Da wir bey unseren Betrachtungen vom Standpunkte der Poesie entweder ausgehen oder doch auf denselben zurückkehren, so wird es unsern Zwecken angemessen seyn von genanntem ausserordentlichen Manne vorerst zu erzählen, wie er heftig behauptet und betheuert: er sey Prophet und nicht Poet und daher auch sein Koran als göttli- ches Gesetz und nicht etwa als menschliches Buch, zum Unterricht oder zum Vergnügen, anzusehen. Wollen wir nun den Unterschied zwischen Poeten und Propheten näher an- deuten, so sagen wir: beyde sind von einem Gott ergriffen und befeuert, der Poet aber vergeudet die ihm verliehene Gabe im Ge- nuss, um Genuss hervorzubringen, Ehre durch das Hervorgebrachte zu erlangen, al- lenfalls ein bequemes Leben. Alle übrigen Zwecke versäumt er, sucht mannigfaltig zu
Mahomet.
Da wir bey unseren Betrachtungen vom Standpunkte der Poesie entweder ausgehen oder doch auf denselben zurückkehren, so wird es unsern Zwecken angemessen seyn von genanntem auſserordentlichen Manne vorerst zu erzählen, wie er heftig behauptet und betheuert: er sey Prophet und nicht Poet und daher auch sein Koran als göttli- ches Gesetz und nicht etwa als menschliches Buch, zum Unterricht oder zum Vergnügen, anzusehen. Wollen wir nun den Unterschied zwischen Poeten und Propheten näher an- deuten, so sagen wir: beyde sind von einem Gott ergriffen und befeuert, der Poet aber vergeudet die ihm verliehene Gabe im Ge- nuſs, um Genuſs hervorzubringen, Ehre durch das Hervorgebrachte zu erlangen, al- lenfalls ein bequemes Leben. Alle übrigen Zwecke versäumt er, sucht mannigfaltig zu
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Mahomet.
Da wir bey unseren Betrachtungen vom
Standpunkte der Poesie entweder ausgehen
oder doch auf denselben zurückkehren, so
wird es unsern Zwecken angemessen seyn
von genanntem auſserordentlichen Manne
vorerst zu erzählen, wie er heftig behauptet
und betheuert: er sey Prophet und nicht
Poet und daher auch sein Koran als göttli-
ches Gesetz und nicht etwa als menschliches
Buch, zum Unterricht oder zum Vergnügen,
anzusehen. Wollen wir nun den Unterschied
zwischen Poeten und Propheten näher an-
deuten, so sagen wir: beyde sind von einem
Gott ergriffen und befeuert, der Poet aber
vergeudet die ihm verliehene Gabe im Ge-
nuſs, um Genuſs hervorzubringen, Ehre
durch das Hervorgebrachte zu erlangen, al-
lenfalls ein bequemes Leben. Alle übrigen
Zwecke versäumt er, sucht mannigfaltig zu
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/290>, abgerufen am 26.04.2024.
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