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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Anlage der Mühlkanäle.

Die Abmessungen für den Mühlkanal werden in dem zuerst angenommenen Falle bei
einer Böschung von 45 Grad nach Seite 293 folgende seyn:

Die obere Breite 2,092 sqrt f = 6,276 Fuss, die untere Breite 0,613 sqrt f = 1,839 Fuss und
die Tiefe 0,740 sqrt f = 2,220 Fuss.

Soll jedoch das trapezförmige Profil nach der Beschaffenheit des Erdreichs bloss
mit einer Böschung von 36° 52Min. angelegt werden, so ist nach Seite 294 die Querschnitts-
fläche desselben = 18 e2 = 9, also e = 0,707 Fuss, demnach die obere Breite 10 e = 7,07
Fuss, die untere Breite 2 e = 1,41 Fuss und die Tiefe 3 e = 2,12 Fuss.

Wollte man aber die Geschwindigkeit des Wassers im Mühlkanale mit v = 2 Fuss
annehmen, so ist das auszuhebende Profil f = 4,5 Quadratfuss, demnach der kubische
Inhalt der Erdarbeit nur halb so gross. Jetzt wird aber der Fall, welchen dieser
Kanal erfordert, bei einer Böschung von 45 Grad, h = [Formel 1] = 1,65 Fuss betra-
gen, demnach zur Anlegung des Wasserrades nur die Fallhöhe von 10,35 F. übrig bleiben.

§. 219.

Bei der Berechnung der Anlage der Mühlkanäle nach den aufgestellten Formeln sind
noch folgende wesentliche Umstände zu berücksichtigen:

1tens, ob das Erdreich, worin der Kanal ausgegraben wird, von der Beschaffen-
heit ist, dass man zur Ersparung der Arbeit der Erdaushebung eine grössere Geschwin-
digkeit annehmen kann. Ist das Erdreich sehr leicht oder hat wenig Konsistenz, so
würde es bei einer grössern Geschwindigkeit angegriffen, und die Ufer durchgerissen
werden.

2tens. In dem letzten Falle ist zu untersuchen, ob das zur Erzielung einer
grössern Geschwindigkeit des Wassers im Mühlkanale verwendete, demnach für das
Wasserrad verlorene Gefälle nicht etwa für den Betrieb der Mühle einen grössern
Schaden bringe, als die Verminderung der Anlags- und Unterhaltungskosten des Mühl-
kanales beträgt.

3tens. So vortheilhaft es übrigens ist, dem Wasser im Mühlkanal eine kleinere
Geschwindigkeit zu geben, so ist doch im Gegentheile zu berücksichtigen, dass die
Verschlämmung eines solchen Mühlkanals, welche aus dem eingelassenen trüben Wasser
entsteht, um so grösser sey, je langsamer das Wasser darin fliesst, in welchem Falle
dann auch die Räumungskosten zur nöthigen Unterhaltung des Mühlkanals sich ver-
mehren.

4tens. Bei kleinen Kanälen, in welchen das Wasser langsam fliesst, ist auch
noch zu berücksichtigen, dass sie in kalten Klimaten zur Winterszeit gänzlich ausfrie-
ren, was aber bei einem tiefer und schneller fliessenden Wasser nicht eintritt.
In dieser Hinsicht werden solche Kanäle im Winter zugedeckt, um vorzüglich das
Einfallen des Schnees und das Ansetzen des Treibeises zu verhindern. Auch wird das
Wasser in solchen Mühlkanälen zu Anfang des Frostes durch Einschützen eine Zeitlang
höher gehalten, damit das Treibeis in die Höhe steigen und das Wasser an der Ober-
fläche einfrieren, für das darunter fliessende Wasser aber ein hinreichendes Profil
übrig bleiben möge.

Anlage der Mühlkanäle.

Die Abmessungen für den Mühlkanal werden in dem zuerst angenommenen Falle bei
einer Böschung von 45 Grad nach Seite 293 folgende seyn:

Die obere Breite 2,092 √ f = 6,276 Fuss, die untere Breite 0,613 √ f = 1,839 Fuss und
die Tiefe 0,740 √ f = 2,220 Fuss.

Soll jedoch das trapezförmige Profil nach der Beschaffenheit des Erdreichs bloss
mit einer Böschung von 36° 52Min. angelegt werden, so ist nach Seite 294 die Querschnitts-
fläche desselben = 18 e2 = 9, also e = 0,707 Fuss, demnach die obere Breite 10 e = 7,07
Fuss, die untere Breite 2 e = 1,41 Fuss und die Tiefe 3 e = 2,12 Fuss.

Wollte man aber die Geschwindigkeit des Wassers im Mühlkanale mit v = 2 Fuss
annehmen, so ist das auszuhebende Profil f = 4,5 Quadratfuss, demnach der kubische
Inhalt der Erdarbeit nur halb so gross. Jetzt wird aber der Fall, welchen dieser
Kanal erfordert, bei einer Böschung von 45 Grad, h = [Formel 1] = 1,65 Fuss betra-
gen, demnach zur Anlegung des Wasserrades nur die Fallhöhe von 10,35 F. übrig bleiben.

§. 219.

Bei der Berechnung der Anlage der Mühlkanäle nach den aufgestellten Formeln sind
noch folgende wesentliche Umstände zu berücksichtigen:

1tens, ob das Erdreich, worin der Kanal ausgegraben wird, von der Beschaffen-
heit ist, dass man zur Ersparung der Arbeit der Erdaushebung eine grössere Geschwin-
digkeit annehmen kann. Ist das Erdreich sehr leicht oder hat wenig Konsistenz, so
würde es bei einer grössern Geschwindigkeit angegriffen, und die Ufer durchgerissen
werden.

2tens. In dem letzten Falle ist zu untersuchen, ob das zur Erzielung einer
grössern Geschwindigkeit des Wassers im Mühlkanale verwendete, demnach für das
Wasserrad verlorene Gefälle nicht etwa für den Betrieb der Mühle einen grössern
Schaden bringe, als die Verminderung der Anlags- und Unterhaltungskosten des Mühl-
kanales beträgt.

3tens. So vortheilhaft es übrigens ist, dem Wasser im Mühlkanal eine kleinere
Geschwindigkeit zu geben, so ist doch im Gegentheile zu berücksichtigen, dass die
Verschlämmung eines solchen Mühlkanals, welche aus dem eingelassenen trüben Wasser
entsteht, um so grösser sey, je langsamer das Wasser darin fliesst, in welchem Falle
dann auch die Räumungskosten zur nöthigen Unterhaltung des Mühlkanals sich ver-
mehren.

4tens. Bei kleinen Kanälen, in welchen das Wasser langsam fliesst, ist auch
noch zu berücksichtigen, dass sie in kalten Klimaten zur Winterszeit gänzlich ausfrie-
ren, was aber bei einem tiefer und schneller fliessenden Wasser nicht eintritt.
In dieser Hinsicht werden solche Kanäle im Winter zugedeckt, um vorzüglich das
Einfallen des Schnees und das Ansetzen des Treibeises zu verhindern. Auch wird das
Wasser in solchen Mühlkanälen zu Anfang des Frostes durch Einschützen eine Zeitlang
höher gehalten, damit das Treibeis in die Höhe steigen und das Wasser an der Ober-
fläche einfrieren, für das darunter fliessende Wasser aber ein hinreichendes Profil
übrig bleiben möge.

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[296/0314] Anlage der Mühlkanäle. Die Abmessungen für den Mühlkanal werden in dem zuerst angenommenen Falle bei einer Böschung von 45 Grad nach Seite 293 folgende seyn: Die obere Breite 2,092 √ f = 6,276 Fuss, die untere Breite 0,613 √ f = 1,839 Fuss und die Tiefe 0,740 √ f = 2,220 Fuss. Soll jedoch das trapezförmige Profil nach der Beschaffenheit des Erdreichs bloss mit einer Böschung von 36° 52Min. angelegt werden, so ist nach Seite 294 die Querschnitts- fläche desselben = 18 e2 = 9, also e = 0,707 Fuss, demnach die obere Breite 10 e = 7,07 Fuss, die untere Breite 2 e = 1,41 Fuss und die Tiefe 3 e = 2,12 Fuss. Wollte man aber die Geschwindigkeit des Wassers im Mühlkanale mit v = 2 Fuss annehmen, so ist das auszuhebende Profil f = 4,5 Quadratfuss, demnach der kubische Inhalt der Erdarbeit nur halb so gross. Jetzt wird aber der Fall, welchen dieser Kanal erfordert, bei einer Böschung von 45 Grad, h = [FORMEL] = 1,65 Fuss betra- gen, demnach zur Anlegung des Wasserrades nur die Fallhöhe von 10,35 F. übrig bleiben. §. 219. Bei der Berechnung der Anlage der Mühlkanäle nach den aufgestellten Formeln sind noch folgende wesentliche Umstände zu berücksichtigen: 1tens, ob das Erdreich, worin der Kanal ausgegraben wird, von der Beschaffen- heit ist, dass man zur Ersparung der Arbeit der Erdaushebung eine grössere Geschwin- digkeit annehmen kann. Ist das Erdreich sehr leicht oder hat wenig Konsistenz, so würde es bei einer grössern Geschwindigkeit angegriffen, und die Ufer durchgerissen werden. 2tens. In dem letzten Falle ist zu untersuchen, ob das zur Erzielung einer grössern Geschwindigkeit des Wassers im Mühlkanale verwendete, demnach für das Wasserrad verlorene Gefälle nicht etwa für den Betrieb der Mühle einen grössern Schaden bringe, als die Verminderung der Anlags- und Unterhaltungskosten des Mühl- kanales beträgt. 3tens. So vortheilhaft es übrigens ist, dem Wasser im Mühlkanal eine kleinere Geschwindigkeit zu geben, so ist doch im Gegentheile zu berücksichtigen, dass die Verschlämmung eines solchen Mühlkanals, welche aus dem eingelassenen trüben Wasser entsteht, um so grösser sey, je langsamer das Wasser darin fliesst, in welchem Falle dann auch die Räumungskosten zur nöthigen Unterhaltung des Mühlkanals sich ver- mehren. 4tens. Bei kleinen Kanälen, in welchen das Wasser langsam fliesst, ist auch noch zu berücksichtigen, dass sie in kalten Klimaten zur Winterszeit gänzlich ausfrie- ren, was aber bei einem tiefer und schneller fliessenden Wasser nicht eintritt. In dieser Hinsicht werden solche Kanäle im Winter zugedeckt, um vorzüglich das Einfallen des Schnees und das Ansetzen des Treibeises zu verhindern. Auch wird das Wasser in solchen Mühlkanälen zu Anfang des Frostes durch Einschützen eine Zeitlang höher gehalten, damit das Treibeis in die Höhe steigen und das Wasser an der Ober- fläche einfrieren, für das darunter fliessende Wasser aber ein hinreichendes Profil übrig bleiben möge.

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/314>, abgerufen am 26.04.2024.