Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Artesische Brunnen.

Die Bestimmung der Fläche F des eingetauchten Schiffkörpers hängt von der Ge-
stalt des Schiffes ab. Ist F = B . y wie im vorigen §. angenommen wurde, so erhal-
ten wir das Moment der Stabilität = 56,4 B . y . L' . Sin b [Formel 1] und da wir im
§. 54. [Formel 2] = tang b = Sin b fanden, so ist das Moment = [Formel 3] wie
es früher gefunden wurde.

Wäre die Querschnittsfläche des Schiffes parabolisch, und die Tiefe, auf welcher es
im Wasser geht = y, so ist F = 2/3 B . y und daher das Moment der Stabilität
= 2/3 . 56,4 B . y . L' . Sin b [Formel 4] . Auch bei dieser Form des Schiffes gelten die
hinsichtlich der Stabilität im vorigen §. gemachten Folgerungen; nun sehen wir, dass
bei der Voraussetzung eines parabolischen Querschnittes das Schiff gar keine Stabilität
besitzet, wenn der Schwerpunkt des Schiffes sammt Ladung sich über dem Schwerpunkte
des verdrängten Wassers auf der Höhe e = [Formel 5] befindet. Da nun der Schwerpunkt des
verdrängten Wassers bei dem angenommenen parabolischen Querschnitte auf der Tiefe
2/5 y unter der Oberfläche des Wassers liegt, so ist die Stabilität des Schiffes auch = 0,
wenn der gemeinschaftliche Schwerpunkt der Ladung und des Schiffes auf der Höhe
e -- 2/5 y über der Oberfläche des Wassers sich befindet.

§. 57.

Auf dem Grundsatze der kommunizirenden Röhren beruhen auch die, vorzüglich
in neuern Zeiten in Anwendung gebrachten artesischen Brunnen (puits artesiens).
Um sich einen richtigen Begriff von denselben zu machen, bemerken wir, dass es über-
haupt dreierlei Arten von Brunnen gebe. 1tens. Seihbrunnen, Zieh- oder Pump-
brunnen
; dieses sind Gruben, welche mehr oder weniger tief, gewöhnlich 4 bis 6 Fuss
im Durchmesser in die Erde gegraben und dann ausgemauert oder mit Holz ausgezim-
mert werden, damit sich das Wasser von allen Seiten hineinziehen und nun mittelst
einer Pumpe, eines Brunnenzuges oder mit Handeimern herausgeschafft werden
könne. Diese Brunnen liegen gewöhnlich in dem schotterigen Untergrunde in der
Nähe der Flüsse, das Wasser steht in denselben eben so hoch als im Flusse und sie
werden gewöhnlich in Gärten, Wohngebäuden etc. angelegt. 2tens. Hydrostatische
Springbrunnen
oder Kunstbrunnen sind dagegen jene, die in den Ziergärten
oder auf den öffentlichen Plätzen der Städte angetroffen werden; man sammelt näm-
lich das Wasser in einem höher liegenden Bassin, führt es durch eine Röhrenleitung
an einen tiefen Ort und lässt es dort durch ein kurzes Ansatzrohr vertikal in die
Höhe springen. Wir werden die Grundsätze der Anlage dieser Brunnen später genau
kennen lernen. 3tens. Artesische- oder Springquell-Brunnen (fontaines
jaillissantes
) sind dagegen solche Brunnen, die aus einem gewöhnlich sehr tief
gebohrten Loche bestehen, welches bis zu einer oder mehreren unterirdischen
Quellen reicht, woraus das Wasser selbst aufsteigt und bis zur Oberfläche der Erde,
manchmal auch mehrere Fuss über dieselbe sich erhebt. Gewöhnlich sind die
Quellen, welche solche Brunnen speisen, in Lagern von grobem Kiese vorhanden;
manchmal liegt dieser Kies zwischen zwei Thon- oder Letten-(Tegel) Schichten, das

Artesische Brunnen.

Die Bestimmung der Fläche F des eingetauchten Schiffkörpers hängt von der Ge-
stalt des Schiffes ab. Ist F = B . y wie im vorigen §. angenommen wurde, so erhal-
ten wir das Moment der Stabilität = 56,4 B . y . L' . Sin β [Formel 1] und da wir im
§. 54. [Formel 2] = tang β = Sin β fanden, so ist das Moment = [Formel 3] wie
es früher gefunden wurde.

Wäre die Querschnittsfläche des Schiffes parabolisch, und die Tiefe, auf welcher es
im Wasser geht = y, so ist F = ⅔ B . y und daher das Moment der Stabilität
= ⅔ . 56,4 B . y . L' . Sin β [Formel 4] . Auch bei dieser Form des Schiffes gelten die
hinsichtlich der Stabilität im vorigen §. gemachten Folgerungen; nun sehen wir, dass
bei der Voraussetzung eines parabolischen Querschnittes das Schiff gar keine Stabilität
besitzet, wenn der Schwerpunkt des Schiffes sammt Ladung sich über dem Schwerpunkte
des verdrängten Wassers auf der Höhe e = [Formel 5] befindet. Da nun der Schwerpunkt des
verdrängten Wassers bei dem angenommenen parabolischen Querschnitte auf der Tiefe
⅖ y unter der Oberfläche des Wassers liegt, so ist die Stabilität des Schiffes auch = 0,
wenn der gemeinschaftliche Schwerpunkt der Ladung und des Schiffes auf der Höhe
e — ⅖ y über der Oberfläche des Wassers sich befindet.

§. 57.

Auf dem Grundsatze der kommunizirenden Röhren beruhen auch die, vorzüglich
in neuern Zeiten in Anwendung gebrachten artesischen Brunnen (puits artésiens).
Um sich einen richtigen Begriff von denselben zu machen, bemerken wir, dass es über-
haupt dreierlei Arten von Brunnen gebe. 1tens. Seihbrunnen, Zieh- oder Pump-
brunnen
; dieses sind Gruben, welche mehr oder weniger tief, gewöhnlich 4 bis 6 Fuss
im Durchmesser in die Erde gegraben und dann ausgemauert oder mit Holz ausgezim-
mert werden, damit sich das Wasser von allen Seiten hineinziehen und nun mittelst
einer Pumpe, eines Brunnenzuges oder mit Handeimern herausgeschafft werden
könne. Diese Brunnen liegen gewöhnlich in dem schotterigen Untergrunde in der
Nähe der Flüsse, das Wasser steht in denselben eben so hoch als im Flusse und sie
werden gewöhnlich in Gärten, Wohngebäuden etc. angelegt. 2tens. Hydrostatische
Springbrunnen
oder Kunstbrunnen sind dagegen jene, die in den Ziergärten
oder auf den öffentlichen Plätzen der Städte angetroffen werden; man sammelt näm-
lich das Wasser in einem höher liegenden Bassin, führt es durch eine Röhrenleitung
an einen tiefen Ort und lässt es dort durch ein kurzes Ansatzrohr vertikal in die
Höhe springen. Wir werden die Grundsätze der Anlage dieser Brunnen später genau
kennen lernen. 3tens. Artesische- oder Springquell-Brunnen (fontaines
jaillissantes
) sind dagegen solche Brunnen, die aus einem gewöhnlich sehr tief
gebohrten Loche bestehen, welches bis zu einer oder mehreren unterirdischen
Quellen reicht, woraus das Wasser selbst aufsteigt und bis zur Oberfläche der Erde,
manchmal auch mehrere Fuss über dieselbe sich erhebt. Gewöhnlich sind die
Quellen, welche solche Brunnen speisen, in Lagern von grobem Kiese vorhanden;
manchmal liegt dieser Kies zwischen zwei Thon- oder Letten-(Tegel) Schichten, das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0086" n="68"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Artesische Brunnen</hi>.</fw><lb/>
            <p>Die Bestimmung der Fläche F des eingetauchten Schiffkörpers hängt von der Ge-<lb/>
stalt des Schiffes ab. Ist F = B . y wie im vorigen §. angenommen wurde, so erhal-<lb/>
ten wir das Moment der Stabilität = 56,<hi rendition="#sub">4</hi> B . y . L' . Sin <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi> <formula/> und da wir im<lb/>
§. 54. <formula/> = tang <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi> = Sin <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi> fanden, so ist das Moment = <formula/> wie<lb/>
es früher gefunden wurde.</p><lb/>
            <p>Wäre die Querschnittsfläche des Schiffes parabolisch, und die Tiefe, auf welcher es<lb/>
im Wasser geht = y, so ist F = &#x2154; B . y und daher das Moment der Stabilität<lb/>
= &#x2154; . 56,<hi rendition="#sub">4</hi> B . y . L' . Sin <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi> <formula/>. Auch bei dieser Form des Schiffes gelten die<lb/>
hinsichtlich der Stabilität im vorigen §. gemachten Folgerungen; nun sehen wir, dass<lb/>
bei der Voraussetzung eines parabolischen Querschnittes das Schiff gar keine Stabilität<lb/>
besitzet, wenn der Schwerpunkt des Schiffes sammt Ladung sich über dem Schwerpunkte<lb/>
des verdrängten Wassers auf der Höhe e = <formula/> befindet. Da nun der Schwerpunkt des<lb/>
verdrängten Wassers bei dem angenommenen parabolischen Querschnitte auf der Tiefe<lb/>
&#x2156; y unter der Oberfläche des Wassers liegt, so ist die Stabilität des Schiffes auch = 0,<lb/>
wenn der gemeinschaftliche Schwerpunkt der Ladung und des Schiffes auf der Höhe<lb/>
e &#x2014; &#x2156; y über der Oberfläche des Wassers sich befindet.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 57.</head><lb/>
            <p>Auf dem Grundsatze der kommunizirenden Röhren beruhen auch die, vorzüglich<lb/>
in neuern Zeiten in Anwendung gebrachten <hi rendition="#g">artesischen Brunnen</hi> (<hi rendition="#i">puits artésiens</hi>).<lb/>
Um sich einen richtigen Begriff von denselben zu machen, bemerken wir, dass es über-<lb/>
haupt dreierlei Arten von Brunnen gebe. 1<hi rendition="#sup">tens</hi>. <hi rendition="#g">Seihbrunnen, Zieh-</hi> oder <hi rendition="#g">Pump-<lb/>
brunnen</hi>; dieses sind Gruben, welche mehr oder weniger tief, gewöhnlich 4 bis 6 Fuss<lb/>
im Durchmesser in die Erde gegraben und dann ausgemauert oder mit Holz ausgezim-<lb/>
mert werden, damit sich das Wasser von allen Seiten hineinziehen und nun mittelst<lb/>
einer Pumpe, eines Brunnenzuges oder mit Handeimern herausgeschafft werden<lb/>
könne. Diese Brunnen liegen gewöhnlich in dem schotterigen Untergrunde in der<lb/>
Nähe der Flüsse, das Wasser steht in denselben eben so hoch als im Flusse und sie<lb/>
werden gewöhnlich in Gärten, Wohngebäuden etc. angelegt. 2<hi rendition="#sup">tens</hi>. <hi rendition="#g">Hydrostatische<lb/>
Springbrunnen</hi> oder <hi rendition="#g">Kunstbrunnen</hi> sind dagegen jene, die in den Ziergärten<lb/>
oder auf den öffentlichen Plätzen der Städte angetroffen werden; man sammelt näm-<lb/>
lich das Wasser in einem höher liegenden Bassin, führt es durch eine Röhrenleitung<lb/>
an einen tiefen Ort und lässt es dort durch ein kurzes Ansatzrohr vertikal in die<lb/>
Höhe springen. Wir werden die Grundsätze der Anlage dieser Brunnen später genau<lb/>
kennen lernen. 3<hi rendition="#sup">tens</hi>. <hi rendition="#g">Artesische-</hi> oder <hi rendition="#g">Springquell-Brunnen</hi> (<hi rendition="#i">fontaines<lb/>
jaillissantes</hi>) sind dagegen solche Brunnen, die aus einem gewöhnlich sehr tief<lb/>
gebohrten Loche bestehen, welches bis zu einer oder mehreren unterirdischen<lb/>
Quellen reicht, woraus das Wasser selbst aufsteigt und bis zur Oberfläche der Erde,<lb/>
manchmal auch mehrere Fuss über dieselbe sich erhebt. Gewöhnlich sind die<lb/>
Quellen, welche solche Brunnen speisen, in Lagern von grobem Kiese vorhanden;<lb/>
manchmal liegt dieser Kies zwischen zwei Thon- oder Letten-(Tegel) Schichten, das<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0086] Artesische Brunnen. Die Bestimmung der Fläche F des eingetauchten Schiffkörpers hängt von der Ge- stalt des Schiffes ab. Ist F = B . y wie im vorigen §. angenommen wurde, so erhal- ten wir das Moment der Stabilität = 56,4 B . y . L' . Sin β [FORMEL] und da wir im §. 54. [FORMEL] = tang β = Sin β fanden, so ist das Moment = [FORMEL] wie es früher gefunden wurde. Wäre die Querschnittsfläche des Schiffes parabolisch, und die Tiefe, auf welcher es im Wasser geht = y, so ist F = ⅔ B . y und daher das Moment der Stabilität = ⅔ . 56,4 B . y . L' . Sin β [FORMEL]. Auch bei dieser Form des Schiffes gelten die hinsichtlich der Stabilität im vorigen §. gemachten Folgerungen; nun sehen wir, dass bei der Voraussetzung eines parabolischen Querschnittes das Schiff gar keine Stabilität besitzet, wenn der Schwerpunkt des Schiffes sammt Ladung sich über dem Schwerpunkte des verdrängten Wassers auf der Höhe e = [FORMEL] befindet. Da nun der Schwerpunkt des verdrängten Wassers bei dem angenommenen parabolischen Querschnitte auf der Tiefe ⅖ y unter der Oberfläche des Wassers liegt, so ist die Stabilität des Schiffes auch = 0, wenn der gemeinschaftliche Schwerpunkt der Ladung und des Schiffes auf der Höhe e — ⅖ y über der Oberfläche des Wassers sich befindet. §. 57. Auf dem Grundsatze der kommunizirenden Röhren beruhen auch die, vorzüglich in neuern Zeiten in Anwendung gebrachten artesischen Brunnen (puits artésiens). Um sich einen richtigen Begriff von denselben zu machen, bemerken wir, dass es über- haupt dreierlei Arten von Brunnen gebe. 1tens. Seihbrunnen, Zieh- oder Pump- brunnen; dieses sind Gruben, welche mehr oder weniger tief, gewöhnlich 4 bis 6 Fuss im Durchmesser in die Erde gegraben und dann ausgemauert oder mit Holz ausgezim- mert werden, damit sich das Wasser von allen Seiten hineinziehen und nun mittelst einer Pumpe, eines Brunnenzuges oder mit Handeimern herausgeschafft werden könne. Diese Brunnen liegen gewöhnlich in dem schotterigen Untergrunde in der Nähe der Flüsse, das Wasser steht in denselben eben so hoch als im Flusse und sie werden gewöhnlich in Gärten, Wohngebäuden etc. angelegt. 2tens. Hydrostatische Springbrunnen oder Kunstbrunnen sind dagegen jene, die in den Ziergärten oder auf den öffentlichen Plätzen der Städte angetroffen werden; man sammelt näm- lich das Wasser in einem höher liegenden Bassin, führt es durch eine Röhrenleitung an einen tiefen Ort und lässt es dort durch ein kurzes Ansatzrohr vertikal in die Höhe springen. Wir werden die Grundsätze der Anlage dieser Brunnen später genau kennen lernen. 3tens. Artesische- oder Springquell-Brunnen (fontaines jaillissantes) sind dagegen solche Brunnen, die aus einem gewöhnlich sehr tief gebohrten Loche bestehen, welches bis zu einer oder mehreren unterirdischen Quellen reicht, woraus das Wasser selbst aufsteigt und bis zur Oberfläche der Erde, manchmal auch mehrere Fuss über dieselbe sich erhebt. Gewöhnlich sind die Quellen, welche solche Brunnen speisen, in Lagern von grobem Kiese vorhanden; manchmal liegt dieser Kies zwischen zwei Thon- oder Letten-(Tegel) Schichten, das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/86
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/86>, abgerufen am 26.04.2024.