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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Torricelli'sche Leere.
Fig.
1.
Tab.
43.
als das Quecksilber innerhalb der Röhre auf dieselbe Fläche drückt, und dass der ge-
sammte Druck der Luft auf die ganze Erde nur eben so viel betrage, als ob dieselbe mit
Quecksilber 27 bis 28 Zoll hoch überschüttet wäre. Man nennt den Raum a b in der
Röhre, welcher luftleer bleibt, die Torricelli'sche Leere.

Nach diesem merkwürdigen Versuche sind wir im Stande, den Druck der Luft
auf eine jede Fläche
zu berechnen. Beträgt nämlich die Höhe des Quecksilbers
bei dem vorangeführten Versuche z. B. 28 N. Oe. Zoll, und ist die Fläche 1 Quadrat-
fuss gross, so ist der Druck auf diese Fläche, wenn wir die spezifische Schwere des
Quecksilbers mit 13,6 annehmen = [Formel 1] = 1789,76 Lb. Man nimmt die Ober-
fläche eines erwachsenen Menschen mit beiläufig 14 Quadratfuss an; der Druck der
Luft auf einen Menschen beträgt daher [Formel 2] = 25056,64 Lb oder 250,57 N. Oe. Ztr.
Diesen ungeheuern Druck empfinden wir desshalb nicht, weil die Luft auch vom Innern
unsers Körpers herauswirkt, zudem vermögen wir nicht, unsern Zustand mit jenem im
luftleeren Raume zu vergleichen. Wir wissen inzwischen, dass die Aenderungen des Zu-
standes der Luft auf die Gesundheit schwacher Personen einwirken, und dass selbst die
stärksten Menschen auf den höchsten Bergen, wo der Druck der Luft viel geringer als in den
Thälern ist, ein Uibelbefinden, Mattigkeit und Beklemmung empfinden, welches bloss dem
Drucke der im Innern des Körpers vorhandenen Luft nach aussen zuzuschreiben ist.

Es ist in vielen Fällen für die Rechnung vortheilhafter den Druck der Luft mit dem einer
Wassersäule zu vergleichen; es fragt sich daher, die Quecksilbersäule von 28 Zoll, welche
gewöhnlich dem Drucke der Luft gleichkommt, in eine eben so stark drückende Was-
sersäule zu verwandeln. Nennen wir die Querschnittsfläche des Quecksilbers im Rohre
= f, und die Höhe dieser Wassersäule = x, so haben wir wegen der angenommenen
Gleichheit des Druckes von einer Quecksilber- und Wassersäule die Gleichung
56,4 f . x = 13,6 . 56,4 [Formel 3] , woraus x nahe = 32 Fuss folgt; der Druck der atmo-
sphärischen Luft kommt daher einer Wassersäule von 32 Fuss gleich
.
Hieraus sehen wir nun schon, dass das Wasser durch den Druck der Luft höchstens auf
32 Fuss Höhe gehoben werden könne, und diese Höhe wird in höhern Gegenden, wo der
Druck der Luft geringer ist, auch weniger als in der Ebene betragen.

§. 61.

Das Experiment von Torricelli gab die Veranlassung zur Verfertigung der Baro-
meter
, oder Luftschweremesser. Man beobachtete nämlich, dass das Quecksilber in
der Glasröhre a d nicht immer auf derselben Höhe b c stehen blieb, sondern an einem
Tage stieg, an dem andern wieder herabfiel. Hieraus folgt offenbar, dass der Druck
der Luft nicht immer derselbe sey, sondern dass er zu- und abnehme. Man misst die
Grösse dieses Druckes mit dem Barometer, dessen Konstrukzion gewöhnlich wie Fig. 2
Fig.
2.
ist; er besteht nämlich aus einer umgebogenen bei a geschlossenen Glasröhre, die
unten mit einer offenen Kugel versehen ist, und mit Quecksilber gefüllt wird. Dieses
Barometer hat den Namen Kugelbarometer. Die Skale, welche hierbei angebracht

Torricelli’sche Leere.
Fig.
1.
Tab.
43.
als das Quecksilber innerhalb der Röhre auf dieselbe Fläche drückt, und dass der ge-
sammte Druck der Luft auf die ganze Erde nur eben so viel betrage, als ob dieselbe mit
Quecksilber 27 bis 28 Zoll hoch überschüttet wäre. Man nennt den Raum a b in der
Röhre, welcher luftleer bleibt, die Torricelli’sche Leere.

Nach diesem merkwürdigen Versuche sind wir im Stande, den Druck der Luft
auf eine jede Fläche
zu berechnen. Beträgt nämlich die Höhe des Quecksilbers
bei dem vorangeführten Versuche z. B. 28 N. Oe. Zoll, und ist die Fläche 1 Quadrat-
fuss gross, so ist der Druck auf diese Fläche, wenn wir die spezifische Schwere des
Quecksilbers mit 13,6 annehmen = [Formel 1] = 1789,76 ℔. Man nimmt die Ober-
fläche eines erwachsenen Menschen mit beiläufig 14 Quadratfuss an; der Druck der
Luft auf einen Menschen beträgt daher [Formel 2] = 25056,64 ℔ oder 250,57 N. Oe. Ztr.
Diesen ungeheuern Druck empfinden wir desshalb nicht, weil die Luft auch vom Innern
unsers Körpers herauswirkt, zudem vermögen wir nicht, unsern Zustand mit jenem im
luftleeren Raume zu vergleichen. Wir wissen inzwischen, dass die Aenderungen des Zu-
standes der Luft auf die Gesundheit schwacher Personen einwirken, und dass selbst die
stärksten Menschen auf den höchsten Bergen, wo der Druck der Luft viel geringer als in den
Thälern ist, ein Uibelbefinden, Mattigkeit und Beklemmung empfinden, welches bloss dem
Drucke der im Innern des Körpers vorhandenen Luft nach aussen zuzuschreiben ist.

Es ist in vielen Fällen für die Rechnung vortheilhafter den Druck der Luft mit dem einer
Wassersäule zu vergleichen; es fragt sich daher, die Quecksilbersäule von 28 Zoll, welche
gewöhnlich dem Drucke der Luft gleichkommt, in eine eben so stark drückende Was-
sersäule zu verwandeln. Nennen wir die Querschnittsfläche des Quecksilbers im Rohre
= f, und die Höhe dieser Wassersäule = x, so haben wir wegen der angenommenen
Gleichheit des Druckes von einer Quecksilber- und Wassersäule die Gleichung
56,4 f . x = 13,6 . 56,4 [Formel 3] , woraus x nahe = 32 Fuss folgt; der Druck der atmo-
sphärischen Luft kommt daher einer Wassersäule von 32 Fuss gleich
.
Hieraus sehen wir nun schon, dass das Wasser durch den Druck der Luft höchstens auf
32 Fuss Höhe gehoben werden könne, und diese Höhe wird in höhern Gegenden, wo der
Druck der Luft geringer ist, auch weniger als in der Ebene betragen.

§. 61.

Das Experiment von Torricelli gab die Veranlassung zur Verfertigung der Baro-
meter
, oder Luftschweremesser. Man beobachtete nämlich, dass das Quecksilber in
der Glasröhre a d nicht immer auf derselben Höhe b c stehen blieb, sondern an einem
Tage stieg, an dem andern wieder herabfiel. Hieraus folgt offenbar, dass der Druck
der Luft nicht immer derselbe sey, sondern dass er zu- und abnehme. Man misst die
Grösse dieses Druckes mit dem Barometer, dessen Konstrukzion gewöhnlich wie Fig. 2
Fig.
2.
ist; er besteht nämlich aus einer umgebogenen bei a geschlossenen Glasröhre, die
unten mit einer offenen Kugel versehen ist, und mit Quecksilber gefüllt wird. Dieses
Barometer hat den Namen Kugelbarometer. Die Skale, welche hierbei angebracht

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[74/0092] Torricelli’sche Leere. als das Quecksilber innerhalb der Röhre auf dieselbe Fläche drückt, und dass der ge- sammte Druck der Luft auf die ganze Erde nur eben so viel betrage, als ob dieselbe mit Quecksilber 27 bis 28 Zoll hoch überschüttet wäre. Man nennt den Raum a b in der Röhre, welcher luftleer bleibt, die Torricelli’sche Leere. Fig. 1. Tab. 43. Nach diesem merkwürdigen Versuche sind wir im Stande, den Druck der Luft auf eine jede Fläche zu berechnen. Beträgt nämlich die Höhe des Quecksilbers bei dem vorangeführten Versuche z. B. 28 N. Oe. Zoll, und ist die Fläche 1 Quadrat- fuss gross, so ist der Druck auf diese Fläche, wenn wir die spezifische Schwere des Quecksilbers mit 13,6 annehmen = [FORMEL] = 1789,76 ℔. Man nimmt die Ober- fläche eines erwachsenen Menschen mit beiläufig 14 Quadratfuss an; der Druck der Luft auf einen Menschen beträgt daher [FORMEL] = 25056,64 ℔ oder 250,57 N. Oe. Ztr. Diesen ungeheuern Druck empfinden wir desshalb nicht, weil die Luft auch vom Innern unsers Körpers herauswirkt, zudem vermögen wir nicht, unsern Zustand mit jenem im luftleeren Raume zu vergleichen. Wir wissen inzwischen, dass die Aenderungen des Zu- standes der Luft auf die Gesundheit schwacher Personen einwirken, und dass selbst die stärksten Menschen auf den höchsten Bergen, wo der Druck der Luft viel geringer als in den Thälern ist, ein Uibelbefinden, Mattigkeit und Beklemmung empfinden, welches bloss dem Drucke der im Innern des Körpers vorhandenen Luft nach aussen zuzuschreiben ist. Es ist in vielen Fällen für die Rechnung vortheilhafter den Druck der Luft mit dem einer Wassersäule zu vergleichen; es fragt sich daher, die Quecksilbersäule von 28 Zoll, welche gewöhnlich dem Drucke der Luft gleichkommt, in eine eben so stark drückende Was- sersäule zu verwandeln. Nennen wir die Querschnittsfläche des Quecksilbers im Rohre = f, und die Höhe dieser Wassersäule = x, so haben wir wegen der angenommenen Gleichheit des Druckes von einer Quecksilber- und Wassersäule die Gleichung 56,4 f . x = 13,6 . 56,4 [FORMEL], woraus x nahe = 32 Fuss folgt; der Druck der atmo- sphärischen Luft kommt daher einer Wassersäule von 32 Fuss gleich. Hieraus sehen wir nun schon, dass das Wasser durch den Druck der Luft höchstens auf 32 Fuss Höhe gehoben werden könne, und diese Höhe wird in höhern Gegenden, wo der Druck der Luft geringer ist, auch weniger als in der Ebene betragen. §. 61. Das Experiment von Torricelli gab die Veranlassung zur Verfertigung der Baro- meter, oder Luftschweremesser. Man beobachtete nämlich, dass das Quecksilber in der Glasröhre a d nicht immer auf derselben Höhe b c stehen blieb, sondern an einem Tage stieg, an dem andern wieder herabfiel. Hieraus folgt offenbar, dass der Druck der Luft nicht immer derselbe sey, sondern dass er zu- und abnehme. Man misst die Grösse dieses Druckes mit dem Barometer, dessen Konstrukzion gewöhnlich wie Fig. 2 ist; er besteht nämlich aus einer umgebogenen bei a geschlossenen Glasröhre, die unten mit einer offenen Kugel versehen ist, und mit Quecksilber gefüllt wird. Dieses Barometer hat den Namen Kugelbarometer. Die Skale, welche hierbei angebracht Fig. 2.

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/92>, abgerufen am 26.04.2024.