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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

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LYCAS und MILON.

DEr junge Sänger Milon; denn auf seinem zar-
ten Kinn stunden die Haare noch selten, so wie
das zarte Gras im jungen Frühling aus spätgefall-
nem Schnee nur selten vorkeimt; und Lycas mit
dem schöngelokten Haar, gelb wie die reife Saat,
kamen zusamen mit der blökenden Herde, hinter
dem Buchwald. Sey mir gegrüsst Lycas, sprach
der Sänger Milon und bot ihm die Hand, sey
mir gegrüsst, lass in den Buchwald uns gehn,
indess irrt unsere Herde im fetten Gras am Teich,
mein wacher Hund wirds nicht zugeben dass sie
sich zerstreue.

Lycas. Nein Milon, wir wollen hier unter
dem gewölbten stozigten Felsen uns sezen,
es liegen da heruntergerissene Stüke mit sanf-
tem Moos bedekt. Dort ists lieblich und kühl,
sieh wie der klare Bach staubend ins wankende

LYCAS und MILON.

DEr junge Sänger Milon; denn auf ſeinem zar-
ten Kinn ſtunden die Haare noch ſelten, ſo wie
das zarte Gras im jungen Frühling aus ſpätgefall-
nem Schnee nur ſelten vorkeimt; und Lycas mit
dem ſchöngelokten Haar, gelb wie die reife Saat,
kamen zuſamen mit der blökenden Herde, hinter
dem Buchwald. Sey mir gegrüſst Lycas, ſprach
der Sänger Milon und bot ihm die Hand, ſey
mir gegrüſst, laſs in den Buchwald uns gehn,
indeſs irrt unſere Herde im fetten Gras am Teich,
mein wacher Hund wirds nicht zugeben daſs ſie
ſich zerſtreue.

Lycas. Nein Milon, wir wollen hier unter
dem gewölbten ſtozigten Felſen uns ſezen,
es liegen da heruntergeriſſene Stüke mit ſanf-
tem Moos bedekt. Dort iſts lieblich und kühl,
ſieh wie der klare Bach ſtaubend ins wankende

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[31/0036] LYCAS und MILON. DEr junge Sänger Milon; denn auf ſeinem zar- ten Kinn ſtunden die Haare noch ſelten, ſo wie das zarte Gras im jungen Frühling aus ſpätgefall- nem Schnee nur ſelten vorkeimt; und Lycas mit dem ſchöngelokten Haar, gelb wie die reife Saat, kamen zuſamen mit der blökenden Herde, hinter dem Buchwald. Sey mir gegrüſst Lycas, ſprach der Sänger Milon und bot ihm die Hand, ſey mir gegrüſst, laſs in den Buchwald uns gehn, indeſs irrt unſere Herde im fetten Gras am Teich, mein wacher Hund wirds nicht zugeben daſs ſie ſich zerſtreue. Lycas. Nein Milon, wir wollen hier unter dem gewölbten ſtozigten Felſen uns ſezen, es liegen da heruntergeriſſene Stüke mit ſanf- tem Moos bedekt. Dort iſts lieblich und kühl, ſieh wie der klare Bach ſtaubend ins wankende

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Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/36>, abgerufen am 26.04.2024.