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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

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Bemerkungen.
man in diesem Falle schmiedeiserne Wellen brauchen, so muss ihr Durchmesser
6 . 0,963 = 5,78 Zoll, bei eichenen Wellen 6 . 2,238 = 13,43 Zoll und bei tannenen Wellen
6 . 2,06 = 12,36 Zoll betragen, wenn dieselben eben so stark wie die 6zöllige gusseiserne
Welle seyn sollen.

§. 78.

Die Vergleichung der Durchmesser massiver und hohler Wellen, welche einen gleichen
Widerstand in Hinsicht ihrer Biegung oder Torsion zu leisten haben, zeigt, dass es in
jedem Falle weit vortheilhafter sey, sich hohler Wellen zu bedienen. Diess ist auch
leicht begreiflich. Wird nämlich ein Zylinder bis auf die Hälfte seines Durchmessers aus-
gebohrt, so vermindert sich seine Durchschnittsfläche und folglich auch sein Gewicht um
den vierten Theil. Da aber die Widerstandsfähigkeiten massiver Zylinder sich wie die drit-
ten Potenzen ihrer Durchmesser verhalten, so beträgt der Widerstand des ausgebohrten
Theiles nur ein Achtel von jenem des ganzen Zylinders. Während man daher durch das
Ausbohren das Gewicht des Zylinders um den vierten Theil vermindert, wird die Festig-
keit desselben nur um den achten Theil geringer.

Bei den vorhergehenden Berechnungen haben wir den Durchmesser der Wellen so-
wohl nach dem Drucke, welchen sie auszuhalten haben, und nach der hierdurch bewirk-
ten Biegung, als auch nach der durch eine vorhandene Spannung bewirkten Torsion
derselben zu finden gelehrt. Es leuchtet von selbst ein, dass in jedem gegebenen Falle,
wo eine Welle diesen zwei einwirkenden Kräften begegnen soll, ihr Durchmesser immer
nach der grössten Kraft berechnet, oder der nach beiden Rechnungen ausfallende grössere
Werth für den Durchmesser angenommen werden muss.

Kommt eine lange Reihe liegender Wellen vor, wie z. B. in Fig. 18, Tab. 77, so müs-Fig.
18.
Tab.
77.

sen die Hälse oder Schläthe einen Durchmesser erhalten, welcher nach der, aus der Tor-
sionskraft abgeleiteten Gleichung berechnet wurde, und man thut gut, etwas wegen der
Abnützung hinzuzuschlagen. Wenn der Druck, welchen die zwischen den Hälsen liegen-
den Wellenstücke auszuhalten haben, keine grössere Stärke als jene für die Hälse
berechnete erfordert, so brauchen auch die Körper der Wellen nicht stärker als die
Schläthe zu seyn; gewöhnlich aber werden die Wellen in Hinsicht des Druckes, wel-
chen sie auszuhalten haben, etwas stärker als die Hälse gemacht. In den englischen
Fabriken pflegt man die Wellen zwischen den Hälsen quadratisch zu machen und sie dann
Schafte (shafts) zu nennen. Die Anordnung und Aufstellung dieser Schaftverbindun-
gen (shaftwork) in einer Fabrike ist immer ein wichtiger Gegenstand jedes Maschinen-
bauers und es werden in den englischen Maschinenfabriken gewöhnlich eigene Arbeiter
hiezu verwendet, die dann auch die Schaftverbindungen an dem bestimmten Orte aufstel-
len, wo die weitere Aufstellung der Spinn-, Webe- oder andern Maschinen wieder von
andern Personen besorgt wird.

§. 79.

Buchanan gibt in seinem Werke noch folgende Tabelle über die Dimensionen von
solchen Schaften an, die einen Torsionswiderstand und zugleich noch einen beträchtli-
chen Druck auszuhalten haben; diese Schafte wurden von einem erfahrenen englischen

Bemerkungen.
man in diesem Falle schmiedeiserne Wellen brauchen, so muss ihr Durchmesser
6 . 0,963 = 5,78 Zoll, bei eichenen Wellen 6 . 2,238 = 13,43 Zoll und bei tannenen Wellen
6 . 2,06 = 12,36 Zoll betragen, wenn dieselben eben so stark wie die 6zöllige gusseiserne
Welle seyn sollen.

§. 78.

Die Vergleichung der Durchmesser massiver und hohler Wellen, welche einen gleichen
Widerstand in Hinsicht ihrer Biegung oder Torsion zu leisten haben, zeigt, dass es in
jedem Falle weit vortheilhafter sey, sich hohler Wellen zu bedienen. Diess ist auch
leicht begreiflich. Wird nämlich ein Zylinder bis auf die Hälfte seines Durchmessers aus-
gebohrt, so vermindert sich seine Durchschnittsfläche und folglich auch sein Gewicht um
den vierten Theil. Da aber die Widerstandsfähigkeiten massiver Zylinder sich wie die drit-
ten Potenzen ihrer Durchmesser verhalten, so beträgt der Widerstand des ausgebohrten
Theiles nur ein Achtel von jenem des ganzen Zylinders. Während man daher durch das
Ausbohren das Gewicht des Zylinders um den vierten Theil vermindert, wird die Festig-
keit desselben nur um den achten Theil geringer.

Bei den vorhergehenden Berechnungen haben wir den Durchmesser der Wellen so-
wohl nach dem Drucke, welchen sie auszuhalten haben, und nach der hierdurch bewirk-
ten Biegung, als auch nach der durch eine vorhandene Spannung bewirkten Torsion
derselben zu finden gelehrt. Es leuchtet von selbst ein, dass in jedem gegebenen Falle,
wo eine Welle diesen zwei einwirkenden Kräften begegnen soll, ihr Durchmesser immer
nach der grössten Kraft berechnet, oder der nach beiden Rechnungen ausfallende grössere
Werth für den Durchmesser angenommen werden muss.

Kommt eine lange Reihe liegender Wellen vor, wie z. B. in Fig. 18, Tab. 77, so müs-Fig.
18.
Tab.
77.

sen die Hälse oder Schläthe einen Durchmesser erhalten, welcher nach der, aus der Tor-
sionskraft abgeleiteten Gleichung berechnet wurde, und man thut gut, etwas wegen der
Abnützung hinzuzuschlagen. Wenn der Druck, welchen die zwischen den Hälsen liegen-
den Wellenstücke auszuhalten haben, keine grössere Stärke als jene für die Hälse
berechnete erfordert, so brauchen auch die Körper der Wellen nicht stärker als die
Schläthe zu seyn; gewöhnlich aber werden die Wellen in Hinsicht des Druckes, wel-
chen sie auszuhalten haben, etwas stärker als die Hälse gemacht. In den englischen
Fabriken pflegt man die Wellen zwischen den Hälsen quadratisch zu machen und sie dann
Schafte (shafts) zu nennen. Die Anordnung und Aufstellung dieser Schaftverbindun-
gen (shaftwork) in einer Fabrike ist immer ein wichtiger Gegenstand jedes Maschinen-
bauers und es werden in den englischen Maschinenfabriken gewöhnlich eigene Arbeiter
hiezu verwendet, die dann auch die Schaftverbindungen an dem bestimmten Orte aufstel-
len, wo die weitere Aufstellung der Spinn-, Webe- oder andern Maschinen wieder von
andern Personen besorgt wird.

§. 79.

Buchanan gibt in seinem Werke noch folgende Tabelle über die Dimensionen von
solchen Schaften an, die einen Torsionswiderstand und zugleich noch einen beträchtli-
chen Druck auszuhalten haben; diese Schafte wurden von einem erfahrenen englischen

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[111/0147] Bemerkungen. man in diesem Falle schmiedeiserne Wellen brauchen, so muss ihr Durchmesser 6 . 0,963 = 5,78 Zoll, bei eichenen Wellen 6 . 2,238 = 13,43 Zoll und bei tannenen Wellen 6 . 2,06 = 12,36 Zoll betragen, wenn dieselben eben so stark wie die 6zöllige gusseiserne Welle seyn sollen. §. 78. Die Vergleichung der Durchmesser massiver und hohler Wellen, welche einen gleichen Widerstand in Hinsicht ihrer Biegung oder Torsion zu leisten haben, zeigt, dass es in jedem Falle weit vortheilhafter sey, sich hohler Wellen zu bedienen. Diess ist auch leicht begreiflich. Wird nämlich ein Zylinder bis auf die Hälfte seines Durchmessers aus- gebohrt, so vermindert sich seine Durchschnittsfläche und folglich auch sein Gewicht um den vierten Theil. Da aber die Widerstandsfähigkeiten massiver Zylinder sich wie die drit- ten Potenzen ihrer Durchmesser verhalten, so beträgt der Widerstand des ausgebohrten Theiles nur ein Achtel von jenem des ganzen Zylinders. Während man daher durch das Ausbohren das Gewicht des Zylinders um den vierten Theil vermindert, wird die Festig- keit desselben nur um den achten Theil geringer. Bei den vorhergehenden Berechnungen haben wir den Durchmesser der Wellen so- wohl nach dem Drucke, welchen sie auszuhalten haben, und nach der hierdurch bewirk- ten Biegung, als auch nach der durch eine vorhandene Spannung bewirkten Torsion derselben zu finden gelehrt. Es leuchtet von selbst ein, dass in jedem gegebenen Falle, wo eine Welle diesen zwei einwirkenden Kräften begegnen soll, ihr Durchmesser immer nach der grössten Kraft berechnet, oder der nach beiden Rechnungen ausfallende grössere Werth für den Durchmesser angenommen werden muss. Kommt eine lange Reihe liegender Wellen vor, wie z. B. in Fig. 18, Tab. 77, so müs- sen die Hälse oder Schläthe einen Durchmesser erhalten, welcher nach der, aus der Tor- sionskraft abgeleiteten Gleichung berechnet wurde, und man thut gut, etwas wegen der Abnützung hinzuzuschlagen. Wenn der Druck, welchen die zwischen den Hälsen liegen- den Wellenstücke auszuhalten haben, keine grössere Stärke als jene für die Hälse berechnete erfordert, so brauchen auch die Körper der Wellen nicht stärker als die Schläthe zu seyn; gewöhnlich aber werden die Wellen in Hinsicht des Druckes, wel- chen sie auszuhalten haben, etwas stärker als die Hälse gemacht. In den englischen Fabriken pflegt man die Wellen zwischen den Hälsen quadratisch zu machen und sie dann Schafte (shafts) zu nennen. Die Anordnung und Aufstellung dieser Schaftverbindun- gen (shaftwork) in einer Fabrike ist immer ein wichtiger Gegenstand jedes Maschinen- bauers und es werden in den englischen Maschinenfabriken gewöhnlich eigene Arbeiter hiezu verwendet, die dann auch die Schaftverbindungen an dem bestimmten Orte aufstel- len, wo die weitere Aufstellung der Spinn-, Webe- oder andern Maschinen wieder von andern Personen besorgt wird. Fig. 18. Tab. 77. §. 79. Buchanan gibt in seinem Werke noch folgende Tabelle über die Dimensionen von solchen Schaften an, die einen Torsionswiderstand und zugleich noch einen beträchtli- chen Druck auszuhalten haben; diese Schafte wurden von einem erfahrenen englischen

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/147>, abgerufen am 26.04.2024.