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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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Ueber die Notwendigkeit des von anderen Autoren befürworteten Kalk-
zusatzes wolle man S. 511 vergleichen. Bemerkt sei noch, daß Romen
bei der Alizarinfärberei stets "möglichst kalkfreies Wasser" empfiehlt.

Alle bisher beschriebenen Methoden, auch die letztgenannten vereinfach-
ten, sind nur für besondere Türkischrotfärbereien anwendbar; für kleine Be-
triebe sind diese Methoden zu umständlich und zeitraubend. Hier empfiehlt
sich ein einfacheres Verfahren, welches lediglich durch Weglassung mehrerer
der oben beschriebenen Operationen erreicht wird. Hier würde sich z. B.
das Verfahren folgendermaßen gestalten.

Erste Operation. Beizen mit essigsaurer Thonerde, Schleudern und
Trocknen in der Trockenstube bei 40° R. 1 bis 2 Tage lang.

Zweite Operation. Behandeln der gebeizten Baumwolle in einer
Lösung von phosphorsaurem Natron bei 50° R.; dann spülen.

Dritte Operation. Färben mit Alizarin.

Vierte Operation. Präparieren mit Türkischrotöl; Trocknen.

Fünfte Operation. Dämpfen, dann schönen.

Abweichend hiervon ist z. B. das Verfahren, wie es bei Spill &
Comp
. in Glasgow gehandhabt wird*). Auf 150 kg.

Erste Operation. 21/2 Stunden mit 2 kg Soda, 1 l Salmiakgeist,
1/2 kg chlorsaurem Kali kochen; 12 Stunden aus dem Kochbad liegen lassen,
spülen.

Zweite bis vierte Operation. Dreimal hintereinander 30° heiß
passieren durch 10 prozent. Oelbeize.

Fünfte Operation. 4 Stunden lang kalt auf 6 prozentige schwefel-
saure Thonerde.

Sechste Operation. Auf 20 kg Sumach aufstellen.

Siebente Operation. Ausfärben mit 11 Prozent Alizarin; kalt
eingehen; in der ersten Stunde nur bis auf 60° R. treiben, in den nächsten
11/2 Stunden bis zum Kochen steigern und dann noch 11/2 Stunden im
Kochen erhalten. Waschen.

Achte Operation. Avivieren mit 2 kg Soda, 1 l Salmiakgeist,
spülen, 40 bis 50° heiß trocknen.

Erzielung heller Töne, wie Alizarinrosa etc. Zur Herstellung
hellerer Nüancen nimmt man weniger Beize, also in diesem Falle eine
schwächere Thonerdelösung, am besten nicht essigsaure Thonerde, sondern
Alaun, und färbt mit entsprechend weniger Alizarin aus; auch wird die
Menge der Oelbeizen beschränkt.

Daß zur Erzeugung violetter und brauner Töne im ersten Falle mit
holzessigsaurem Eisen, im zweiten mit holzessigsaurem Eisen und essigsaurer
Thonerde gebeizt werden muß, ist früher an der betreffenden Stelle schon
mehrfach erwähnt worden.

Das in den vorstehenden Paragraphen beschriebene Verfahren zum Färben
mit Alizarin kann auch auf alle andern Alizarinfarben angewendet werden.

Wir sehen, es führen viele Wege nach Rom -- auch ohne Schafmist
und Ochsenblut!

*) Deutsche Färber-Zeitung 1889, Nr. 3.

Ueber die Notwendigkeit des von anderen Autoren befürworteten Kalk-
zuſatzes wolle man S. 511 vergleichen. Bemerkt ſei noch, daß Romen
bei der Alizarinfärberei ſtets „möglichſt kalkfreies Waſſer“ empfiehlt.

Alle bisher beſchriebenen Methoden, auch die letztgenannten vereinfach-
ten, ſind nur für beſondere Türkiſchrotfärbereien anwendbar; für kleine Be-
triebe ſind dieſe Methoden zu umſtändlich und zeitraubend. Hier empfiehlt
ſich ein einfacheres Verfahren, welches lediglich durch Weglaſſung mehrerer
der oben beſchriebenen Operationen erreicht wird. Hier würde ſich z. B.
das Verfahren folgendermaßen geſtalten.

Erſte Operation. Beizen mit eſſigſaurer Thonerde, Schleudern und
Trocknen in der Trockenſtube bei 40° R. 1 bis 2 Tage lang.

Zweite Operation. Behandeln der gebeizten Baumwolle in einer
Löſung von phosphorſaurem Natron bei 50° R.; dann ſpülen.

Dritte Operation. Färben mit Alizarin.

Vierte Operation. Präparieren mit Türkiſchrotöl; Trocknen.

Fünfte Operation. Dämpfen, dann ſchönen.

Abweichend hiervon iſt z. B. das Verfahren, wie es bei Spill &
Comp
. in Glasgow gehandhabt wird*). Auf 150 kg.

Erſte Operation. 2½ Stunden mit 2 kg Soda, 1 l Salmiakgeiſt,
½ kg chlorſaurem Kali kochen; 12 Stunden aus dem Kochbad liegen laſſen,
ſpülen.

Zweite bis vierte Operation. Dreimal hintereinander 30° heiß
paſſieren durch 10 prozent. Oelbeize.

Fünfte Operation. 4 Stunden lang kalt auf 6 prozentige ſchwefel-
ſaure Thonerde.

Sechſte Operation. Auf 20 kg Sumach aufſtellen.

Siebente Operation. Ausfärben mit 11 Prozent Alizarin; kalt
eingehen; in der erſten Stunde nur bis auf 60° R. treiben, in den nächſten
1½ Stunden bis zum Kochen ſteigern und dann noch 1½ Stunden im
Kochen erhalten. Waſchen.

Achte Operation. Avivieren mit 2 kg Soda, 1 l Salmiakgeiſt,
ſpülen, 40 bis 50° heiß trocknen.

Erzielung heller Töne, wie Alizarinroſa ꝛc. Zur Herſtellung
hellerer Nüancen nimmt man weniger Beize, alſo in dieſem Falle eine
ſchwächere Thonerdelöſung, am beſten nicht eſſigſaure Thonerde, ſondern
Alaun, und färbt mit entſprechend weniger Alizarin aus; auch wird die
Menge der Oelbeizen beſchränkt.

Daß zur Erzeugung violetter und brauner Töne im erſten Falle mit
holzeſſigſaurem Eiſen, im zweiten mit holzeſſigſaurem Eiſen und eſſigſaurer
Thonerde gebeizt werden muß, iſt früher an der betreffenden Stelle ſchon
mehrfach erwähnt worden.

Das in den vorſtehenden Paragraphen beſchriebene Verfahren zum Färben
mit Alizarin kann auch auf alle andern Alizarinfarben angewendet werden.

Wir ſehen, es führen viele Wege nach Rom — auch ohne Schafmiſt
und Ochſenblut!

*) Deutſche Färber-Zeitung 1889, Nr. 3.
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[616/0664] Ueber die Notwendigkeit des von anderen Autoren befürworteten Kalk- zuſatzes wolle man S. 511 vergleichen. Bemerkt ſei noch, daß Romen bei der Alizarinfärberei ſtets „möglichſt kalkfreies Waſſer“ empfiehlt. Alle bisher beſchriebenen Methoden, auch die letztgenannten vereinfach- ten, ſind nur für beſondere Türkiſchrotfärbereien anwendbar; für kleine Be- triebe ſind dieſe Methoden zu umſtändlich und zeitraubend. Hier empfiehlt ſich ein einfacheres Verfahren, welches lediglich durch Weglaſſung mehrerer der oben beſchriebenen Operationen erreicht wird. Hier würde ſich z. B. das Verfahren folgendermaßen geſtalten. Erſte Operation. Beizen mit eſſigſaurer Thonerde, Schleudern und Trocknen in der Trockenſtube bei 40° R. 1 bis 2 Tage lang. Zweite Operation. Behandeln der gebeizten Baumwolle in einer Löſung von phosphorſaurem Natron bei 50° R.; dann ſpülen. Dritte Operation. Färben mit Alizarin. Vierte Operation. Präparieren mit Türkiſchrotöl; Trocknen. Fünfte Operation. Dämpfen, dann ſchönen. Abweichend hiervon iſt z. B. das Verfahren, wie es bei Spill & Comp. in Glasgow gehandhabt wird *). Auf 150 kg. Erſte Operation. 2½ Stunden mit 2 kg Soda, 1 l Salmiakgeiſt, ½ kg chlorſaurem Kali kochen; 12 Stunden aus dem Kochbad liegen laſſen, ſpülen. Zweite bis vierte Operation. Dreimal hintereinander 30° heiß paſſieren durch 10 prozent. Oelbeize. Fünfte Operation. 4 Stunden lang kalt auf 6 prozentige ſchwefel- ſaure Thonerde. Sechſte Operation. Auf 20 kg Sumach aufſtellen. Siebente Operation. Ausfärben mit 11 Prozent Alizarin; kalt eingehen; in der erſten Stunde nur bis auf 60° R. treiben, in den nächſten 1½ Stunden bis zum Kochen ſteigern und dann noch 1½ Stunden im Kochen erhalten. Waſchen. Achte Operation. Avivieren mit 2 kg Soda, 1 l Salmiakgeiſt, ſpülen, 40 bis 50° heiß trocknen. Erzielung heller Töne, wie Alizarinroſa ꝛc. Zur Herſtellung hellerer Nüancen nimmt man weniger Beize, alſo in dieſem Falle eine ſchwächere Thonerdelöſung, am beſten nicht eſſigſaure Thonerde, ſondern Alaun, und färbt mit entſprechend weniger Alizarin aus; auch wird die Menge der Oelbeizen beſchränkt. Daß zur Erzeugung violetter und brauner Töne im erſten Falle mit holzeſſigſaurem Eiſen, im zweiten mit holzeſſigſaurem Eiſen und eſſigſaurer Thonerde gebeizt werden muß, iſt früher an der betreffenden Stelle ſchon mehrfach erwähnt worden. Das in den vorſtehenden Paragraphen beſchriebene Verfahren zum Färben mit Alizarin kann auch auf alle andern Alizarinfarben angewendet werden. Wir ſehen, es führen viele Wege nach Rom — auch ohne Schafmiſt und Ochſenblut! *) Deutſche Färber-Zeitung 1889, Nr. 3.

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/664>, abgerufen am 26.04.2024.