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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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Weise an, so wird man völlig wie bey dem oben
beschriebenen bemerken, daß bey gelindem Druck die
grünen und purpurnen Wellen zum Vorschein kommen,
beym stärkeren aber Streifen, welche blau, purpurn
und gelb sind, sich isoliren. In dem ersten Falle be-
rühren sich ihre Außenseiten, in dem zweyten sind sie
durch einen silberweißen Raum getrennt.

441.

Ehe wir nun zur fernern Bestimmung dieses Phä-
nomens übergehen, wollen wir die bequemste Art, das-
selbe hervorzubringen, mittheilen.

Man lege ein großes Convexglas vor sich auf den
Tisch gegen ein Fenster, und auf dasselbe eine Tafel
wohlgeschliffenen Spiegelglases, ungefähr von der Größe
einer Spielcharte; so wird die bloße Schwere der Ta-
fel sie schon dergestalt andrücken, daß eins oder das
andre der beschriebenen Phänomene entsteht, und man
wird schon durch die verschiedene Schwere der Glas-
tafel, durch andre Zufälligkeiten, wie z. B. wenn
man die Glastafel auf die abhängende Seite des Con-
vexglases führt, wo sie nicht so stark aufdrückt als in
der Mitte, alle von uns beschriebenen Grade nach und
nach hervorbringen können.

442.

Um das Phänomen zu bemerken, muß man schief
auf die Fläche sehen, auf welcher uns dasselbe er-
scheint. Aeußerst merkwürdig ist aber, daß, wenn
man sich immer mehr neigt, und unter einem spitzeren

Weiſe an, ſo wird man voͤllig wie bey dem oben
beſchriebenen bemerken, daß bey gelindem Druck die
gruͤnen und purpurnen Wellen zum Vorſchein kommen,
beym ſtaͤrkeren aber Streifen, welche blau, purpurn
und gelb ſind, ſich iſoliren. In dem erſten Falle be-
ruͤhren ſich ihre Außenſeiten, in dem zweyten ſind ſie
durch einen ſilberweißen Raum getrennt.

441.

Ehe wir nun zur fernern Beſtimmung dieſes Phaͤ-
nomens uͤbergehen, wollen wir die bequemſte Art, daſ-
ſelbe hervorzubringen, mittheilen.

Man lege ein großes Convexglas vor ſich auf den
Tiſch gegen ein Fenſter, und auf daſſelbe eine Tafel
wohlgeſchliffenen Spiegelglaſes, ungefaͤhr von der Groͤße
einer Spielcharte; ſo wird die bloße Schwere der Ta-
fel ſie ſchon dergeſtalt andruͤcken, daß eins oder das
andre der beſchriebenen Phaͤnomene entſteht, und man
wird ſchon durch die verſchiedene Schwere der Glas-
tafel, durch andre Zufaͤlligkeiten, wie z. B. wenn
man die Glastafel auf die abhaͤngende Seite des Con-
vexglaſes fuͤhrt, wo ſie nicht ſo ſtark aufdruͤckt als in
der Mitte, alle von uns beſchriebenen Grade nach und
nach hervorbringen koͤnnen.

442.

Um das Phaͤnomen zu bemerken, muß man ſchief
auf die Flaͤche ſehen, auf welcher uns daſſelbe er-
ſcheint. Aeußerſt merkwuͤrdig iſt aber, daß, wenn
man ſich immer mehr neigt, und unter einem ſpitzeren

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[169/0223] Weiſe an, ſo wird man voͤllig wie bey dem oben beſchriebenen bemerken, daß bey gelindem Druck die gruͤnen und purpurnen Wellen zum Vorſchein kommen, beym ſtaͤrkeren aber Streifen, welche blau, purpurn und gelb ſind, ſich iſoliren. In dem erſten Falle be- ruͤhren ſich ihre Außenſeiten, in dem zweyten ſind ſie durch einen ſilberweißen Raum getrennt. 441. Ehe wir nun zur fernern Beſtimmung dieſes Phaͤ- nomens uͤbergehen, wollen wir die bequemſte Art, daſ- ſelbe hervorzubringen, mittheilen. Man lege ein großes Convexglas vor ſich auf den Tiſch gegen ein Fenſter, und auf daſſelbe eine Tafel wohlgeſchliffenen Spiegelglaſes, ungefaͤhr von der Groͤße einer Spielcharte; ſo wird die bloße Schwere der Ta- fel ſie ſchon dergeſtalt andruͤcken, daß eins oder das andre der beſchriebenen Phaͤnomene entſteht, und man wird ſchon durch die verſchiedene Schwere der Glas- tafel, durch andre Zufaͤlligkeiten, wie z. B. wenn man die Glastafel auf die abhaͤngende Seite des Con- vexglaſes fuͤhrt, wo ſie nicht ſo ſtark aufdruͤckt als in der Mitte, alle von uns beſchriebenen Grade nach und nach hervorbringen koͤnnen. 442. Um das Phaͤnomen zu bemerken, muß man ſchief auf die Flaͤche ſehen, auf welcher uns daſſelbe er- ſcheint. Aeußerſt merkwuͤrdig iſt aber, daß, wenn man ſich immer mehr neigt, und unter einem ſpitzeren

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/223>, abgerufen am 26.04.2024.