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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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der Fülle der Welt seinen Theil dahin neh-
mend, in die Geheimnisse der Gottheit von
fern hinein blickend, dagegen aber auch
einmal Religionsübung und Sinnenlust ab-
lehnend, eins wie das andere; wie denn
überhaupt diese Dichtart, was sie auch zu
befördern und zu lehren scheint, durch-
aus eine sceptische Beweglichkeit behalten
muss.


Dschami.

Stirbt 1494, alt 82 Jahre.


Dschami fasst die ganze Erndte der
bisherigen Bemühungen zusammen und zieht
die Summe der religiosen, philosophischen,
wissenschaftlichen, prosaisch-poetischen
Cultur. Er hat einen grossen Vortheil drey
und zwanzig Jahre nach Hafis Tode gebo-
ren zu werden und als Jüngling abermals
ein ganz freyes Feld vor sich zu finden.
Die grösste Klarheit und Besonnenheit ist
sein Eigenthum. Nun versucht und leistet

der Fülle der Welt seinen Theil dahin neh-
mend, in die Geheimnisse der Gottheit von
fern hinein blickend, dagegen aber auch
einmal Religionsübung und Sinnenlust ab-
lehnend, eins wie das andere; wie denn
überhaupt diese Dichtart, was sie auch zu
befördern und zu lehren scheint, durch-
aus eine sceptische Beweglichkeit behalten
muſs.


Dschami.

Stirbt 1494, alt 82 Jahre.


Dschami faſst die ganze Erndte der
bisherigen Bemühungen zusammen und zieht
die Summe der religiosen, philosophischen,
wissenschaftlichen, prosaisch-poetischen
Cultur. Er hat einen groſsen Vortheil drey
und zwanzig Jahre nach Hafis Tode gebo-
ren zu werden und als Jüngling abermals
ein ganz freyes Feld vor sich zu finden.
Die gröſste Klarheit und Besonnenheit ist
sein Eigenthum. Nun versucht und leistet

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[318/0328] der Fülle der Welt seinen Theil dahin neh- mend, in die Geheimnisse der Gottheit von fern hinein blickend, dagegen aber auch einmal Religionsübung und Sinnenlust ab- lehnend, eins wie das andere; wie denn überhaupt diese Dichtart, was sie auch zu befördern und zu lehren scheint, durch- aus eine sceptische Beweglichkeit behalten muſs. Dschami. Stirbt 1494, alt 82 Jahre. Dschami faſst die ganze Erndte der bisherigen Bemühungen zusammen und zieht die Summe der religiosen, philosophischen, wissenschaftlichen, prosaisch-poetischen Cultur. Er hat einen groſsen Vortheil drey und zwanzig Jahre nach Hafis Tode gebo- ren zu werden und als Jüngling abermals ein ganz freyes Feld vor sich zu finden. Die gröſste Klarheit und Besonnenheit ist sein Eigenthum. Nun versucht und leistet

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/328>, abgerufen am 27.04.2024.