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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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bringt -- und Herr Alexander Dumas und seinesgleichen haben ganz andere
Jndiscrctionen in ihren Im^ressions ils voMxs begangen, als unser Pariser
Briefsteller. --




T h o r w a l d s c n.

Die von allen Seiten mit vollem Rechte gerühmten Sonntagsblätter,
welche Ludw. Aug. Fränkl in Wien herausgibt, bringen namentlich sehr häu¬
sig höchst interessante Artikel im Gebiete der bildenden Kunst. Fränkl selbst
ist ein trefflicher Kunstkenner und hat seinen Geschmack auf Reisen durch
Italien und den Umgang mit großen Künstlern geläutert und ausgebildet.
Eine der letzten Nummern seines Blattes bringt aus der Feder des Redakteurs
folgende Bemerkungen über Thorwaldsen:

Nicht leicht kann man zu dem Ruhme eines großen Bildners eine ent¬
sprechendere Erscheinung, als die des Thorwaldsen ist, sich denken: hoch
und stämmig, aufrechte Haltung, weiße Haare, die gewaltig und reich wie
Mähnen bis auf Nacken und Schultern fallen, blaue Augen, leuchtend, wie die
des Braga, gesunde Färbung, nordischer Ernst in den Suger, die tieftönende
Sprache, all dies vereinigt sich zu einem Ganzen, das Ehrfurcht einflößt, und
wäre er auch kein Nordländer, und sein Name nicht mit dem nordischen Gotte
verwandt, man wäre an einen solchen gemahnt, wenn man durch seine Tem¬
pel -- zu diesen hat er seine drei Ateliers geweiht -- schreitet. Ich sah ihn
zum ersten Male bei dem Abschicdsfestc, das die deutschen Künstler in Rom
dem Professor Wagner aus Baiern nach Vollendung seiner schönen Basreliefs
gaben, als er diesem einen Lorbeerkranz aussetzte, und ich zähle es mit zu
den schönsten Erinnerungen, daß ich mit ihm, als seine Gesundheit ausgebracht
wurde, anklingen durfte und abweichend von Makbcth darf ich nun sagen:


"Ich habe mit Unsterblichen zu Nacht gegessen."

Bei keinem Künstlerfcste fchltThorwaldsen, er ist der glänzende Punkt
des römischen Künstlcrfestes, und wenn man ihn von Heiterkeit umstrahlt,
wie beim Wagnerfeste, sich wie im Tanze lustig bewegen sieht, so glaubt man
die Sage von ewiger Künstlcrjugcnd verwirklicht.

Thorwaldsen hat in zwei langen, lichten, Wagcnrcmisen ähnlichen
Gebäuden die GipSabdrücke seiner meisten Werke. Hier stehen Christus und
die Apostel, die im Geiste der besten Alterthümer entworfene Bergpredigt, sein
Alcranderzug, die Grazien, die cmakreontischcn Basreliefs, Venus, die Statue


bringt — und Herr Alexander Dumas und seinesgleichen haben ganz andere
Jndiscrctionen in ihren Im^ressions ils voMxs begangen, als unser Pariser
Briefsteller. —




T h o r w a l d s c n.

Die von allen Seiten mit vollem Rechte gerühmten Sonntagsblätter,
welche Ludw. Aug. Fränkl in Wien herausgibt, bringen namentlich sehr häu¬
sig höchst interessante Artikel im Gebiete der bildenden Kunst. Fränkl selbst
ist ein trefflicher Kunstkenner und hat seinen Geschmack auf Reisen durch
Italien und den Umgang mit großen Künstlern geläutert und ausgebildet.
Eine der letzten Nummern seines Blattes bringt aus der Feder des Redakteurs
folgende Bemerkungen über Thorwaldsen:

Nicht leicht kann man zu dem Ruhme eines großen Bildners eine ent¬
sprechendere Erscheinung, als die des Thorwaldsen ist, sich denken: hoch
und stämmig, aufrechte Haltung, weiße Haare, die gewaltig und reich wie
Mähnen bis auf Nacken und Schultern fallen, blaue Augen, leuchtend, wie die
des Braga, gesunde Färbung, nordischer Ernst in den Suger, die tieftönende
Sprache, all dies vereinigt sich zu einem Ganzen, das Ehrfurcht einflößt, und
wäre er auch kein Nordländer, und sein Name nicht mit dem nordischen Gotte
verwandt, man wäre an einen solchen gemahnt, wenn man durch seine Tem¬
pel — zu diesen hat er seine drei Ateliers geweiht — schreitet. Ich sah ihn
zum ersten Male bei dem Abschicdsfestc, das die deutschen Künstler in Rom
dem Professor Wagner aus Baiern nach Vollendung seiner schönen Basreliefs
gaben, als er diesem einen Lorbeerkranz aussetzte, und ich zähle es mit zu
den schönsten Erinnerungen, daß ich mit ihm, als seine Gesundheit ausgebracht
wurde, anklingen durfte und abweichend von Makbcth darf ich nun sagen:


„Ich habe mit Unsterblichen zu Nacht gegessen."

Bei keinem Künstlerfcste fchltThorwaldsen, er ist der glänzende Punkt
des römischen Künstlcrfestes, und wenn man ihn von Heiterkeit umstrahlt,
wie beim Wagnerfeste, sich wie im Tanze lustig bewegen sieht, so glaubt man
die Sage von ewiger Künstlcrjugcnd verwirklicht.

Thorwaldsen hat in zwei langen, lichten, Wagcnrcmisen ähnlichen
Gebäuden die GipSabdrücke seiner meisten Werke. Hier stehen Christus und
die Apostel, die im Geiste der besten Alterthümer entworfene Bergpredigt, sein
Alcranderzug, die Grazien, die cmakreontischcn Basreliefs, Venus, die Statue


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[0537] bringt — und Herr Alexander Dumas und seinesgleichen haben ganz andere Jndiscrctionen in ihren Im^ressions ils voMxs begangen, als unser Pariser Briefsteller. — T h o r w a l d s c n. Die von allen Seiten mit vollem Rechte gerühmten Sonntagsblätter, welche Ludw. Aug. Fränkl in Wien herausgibt, bringen namentlich sehr häu¬ sig höchst interessante Artikel im Gebiete der bildenden Kunst. Fränkl selbst ist ein trefflicher Kunstkenner und hat seinen Geschmack auf Reisen durch Italien und den Umgang mit großen Künstlern geläutert und ausgebildet. Eine der letzten Nummern seines Blattes bringt aus der Feder des Redakteurs folgende Bemerkungen über Thorwaldsen: Nicht leicht kann man zu dem Ruhme eines großen Bildners eine ent¬ sprechendere Erscheinung, als die des Thorwaldsen ist, sich denken: hoch und stämmig, aufrechte Haltung, weiße Haare, die gewaltig und reich wie Mähnen bis auf Nacken und Schultern fallen, blaue Augen, leuchtend, wie die des Braga, gesunde Färbung, nordischer Ernst in den Suger, die tieftönende Sprache, all dies vereinigt sich zu einem Ganzen, das Ehrfurcht einflößt, und wäre er auch kein Nordländer, und sein Name nicht mit dem nordischen Gotte verwandt, man wäre an einen solchen gemahnt, wenn man durch seine Tem¬ pel — zu diesen hat er seine drei Ateliers geweiht — schreitet. Ich sah ihn zum ersten Male bei dem Abschicdsfestc, das die deutschen Künstler in Rom dem Professor Wagner aus Baiern nach Vollendung seiner schönen Basreliefs gaben, als er diesem einen Lorbeerkranz aussetzte, und ich zähle es mit zu den schönsten Erinnerungen, daß ich mit ihm, als seine Gesundheit ausgebracht wurde, anklingen durfte und abweichend von Makbcth darf ich nun sagen: „Ich habe mit Unsterblichen zu Nacht gegessen." Bei keinem Künstlerfcste fchltThorwaldsen, er ist der glänzende Punkt des römischen Künstlcrfestes, und wenn man ihn von Heiterkeit umstrahlt, wie beim Wagnerfeste, sich wie im Tanze lustig bewegen sieht, so glaubt man die Sage von ewiger Künstlcrjugcnd verwirklicht. Thorwaldsen hat in zwei langen, lichten, Wagcnrcmisen ähnlichen Gebäuden die GipSabdrücke seiner meisten Werke. Hier stehen Christus und die Apostel, die im Geiste der besten Alterthümer entworfene Bergpredigt, sein Alcranderzug, die Grazien, die cmakreontischcn Basreliefs, Venus, die Statue

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/537>, abgerufen am 03.05.2024.