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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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einen Augenblick thun, als fertig ansehen und mit ih-
nen operiren.

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Sehen wir nun die einzelnen durch eine durchlö-
cherte Tafel durchgegangenen Bilder als fertig an, ope-
riren mit denselben und verrücken sie durch eine zweyte
Refraction, so muß das eintreten, was wir überhaupt
von Verrückung farbiger Bilder dargethan haben: Es
müssen nehmlich an ihnen abermals Ränder und Säu-
me entstehen, aber entweder durch die Farbe des Bil-
des begünstigte oder verkümmerte. Das isolirte gelbro-
the Bild nehmen wir aus dem einwärts strebenden
gelbrothen Rande; an seiner untern Gränze wird es
durch einen gleichnamigen neuen Rand an Farbe ver-
stärkt, das allenfalls entspringende Gelb verliert sich
und an der entgegengesetzten Seite kann wegen des
Widerspruchs kein Blau und folglich auch kein Violett
entstehen. Das Gelbrothe bleibt also gleichsam in sich
selbst zurückgedrängt, erscheint kleiner und geringer als
es seyn sollte. Das violette Bild hingegen ist ein
Theil des aus dem ganzen Bilde hinausstrebenden vio-
letten Saumes. Es wird allenfalls an seiner untern
Gränze ein wenig verkümmert und hat oben die völlige
Freyheit, vorwärts zu gehen. Dieses mit jenen obigen
Betrachtungen zusammengenommen, läßt auf ein weite-
res Vorrücken des Violetten auch durch diesen Umstand
schließen. Jedoch legen wir hierauf keinen allzugroßen
Werth, sondern führen es nur an, damit man sich bey
einer so complicirten Sache eines jeden Nebenumstan-

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einen Augenblick thun, als fertig anſehen und mit ih-
nen operiren.

137.

Sehen wir nun die einzelnen durch eine durchloͤ-
cherte Tafel durchgegangenen Bilder als fertig an, ope-
riren mit denſelben und verruͤcken ſie durch eine zweyte
Refraction, ſo muß das eintreten, was wir uͤberhaupt
von Verruͤckung farbiger Bilder dargethan haben: Es
muͤſſen nehmlich an ihnen abermals Raͤnder und Saͤu-
me entſtehen, aber entweder durch die Farbe des Bil-
des beguͤnſtigte oder verkuͤmmerte. Das iſolirte gelbro-
the Bild nehmen wir aus dem einwaͤrts ſtrebenden
gelbrothen Rande; an ſeiner untern Graͤnze wird es
durch einen gleichnamigen neuen Rand an Farbe ver-
ſtaͤrkt, das allenfalls entſpringende Gelb verliert ſich
und an der entgegengeſetzten Seite kann wegen des
Widerſpruchs kein Blau und folglich auch kein Violett
entſtehen. Das Gelbrothe bleibt alſo gleichſam in ſich
ſelbſt zuruͤckgedraͤngt, erſcheint kleiner und geringer als
es ſeyn ſollte. Das violette Bild hingegen iſt ein
Theil des aus dem ganzen Bilde hinausſtrebenden vio-
letten Saumes. Es wird allenfalls an ſeiner untern
Graͤnze ein wenig verkuͤmmert und hat oben die voͤllige
Freyheit, vorwaͤrts zu gehen. Dieſes mit jenen obigen
Betrachtungen zuſammengenommen, laͤßt auf ein weite-
res Vorruͤcken des Violetten auch durch dieſen Umſtand
ſchließen. Jedoch legen wir hierauf keinen allzugroßen
Werth, ſondern fuͤhren es nur an, damit man ſich bey
einer ſo complicirten Sache eines jeden Nebenumſtan-

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[435/0489] einen Augenblick thun, als fertig anſehen und mit ih- nen operiren. 137. Sehen wir nun die einzelnen durch eine durchloͤ- cherte Tafel durchgegangenen Bilder als fertig an, ope- riren mit denſelben und verruͤcken ſie durch eine zweyte Refraction, ſo muß das eintreten, was wir uͤberhaupt von Verruͤckung farbiger Bilder dargethan haben: Es muͤſſen nehmlich an ihnen abermals Raͤnder und Saͤu- me entſtehen, aber entweder durch die Farbe des Bil- des beguͤnſtigte oder verkuͤmmerte. Das iſolirte gelbro- the Bild nehmen wir aus dem einwaͤrts ſtrebenden gelbrothen Rande; an ſeiner untern Graͤnze wird es durch einen gleichnamigen neuen Rand an Farbe ver- ſtaͤrkt, das allenfalls entſpringende Gelb verliert ſich und an der entgegengeſetzten Seite kann wegen des Widerſpruchs kein Blau und folglich auch kein Violett entſtehen. Das Gelbrothe bleibt alſo gleichſam in ſich ſelbſt zuruͤckgedraͤngt, erſcheint kleiner und geringer als es ſeyn ſollte. Das violette Bild hingegen iſt ein Theil des aus dem ganzen Bilde hinausſtrebenden vio- letten Saumes. Es wird allenfalls an ſeiner untern Graͤnze ein wenig verkuͤmmert und hat oben die voͤllige Freyheit, vorwaͤrts zu gehen. Dieſes mit jenen obigen Betrachtungen zuſammengenommen, laͤßt auf ein weite- res Vorruͤcken des Violetten auch durch dieſen Umſtand ſchließen. Jedoch legen wir hierauf keinen allzugroßen Werth, ſondern fuͤhren es nur an, damit man ſich bey einer ſo complicirten Sache eines jeden Nebenumſtan- 28 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/489>, abgerufen am 26.04.2024.