich wohl. Aber
weßhalb beunruhigt mich das? warum ist mir
seitdem die Schönheit der jungen Frau auffal-
lender? warum bemerke ich sie mit halben
Neide? warum fällt mir ihre Lebhaftigkeit dop-
pelt auf, wenn sie von dem Fremden spricht?
was geht das mich an? wahrhaftig, Deine Vir-
ginia ist recht kindisch! lache sie nur tüchtig aus,
und schilt sie zugleich. Sie scheint eifersüchtig
auf einen Schatten, und war es nie auf den
lebenden Mucius.

nur wenig, oder ich verſtehe ſie ſchlecht. Jch
kann nicht ein Mahl mit Beſtimmtheit erfahren,
ob er mit den Freiwilligen zuruͤck gekehrt iſt, ſie
ſpricht immer, der gute junge Herr iſt gegan-
gen. Jch entſchloß mich, mit einer kleinen Scham-
roͤthe, den Mann deßhalb zu befragen. Hat
Jhnen meine Frau davon geſagt? fragte er mit
einem finſtern Blick, welchen ich noch gar nicht
an ihm geſehen hatte. Jch weiß nicht mehr als
Betty, ſetzte er hinzu, es hat mich nicht intereſſirt.
Und damit brach er das Geſpraͤch ab, welches
ich nicht wieder an zu knuͤpfen wagte.

Der Fremde iſt ein Zankapfel zwiſchen dem
Ehepare geweſen, das bemerke ich wohl. Aber
weßhalb beunruhigt mich das? warum iſt mir
ſeitdem die Schoͤnheit der jungen Frau auffal-
lender? warum bemerke ich ſie mit halben
Neide? warum faͤllt mir ihre Lebhaftigkeit dop-
pelt auf, wenn ſie von dem Fremden ſpricht?
was geht das mich an? wahrhaftig, Deine Vir-
ginia iſt recht kindiſch! lache ſie nur tuͤchtig aus,
und ſchilt ſie zugleich. Sie ſcheint eiferſuͤchtig
auf einen Schatten, und war es nie auf den
lebenden Mucius.

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[31/0039] nur wenig, oder ich verſtehe ſie ſchlecht. Jch kann nicht ein Mahl mit Beſtimmtheit erfahren, ob er mit den Freiwilligen zuruͤck gekehrt iſt, ſie ſpricht immer, der gute junge Herr iſt gegan- gen. Jch entſchloß mich, mit einer kleinen Scham- roͤthe, den Mann deßhalb zu befragen. Hat Jhnen meine Frau davon geſagt? fragte er mit einem finſtern Blick, welchen ich noch gar nicht an ihm geſehen hatte. Jch weiß nicht mehr als Betty, ſetzte er hinzu, es hat mich nicht intereſſirt. Und damit brach er das Geſpraͤch ab, welches ich nicht wieder an zu knuͤpfen wagte. Der Fremde iſt ein Zankapfel zwiſchen dem Ehepare geweſen, das bemerke ich wohl. Aber weßhalb beunruhigt mich das? warum iſt mir ſeitdem die Schoͤnheit der jungen Frau auffal- lender? warum bemerke ich ſie mit halben Neide? warum faͤllt mir ihre Lebhaftigkeit dop- pelt auf, wenn ſie von dem Fremden ſpricht? was geht das mich an? wahrhaftig, Deine Vir- ginia iſt recht kindiſch! lache ſie nur tuͤchtig aus, und ſchilt ſie zugleich. Sie ſcheint eiferſuͤchtig auf einen Schatten, und war es nie auf den lebenden Mucius.

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/39>, abgerufen am 26.04.2024.