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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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arbeitung derselben Sachkenntnisse gefordert werden;
und so nähert er sich der Physik und Mathematik.
Weite Reisen befördern seine Naturanschauung.

Wie hoch man seine eigenen Arbeiten in diesem
Fache anzuschlagen habe, wollen wir nicht entscheiden.
Sie zeugen von einem hellen Verstand und ernsten Wil-
len. Man findet darin originelle Vorstellungsarten,
welche uns Freude machen, wenn sie auch mit den
unsrigen nicht übereinstimmen. Seine Zeitgenossen,
meist Descartes Schüler, sind übel mit ihm zufrieden
und lassen ihn nicht gelten.

Uns interessirt hier vorzüglich sein Werk de Lucis
natura et proprietate. Amstelodami 1662;
wozu er
später einen polemischen Nachtrag herausgegeben. Wie
er über die Farben gedacht, lassen wir ihn selbst vor-
tragen.

Im drey und zwanzigsten Kapitel.
Alle einfachen Körper seyen durchsichtig.

"Opak, d. h. undurchsichtig, werden alle Körper
genannt, die gefärbt sind und das Licht nicht durchlas-
sen. Genau genommen ist eigentlich nichts vollkommen
durchsichtig, als der leere Raum, indem die meisten
Körper, ob sie gleich klar erscheinen, eben weil sie ge-
sehen werden, offenbar etwas von Undurchsichtigkeit an
sich haben."

arbeitung derſelben Sachkenntniſſe gefordert werden;
und ſo naͤhert er ſich der Phyſik und Mathematik.
Weite Reiſen befoͤrdern ſeine Naturanſchauung.

Wie hoch man ſeine eigenen Arbeiten in dieſem
Fache anzuſchlagen habe, wollen wir nicht entſcheiden.
Sie zeugen von einem hellen Verſtand und ernſten Wil-
len. Man findet darin originelle Vorſtellungsarten,
welche uns Freude machen, wenn ſie auch mit den
unſrigen nicht uͤbereinſtimmen. Seine Zeitgenoſſen,
meiſt Descartes Schuͤler, ſind uͤbel mit ihm zufrieden
und laſſen ihn nicht gelten.

Uns intereſſirt hier vorzuͤglich ſein Werk de Lucis
natura et proprietate. Amstelodami 1662;
wozu er
ſpaͤter einen polemiſchen Nachtrag herausgegeben. Wie
er uͤber die Farben gedacht, laſſen wir ihn ſelbſt vor-
tragen.

Im drey und zwanzigſten Kapitel.
Alle einfachen Koͤrper ſeyen durchſichtig.

„Opak, d. h. undurchſichtig, werden alle Koͤrper
genannt, die gefaͤrbt ſind und das Licht nicht durchlaſ-
ſen. Genau genommen iſt eigentlich nichts vollkommen
durchſichtig, als der leere Raum, indem die meiſten
Koͤrper, ob ſie gleich klar erſcheinen, eben weil ſie ge-
ſehen werden, offenbar etwas von Undurchſichtigkeit an
ſich haben.“

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[296/0330] arbeitung derſelben Sachkenntniſſe gefordert werden; und ſo naͤhert er ſich der Phyſik und Mathematik. Weite Reiſen befoͤrdern ſeine Naturanſchauung. Wie hoch man ſeine eigenen Arbeiten in dieſem Fache anzuſchlagen habe, wollen wir nicht entſcheiden. Sie zeugen von einem hellen Verſtand und ernſten Wil- len. Man findet darin originelle Vorſtellungsarten, welche uns Freude machen, wenn ſie auch mit den unſrigen nicht uͤbereinſtimmen. Seine Zeitgenoſſen, meiſt Descartes Schuͤler, ſind uͤbel mit ihm zufrieden und laſſen ihn nicht gelten. Uns intereſſirt hier vorzuͤglich ſein Werk de Lucis natura et proprietate. Amstelodami 1662; wozu er ſpaͤter einen polemiſchen Nachtrag herausgegeben. Wie er uͤber die Farben gedacht, laſſen wir ihn ſelbſt vor- tragen. Im drey und zwanzigſten Kapitel. Alle einfachen Koͤrper ſeyen durchſichtig. „Opak, d. h. undurchſichtig, werden alle Koͤrper genannt, die gefaͤrbt ſind und das Licht nicht durchlaſ- ſen. Genau genommen iſt eigentlich nichts vollkommen durchſichtig, als der leere Raum, indem die meiſten Koͤrper, ob ſie gleich klar erſcheinen, eben weil ſie ge- ſehen werden, offenbar etwas von Undurchſichtigkeit an ſich haben.“

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/330>, abgerufen am 26.04.2024.