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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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ist in der Nähe des Culminationspunctes am merkwür-
digsten, und wird durch wechselsweise Anwendung der
Säuren und Alcalien am auffallendsten bewirkt.

532.

Die Franzosen bedienen sich, um diese Erscheinung
bey der Färberey auszudrücken, des Wortes virer,
welches von einer Seite nach der andern wenden heißt,
und drücken dadurch auf eine sehr geschickte Weise das-
jenige aus, was man sonst durch Mischungsverhält-
nisse zu bezeichnen und anzugeben versucht.

533.

Hievon ist diejenige Operation, die wir mit dem
Lacmus zu machen pflegen, eine der bekanntesten und
auffallendsten. Lacmus ist ein Farbematerial, das durch
Alcalien zum Rothblauen specificirt worden. Es wird
dieses sehr leicht durch Säuren ins Rothgelbe hinüber
und durch Alcalien wieder herüber gezogen. In wie fern
in diesem Fall durch zarte Versuche ein Culminations-
punct zu entdecken und festzuhalten sey, wird denen,
die in dieser Kunst geübt sind, überlassen, so wie die
Färbekunst, besonders die Scharlachfärberey, von
diesem Hin- und Herwenden mannigfaltige Beyspiele
zu liefern im Stande ist.


iſt in der Naͤhe des Culminationspunctes am merkwuͤr-
digſten, und wird durch wechſelsweiſe Anwendung der
Saͤuren und Alcalien am auffallendſten bewirkt.

532.

Die Franzoſen bedienen ſich, um dieſe Erſcheinung
bey der Faͤrberey auszudruͤcken, des Wortes virer,
welches von einer Seite nach der andern wenden heißt,
und druͤcken dadurch auf eine ſehr geſchickte Weiſe das-
jenige aus, was man ſonſt durch Miſchungsverhaͤlt-
niſſe zu bezeichnen und anzugeben verſucht.

533.

Hievon iſt diejenige Operation, die wir mit dem
Lacmus zu machen pflegen, eine der bekannteſten und
auffallendſten. Lacmus iſt ein Farbematerial, das durch
Alcalien zum Rothblauen ſpecificirt worden. Es wird
dieſes ſehr leicht durch Saͤuren ins Rothgelbe hinuͤber
und durch Alcalien wieder heruͤber gezogen. In wie fern
in dieſem Fall durch zarte Verſuche ein Culminations-
punct zu entdecken und feſtzuhalten ſey, wird denen,
die in dieſer Kunſt geuͤbt ſind, uͤberlaſſen, ſo wie die
Faͤrbekunſt, beſonders die Scharlachfaͤrberey, von
dieſem Hin- und Herwenden mannigfaltige Beyſpiele
zu liefern im Stande iſt.


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[201/0255] iſt in der Naͤhe des Culminationspunctes am merkwuͤr- digſten, und wird durch wechſelsweiſe Anwendung der Saͤuren und Alcalien am auffallendſten bewirkt. 532. Die Franzoſen bedienen ſich, um dieſe Erſcheinung bey der Faͤrberey auszudruͤcken, des Wortes virer, welches von einer Seite nach der andern wenden heißt, und druͤcken dadurch auf eine ſehr geſchickte Weiſe das- jenige aus, was man ſonſt durch Miſchungsverhaͤlt- niſſe zu bezeichnen und anzugeben verſucht. 533. Hievon iſt diejenige Operation, die wir mit dem Lacmus zu machen pflegen, eine der bekannteſten und auffallendſten. Lacmus iſt ein Farbematerial, das durch Alcalien zum Rothblauen ſpecificirt worden. Es wird dieſes ſehr leicht durch Saͤuren ins Rothgelbe hinuͤber und durch Alcalien wieder heruͤber gezogen. In wie fern in dieſem Fall durch zarte Verſuche ein Culminations- punct zu entdecken und feſtzuhalten ſey, wird denen, die in dieſer Kunſt geuͤbt ſind, uͤberlaſſen, ſo wie die Faͤrbekunſt, beſonders die Scharlachfaͤrberey, von dieſem Hin- und Herwenden mannigfaltige Beyſpiele zu liefern im Stande iſt.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/255>, abgerufen am 26.04.2024.