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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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auf geworfen, die Linse ist nach dem Zimmer zu ge-
richtet und in gehöriger Entfernung steht die zweite
Tafel, worauf die Abbildung geschehen soll. Eine
solche Vorrichtung hat große Bequemlichkeiten, indem
sie diesen Versuch dem zweyten gleichstellt; auch sogar
darin, daß die Schattenstriche rein schwarz dastehen
und nicht von den prismatischen Farben überlasirt sind.

172.

Hier drängt sich uns abermals auf, daß durchaus
das experimentirende Verfahren Newtons deshalb tadel-
haft ist, weil er seinen Apparat mit auffallender Un-
gleichheit einmal zufällig ergreift, wie ihm irgend et-
was zur Hand kommt, dann aber mit Complication
und Ueberkünstelung nicht fertig werden kann.

173.

Ferner ist hier zu bemerken, daß Newton sein
Vorbild behandelt als wär' es unveränderlich, wie
das Vorbild des zweyten Versuchs, da es doch wan-
delbar ist. Natürlicher Weise läßt sich das hier auf
der Rückseite des durchsichtigen Papiers erscheinende
Bild, durch ein entgegengesetztes Prisma angesehen, auf
den Nullpunkt reduciren und sodann völlig umkehren.
Wie sich durch Linsen das prismatische Bild verändern
läßt, erfahren wir künftig, und wir halten uns um
so weniger bey dieser Betrachtung auf, als wir zum
Zwecke des gegenwärtigen Versuchs dieses Bild einst-
weilen als ein fixes annehmen dürfen.

auf geworfen, die Linſe iſt nach dem Zimmer zu ge-
richtet und in gehoͤriger Entfernung ſteht die zweite
Tafel, worauf die Abbildung geſchehen ſoll. Eine
ſolche Vorrichtung hat große Bequemlichkeiten, indem
ſie dieſen Verſuch dem zweyten gleichſtellt; auch ſogar
darin, daß die Schattenſtriche rein ſchwarz daſtehen
und nicht von den priſmatiſchen Farben uͤberlaſirt ſind.

172.

Hier draͤngt ſich uns abermals auf, daß durchaus
das experimentirende Verfahren Newtons deshalb tadel-
haft iſt, weil er ſeinen Apparat mit auffallender Un-
gleichheit einmal zufaͤllig ergreift, wie ihm irgend et-
was zur Hand kommt, dann aber mit Complication
und Ueberkuͤnſtelung nicht fertig werden kann.

173.

Ferner iſt hier zu bemerken, daß Newton ſein
Vorbild behandelt als waͤr’ es unveraͤnderlich, wie
das Vorbild des zweyten Verſuchs, da es doch wan-
delbar iſt. Natuͤrlicher Weiſe laͤßt ſich das hier auf
der Ruͤckſeite des durchſichtigen Papiers erſcheinende
Bild, durch ein entgegengeſetztes Prisma angeſehen, auf
den Nullpunkt reduciren und ſodann voͤllig umkehren.
Wie ſich durch Linſen das prismatiſche Bild veraͤndern
laͤßt, erfahren wir kuͤnftig, und wir halten uns um
ſo weniger bey dieſer Betrachtung auf, als wir zum
Zwecke des gegenwaͤrtigen Verſuchs dieſes Bild einſt-
weilen als ein fixes annehmen duͤrfen.

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[456/0510] auf geworfen, die Linſe iſt nach dem Zimmer zu ge- richtet und in gehoͤriger Entfernung ſteht die zweite Tafel, worauf die Abbildung geſchehen ſoll. Eine ſolche Vorrichtung hat große Bequemlichkeiten, indem ſie dieſen Verſuch dem zweyten gleichſtellt; auch ſogar darin, daß die Schattenſtriche rein ſchwarz daſtehen und nicht von den priſmatiſchen Farben uͤberlaſirt ſind. 172. Hier draͤngt ſich uns abermals auf, daß durchaus das experimentirende Verfahren Newtons deshalb tadel- haft iſt, weil er ſeinen Apparat mit auffallender Un- gleichheit einmal zufaͤllig ergreift, wie ihm irgend et- was zur Hand kommt, dann aber mit Complication und Ueberkuͤnſtelung nicht fertig werden kann. 173. Ferner iſt hier zu bemerken, daß Newton ſein Vorbild behandelt als waͤr’ es unveraͤnderlich, wie das Vorbild des zweyten Verſuchs, da es doch wan- delbar iſt. Natuͤrlicher Weiſe laͤßt ſich das hier auf der Ruͤckſeite des durchſichtigen Papiers erſcheinende Bild, durch ein entgegengeſetztes Prisma angeſehen, auf den Nullpunkt reduciren und ſodann voͤllig umkehren. Wie ſich durch Linſen das prismatiſche Bild veraͤndern laͤßt, erfahren wir kuͤnftig, und wir halten uns um ſo weniger bey dieſer Betrachtung auf, als wir zum Zwecke des gegenwaͤrtigen Verſuchs dieſes Bild einſt- weilen als ein fixes annehmen duͤrfen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/510>, abgerufen am 26.04.2024.