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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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Dritte Proposition. Drittes Theorem.
Das Licht der Sonne besteht aus Strahlen, die
verschieden reflexibel sind, und die am meisten
refrangiblen Strahlen sind auch die am meisten
reflexiblen.
194.

Nachdem der Verfasser uns genugsam überzeugt
zu haben glaubt, daß unser weißes reines einfaches
helles Licht aus verschiedenen farbigen dunklen Lich-
tern insgeheim gemischt sey, und diese innerlichen
Theile durch Refraction hervorgenöthigt zu haben
wähnt; so denkt er nach, ob nicht auch noch auf
andere Weise diese Operation glücken möchte, ob man
nicht durch andere verwandte Bedingungen das Licht
nöthigen könne, seinen Busen aufzuschließen.

195.

Der Refraction ist die Reflexion nahe verwandt,
so daß die erste nicht ohne die letzte vorkommen kann.
Warum sollte Reflexion, die sonst so mächtig ist, nicht
auch dießmal auf das unschuldige Licht ihre Gewalt
ausüben? Wir haben eine diverse Refrangibilität, es
wäre doch schön, wenn wir auch eine diverse Reflexibi-
lität hätten. Und wer weiß, was sich nicht noch alles
fernerhin daran anschließen läßt. Daß nun dem Ver-
fasser der Beweis durch Versuche, wozu er sich nun-
mehr anschickt, vor den Augen eines gewarnten Beob-

30 *
Dritte Propoſition. Drittes Theorem.
Das Licht der Sonne beſteht aus Strahlen, die
verſchieden reflexibel ſind, und die am meiſten
refrangiblen Strahlen ſind auch die am meiſten
reflexiblen.
194.

Nachdem der Verfaſſer uns genugſam uͤberzeugt
zu haben glaubt, daß unſer weißes reines einfaches
helles Licht aus verſchiedenen farbigen dunklen Lich-
tern insgeheim gemiſcht ſey, und dieſe innerlichen
Theile durch Refraction hervorgenoͤthigt zu haben
waͤhnt; ſo denkt er nach, ob nicht auch noch auf
andere Weiſe dieſe Operation gluͤcken moͤchte, ob man
nicht durch andere verwandte Bedingungen das Licht
noͤthigen koͤnne, ſeinen Buſen aufzuſchließen.

195.

Der Refraction iſt die Reflexion nahe verwandt,
ſo daß die erſte nicht ohne die letzte vorkommen kann.
Warum ſollte Reflexion, die ſonſt ſo maͤchtig iſt, nicht
auch dießmal auf das unſchuldige Licht ihre Gewalt
ausuͤben? Wir haben eine diverſe Refrangibilitaͤt, es
waͤre doch ſchoͤn, wenn wir auch eine diverſe Reflexibi-
litaͤt haͤtten. Und wer weiß, was ſich nicht noch alles
fernerhin daran anſchließen laͤßt. Daß nun dem Ver-
faſſer der Beweis durch Verſuche, wozu er ſich nun-
mehr anſchickt, vor den Augen eines gewarnten Beob-

30 *
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[467/0521] Dritte Propoſition. Drittes Theorem. Das Licht der Sonne beſteht aus Strahlen, die verſchieden reflexibel ſind, und die am meiſten refrangiblen Strahlen ſind auch die am meiſten reflexiblen. 194. Nachdem der Verfaſſer uns genugſam uͤberzeugt zu haben glaubt, daß unſer weißes reines einfaches helles Licht aus verſchiedenen farbigen dunklen Lich- tern insgeheim gemiſcht ſey, und dieſe innerlichen Theile durch Refraction hervorgenoͤthigt zu haben waͤhnt; ſo denkt er nach, ob nicht auch noch auf andere Weiſe dieſe Operation gluͤcken moͤchte, ob man nicht durch andere verwandte Bedingungen das Licht noͤthigen koͤnne, ſeinen Buſen aufzuſchließen. 195. Der Refraction iſt die Reflexion nahe verwandt, ſo daß die erſte nicht ohne die letzte vorkommen kann. Warum ſollte Reflexion, die ſonſt ſo maͤchtig iſt, nicht auch dießmal auf das unſchuldige Licht ihre Gewalt ausuͤben? Wir haben eine diverſe Refrangibilitaͤt, es waͤre doch ſchoͤn, wenn wir auch eine diverſe Reflexibi- litaͤt haͤtten. Und wer weiß, was ſich nicht noch alles fernerhin daran anſchließen laͤßt. Daß nun dem Ver- faſſer der Beweis durch Verſuche, wozu er ſich nun- mehr anſchickt, vor den Augen eines gewarnten Beob- 30 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/521>, abgerufen am 26.04.2024.