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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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Zweiter Abschnitt.
Gewählten findet kein rechtlicher Zusammenhang statt;
die Aufgabe der Wähler ist mit der vollzogenen Wahl
beendigt, und es steht ihnen ein rechtlicher Einfluss auf
den Gewählten nicht zu, der allein nach eigener Ueber-
zeugung auf Grund seiner verfassungsmässigen Ver-
pflichtung und nicht aus ihrem Willen heraus zu han-
deln hat.9

4. Die Formen des Geschäftslebens der Landstände.
§. 42.

Die Landstände können sich nicht kraft eigenen
Entschlusses zu öffentlicher Wirksamkeit versammeln,1
sondern nur in Folge einer Berufung des Monarchen,
welche aber in periodisch bestimmten Zeiten und aus
Anlass besonderer Ereignisse statt finden muss.2 Jede

Gründen, aus welchen oben die Pflicht der Uebernahme eines
Staatsamts verneint wurde. Ebenso muss angenommen werden,
dass der Austritt aus der Kammer freisteht (nach der Sächsischen
Verfassung §. 66. nur aus besonderen Gründen). Andere Verlust-
gründe der Eigenschaft eines Volksvertreters sind: Ablauf der
Wahlperiode, oder Ausloosung; Verlust der Eigenschaften, welche
fortdauernd vorausgesetzt werden; particularrechtlich die Er-
langung eines Staats- oder Hofamts oder Aufrücken in einem
solchen; Auflösung der Ständeversammlung; particularrechtlich
der Ausschluss durch Kammerbeschluss. -- Ueber die Nothwendig-
keit oder das Recht der Wahl eines Stellvertreters sind die Ver-
fassungen nicht übereinstimmend.
9 Sie sind also nicht Mandatare der Wähler, nicht an In-
structionen gebunden, keiner Kündigung unterworfen.
1 Nur in einigen Verfassungen ist den Ständen in gewissen
Fällen das Recht gegeben, sich selbst zu versammeln, z. B. im
Falle eines Thronwechsels, sofern sie nicht innerhalb einer be-
stimmten Frist berufen werden.
2 Die Landtage, welche in regelmässigen Perioden, meist
zusammenfallend mit den Budgetperioden, eintreten, heissen

Zweiter Abschnitt.
Gewählten findet kein rechtlicher Zusammenhang statt;
die Aufgabe der Wähler ist mit der vollzogenen Wahl
beendigt, und es steht ihnen ein rechtlicher Einfluss auf
den Gewählten nicht zu, der allein nach eigener Ueber-
zeugung auf Grund seiner verfassungsmässigen Ver-
pflichtung und nicht aus ihrem Willen heraus zu han-
deln hat.9

4. Die Formen des Geschäftslebens der Landstände.
§. 42.

Die Landstände können sich nicht kraft eigenen
Entschlusses zu öffentlicher Wirksamkeit versammeln,1
sondern nur in Folge einer Berufung des Monarchen,
welche aber in periodisch bestimmten Zeiten und aus
Anlass besonderer Ereignisse statt finden muss.2 Jede

Gründen, aus welchen oben die Pflicht der Uebernahme eines
Staatsamts verneint wurde. Ebenso muss angenommen werden,
dass der Austritt aus der Kammer freisteht (nach der Sächsischen
Verfassung §. 66. nur aus besonderen Gründen). Andere Verlust-
gründe der Eigenschaft eines Volksvertreters sind: Ablauf der
Wahlperiode, oder Ausloosung; Verlust der Eigenschaften, welche
fortdauernd vorausgesetzt werden; particularrechtlich die Er-
langung eines Staats- oder Hofamts oder Aufrücken in einem
solchen; Auflösung der Ständeversammlung; particularrechtlich
der Ausschluss durch Kammerbeschluss. — Ueber die Nothwendig-
keit oder das Recht der Wahl eines Stellvertreters sind die Ver-
fassungen nicht übereinstimmend.
9 Sie sind also nicht Mandatare der Wähler, nicht an In-
structionen gebunden, keiner Kündigung unterworfen.
1 Nur in einigen Verfassungen ist den Ständen in gewissen
Fällen das Recht gegeben, sich selbst zu versammeln, z. B. im
Falle eines Thronwechsels, sofern sie nicht innerhalb einer be-
stimmten Frist berufen werden.
2 Die Landtage, welche in regelmässigen Perioden, meist
zusammenfallend mit den Budgetperioden, eintreten, heissen
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[130/0148] Zweiter Abschnitt. Gewählten findet kein rechtlicher Zusammenhang statt; die Aufgabe der Wähler ist mit der vollzogenen Wahl beendigt, und es steht ihnen ein rechtlicher Einfluss auf den Gewählten nicht zu, der allein nach eigener Ueber- zeugung auf Grund seiner verfassungsmässigen Ver- pflichtung und nicht aus ihrem Willen heraus zu han- deln hat. 9 4. Die Formen des Geschäftslebens der Landstände. §. 42. Die Landstände können sich nicht kraft eigenen Entschlusses zu öffentlicher Wirksamkeit versammeln, 1 sondern nur in Folge einer Berufung des Monarchen, welche aber in periodisch bestimmten Zeiten und aus Anlass besonderer Ereignisse statt finden muss. 2 Jede 8 9 Sie sind also nicht Mandatare der Wähler, nicht an In- structionen gebunden, keiner Kündigung unterworfen. 1 Nur in einigen Verfassungen ist den Ständen in gewissen Fällen das Recht gegeben, sich selbst zu versammeln, z. B. im Falle eines Thronwechsels, sofern sie nicht innerhalb einer be- stimmten Frist berufen werden. 2 Die Landtage, welche in regelmässigen Perioden, meist zusammenfallend mit den Budgetperioden, eintreten, heissen 8 Gründen, aus welchen oben die Pflicht der Uebernahme eines Staatsamts verneint wurde. Ebenso muss angenommen werden, dass der Austritt aus der Kammer freisteht (nach der Sächsischen Verfassung §. 66. nur aus besonderen Gründen). Andere Verlust- gründe der Eigenschaft eines Volksvertreters sind: Ablauf der Wahlperiode, oder Ausloosung; Verlust der Eigenschaften, welche fortdauernd vorausgesetzt werden; particularrechtlich die Er- langung eines Staats- oder Hofamts oder Aufrücken in einem solchen; Auflösung der Ständeversammlung; particularrechtlich der Ausschluss durch Kammerbeschluss. — Ueber die Nothwendig- keit oder das Recht der Wahl eines Stellvertreters sind die Ver- fassungen nicht übereinstimmend.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/148>, abgerufen am 26.04.2024.