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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789.

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auch bald nachher blühen, bringen bey uns am ersten
Saamen und Früchte, weil ihnen nicht ein so großer
Grad von Wärme nöthig ist, als denen, die in der
Mitte des dortigen Sommers, wenn die Sonne am
höchsten steht, ihre Blumen hervor bringen. Selbst
schon die eingekerkerte Luft der Gewächshäuser, die
doch bey aller Vorsicht nicht so wie im natürlichen Va-
teriande beschaffen ist, mag Schuld an dem Abfallen
so vieler Blumen seyn; aber noch einen wichtigern
Grund findet man in den Honigbehältnissen. Diese
haben auf den Stand und Zweck der Blume mehr
Einfluß, als man vielleicht glaubt. Von ihnen hängt
bey vielen Pflanzen die Begattung ab. Sie wirken,
wie man gleich sehn wird, nicht unmittelbar auf die Be-
fruchtung, indeß hängen sie doch mit dieser auf eine
wunderbare Art zusammen. Es ist jedermann be-
kannt, wie dergleichen Gewächse fast immer beschaffen
sind, ihr fehlerhafter Bau liegt gemeinhin bloß in den
männlichen Theilen. Die weiblichen Theile werden
selten Fehler zeigen. Nun wissen wir ferner, daß der
befruchtende Theil im Staube der Antheren bloßes
Oel ist. Dies Oel geht bis zu dem Gerinnen und be-
wirkt dadurch das Ausbilden der Frucht. Es ist auch
bekannt, wie wenige Zwitterpflanzen das Werk der
Begattung selbst verrichten können, sondern das reiche
Heer der Insecten zur Hülfe haben müßen. Diesen
hat die Natur den süßen Honig angewiesen, der im
Grunde der Blume sich so häufig sammlet. Jede
Blume enthält etwas Honig, oder sondert doch wel-
chen ab, sollte sie auch nur diesen süßen Saft ausdün-
sten. Die Erfahrung bestätiget uns dies bei heißen
Sommertagen, wo man öfters in Wäldern einen ho-
nigartigen süßen Geruch wahrnimmt, der sich auch
auf die Blätter verschiedener Bäume oder Pflanzen
sammlet und diese fleckig macht, wenn nicht bald ein
Regen eintritt, der sie von dieser Feuchtigkeit befreyt.

Jede

auch bald nachher bluͤhen, bringen bey uns am erſten
Saamen und Fruͤchte, weil ihnen nicht ein ſo großer
Grad von Waͤrme noͤthig iſt, als denen, die in der
Mitte des dortigen Sommers, wenn die Sonne am
hoͤchſten ſteht, ihre Blumen hervor bringen. Selbſt
ſchon die eingekerkerte Luft der Gewaͤchshaͤuſer, die
doch bey aller Vorſicht nicht ſo wie im natuͤrlichen Va-
teriande beſchaffen iſt, mag Schuld an dem Abfallen
ſo vieler Blumen ſeyn; aber noch einen wichtigern
Grund findet man in den Honigbehaͤltniſſen. Dieſe
haben auf den Stand und Zweck der Blume mehr
Einfluß, als man vielleicht glaubt. Von ihnen haͤngt
bey vielen Pflanzen die Begattung ab. Sie wirken,
wie man gleich ſehn wird, nicht unmittelbar auf die Be-
fruchtung, indeß haͤngen ſie doch mit dieſer auf eine
wunderbare Art zuſammen. Es iſt jedermann be-
kannt, wie dergleichen Gewaͤchſe faſt immer beſchaffen
ſind, ihr fehlerhafter Bau liegt gemeinhin bloß in den
maͤnnlichen Theilen. Die weiblichen Theile werden
ſelten Fehler zeigen. Nun wiſſen wir ferner, daß der
befruchtende Theil im Staube der Antheren bloßes
Oel iſt. Dies Oel geht bis zu dem Gerinnen und be-
wirkt dadurch das Ausbilden der Frucht. Es iſt auch
bekannt, wie wenige Zwitterpflanzen das Werk der
Begattung ſelbſt verrichten koͤnnen, ſondern das reiche
Heer der Inſecten zur Huͤlfe haben muͤßen. Dieſen
hat die Natur den ſuͤßen Honig angewieſen, der im
Grunde der Blume ſich ſo haͤufig ſammlet. Jede
Blume enthaͤlt etwas Honig, oder ſondert doch wel-
chen ab, ſollte ſie auch nur dieſen ſuͤßen Saft ausduͤn-
ſten. Die Erfahrung beſtaͤtiget uns dies bei heißen
Sommertagen, wo man oͤfters in Waͤldern einen ho-
nigartigen ſuͤßen Geruch wahrnimmt, der ſich auch
auf die Blaͤtter verſchiedener Baͤume oder Pflanzen
ſammlet und dieſe fleckig macht, wenn nicht bald ein
Regen eintritt, der ſie von dieſer Feuchtigkeit befreyt.

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[173/0183] auch bald nachher bluͤhen, bringen bey uns am erſten Saamen und Fruͤchte, weil ihnen nicht ein ſo großer Grad von Waͤrme noͤthig iſt, als denen, die in der Mitte des dortigen Sommers, wenn die Sonne am hoͤchſten ſteht, ihre Blumen hervor bringen. Selbſt ſchon die eingekerkerte Luft der Gewaͤchshaͤuſer, die doch bey aller Vorſicht nicht ſo wie im natuͤrlichen Va- teriande beſchaffen iſt, mag Schuld an dem Abfallen ſo vieler Blumen ſeyn; aber noch einen wichtigern Grund findet man in den Honigbehaͤltniſſen. Dieſe haben auf den Stand und Zweck der Blume mehr Einfluß, als man vielleicht glaubt. Von ihnen haͤngt bey vielen Pflanzen die Begattung ab. Sie wirken, wie man gleich ſehn wird, nicht unmittelbar auf die Be- fruchtung, indeß haͤngen ſie doch mit dieſer auf eine wunderbare Art zuſammen. Es iſt jedermann be- kannt, wie dergleichen Gewaͤchſe faſt immer beſchaffen ſind, ihr fehlerhafter Bau liegt gemeinhin bloß in den maͤnnlichen Theilen. Die weiblichen Theile werden ſelten Fehler zeigen. Nun wiſſen wir ferner, daß der befruchtende Theil im Staube der Antheren bloßes Oel iſt. Dies Oel geht bis zu dem Gerinnen und be- wirkt dadurch das Ausbilden der Frucht. Es iſt auch bekannt, wie wenige Zwitterpflanzen das Werk der Begattung ſelbſt verrichten koͤnnen, ſondern das reiche Heer der Inſecten zur Huͤlfe haben muͤßen. Dieſen hat die Natur den ſuͤßen Honig angewieſen, der im Grunde der Blume ſich ſo haͤufig ſammlet. Jede Blume enthaͤlt etwas Honig, oder ſondert doch wel- chen ab, ſollte ſie auch nur dieſen ſuͤßen Saft ausduͤn- ſten. Die Erfahrung beſtaͤtiget uns dies bei heißen Sommertagen, wo man oͤfters in Waͤldern einen ho- nigartigen ſuͤßen Geruch wahrnimmt, der ſich auch auf die Blaͤtter verſchiedener Baͤume oder Pflanzen ſammlet und dieſe fleckig macht, wenn nicht bald ein Regen eintritt, der ſie von dieſer Feuchtigkeit befreyt. Jede

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/183>, abgerufen am 26.04.2024.