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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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richtet Euch ohne Schonung. Dieser Vorwurf trifft eigentlich die Bö"-
gänger des Herin von Kistncr und er selbst ist nur das Opfer der
kurzsichtige" Politik klar bisherigen Leitung.

Eine andere Ungeschicklichkeit, welche man in Wie" sich nicht zu
Schulden komme" läßt, findet man jedoch unter der gegenwärtigen
wie unter der früher" Direction. ES ist dies das Abnutzen der Schau¬
spieler zur unrechten Zeit. Sollte man es glauben, daß Eduard De-
vrient, dein doch jetzt hier die erste" Rolle" in der Tragödie wie ii"
Schauspiel zugetheilt siud, gezwungen ist, in der Ander'sche" Oper
"Des Teufels Antheil" die abgeschmackte Rolle deS blödsinnige" Kö"igS
zu singe"? El"e lächerliche Nebenrolle in der Oper sür de" erste"
Helden im Schauspiele. A" welcher Bühne ersten Nemgcö begeht man
"och solche kluge Streiches Eine kluge Bühiicnleituug muß den be¬
liebten Schauspieler i" seiner Beliebtheit zu erhalten suchen: sie wird
ih" als eine" Festschmuck beHandel", de" sie "ur bei glänzenden Ge¬
legenheiten vorführt. Wenn man das Seidenkleid i" der Küche trägt,
so wird es bald sei" festliches A"sehe" einbüßen. Dieses ist eine Po¬
litik, welche daS Burgtheater sehr gut versteht. Es gibt viele Abende,
wo Man nur das zweite Treffen, die Hilfögarde, spielen und keinen
Namen ersten Rang-'S aus dem Zettel sieht. Sicht da" Publiem"
nun i" einem neuen Stücke eine" solchen figuriren, so bringt es vo"
vor" herein ni"e Feststimmmig mit nud das neue Product hat gleich
e<" günstiges Worurthcil sür sich.

Zum Schlüsse dieser Parallele zwischen Wien und Berlin dürfen
wir auch "icht verschweige", daß daS Znsanunenspiel deS Bmcgtheaters
um etwas rascher nud lückenloser stattfindet als a" der hiesigen Hof-
bühne. Nur bei Raupachischen oder noch älteren Stücke" greift das
Ettseinble Ring in Ring, wie es die Tradition einer früheren bessere"
Zeit und eingeführt hat; in viele" moderne" Stücke" vermißt man die
schnellen gleichzeitige" t"-"^>i, die zum wahren Leben eines Stückes noth¬
wendig sind. Möge dus Hofschauspiel sich zusammennehmen, daß es
"icht auch i" dieser Bcziehong zum Range einer zweite" Bühne her-
absüikt. Lückenhafte Fächer lasse" sich wieder ausfüllen, aber der Ge-
sammtgeist el"er Bühne ist, we"n er eine Zeitlang eingeschlafen, schwer
wieder in's Leben zu rufen.




III.
Notize N.

Robert Heller'6 "Prinz von Oranien.^ -- Die Wiener Buchhändlee; Schusclka.
-- Cecil Forster, eine Mustisication. -- Dörmgö Audienz bei dein König von
Hannover. -- Berichtigung.

Unter den Romane", welche die Leipziger Pressen in den letzten
Woche" a"S Tageslicht förderte,!, verdient Robert Heller'S "Prinz


richtet Euch ohne Schonung. Dieser Vorwurf trifft eigentlich die Bö»-
gänger des Herin von Kistncr und er selbst ist nur das Opfer der
kurzsichtige» Politik klar bisherigen Leitung.

Eine andere Ungeschicklichkeit, welche man in Wie» sich nicht zu
Schulden komme» läßt, findet man jedoch unter der gegenwärtigen
wie unter der früher» Direction. ES ist dies das Abnutzen der Schau¬
spieler zur unrechten Zeit. Sollte man es glauben, daß Eduard De-
vrient, dein doch jetzt hier die erste» Rolle» in der Tragödie wie ii»
Schauspiel zugetheilt siud, gezwungen ist, in der Ander'sche» Oper
„Des Teufels Antheil" die abgeschmackte Rolle deS blödsinnige» Kö»igS
zu singe»? El»e lächerliche Nebenrolle in der Oper sür de» erste»
Helden im Schauspiele. A» welcher Bühne ersten Nemgcö begeht man
»och solche kluge Streiches Eine kluge Bühiicnleituug muß den be¬
liebten Schauspieler i» seiner Beliebtheit zu erhalten suchen: sie wird
ih» als eine» Festschmuck beHandel», de» sie »ur bei glänzenden Ge¬
legenheiten vorführt. Wenn man das Seidenkleid i» der Küche trägt,
so wird es bald sei» festliches A»sehe» einbüßen. Dieses ist eine Po¬
litik, welche daS Burgtheater sehr gut versteht. Es gibt viele Abende,
wo Man nur das zweite Treffen, die Hilfögarde, spielen und keinen
Namen ersten Rang-'S aus dem Zettel sieht. Sicht da» Publiem»
nun i» einem neuen Stücke eine» solchen figuriren, so bringt es vo»
vor» herein ni»e Feststimmmig mit nud das neue Product hat gleich
e<» günstiges Worurthcil sür sich.

Zum Schlüsse dieser Parallele zwischen Wien und Berlin dürfen
wir auch »icht verschweige», daß daS Znsanunenspiel deS Bmcgtheaters
um etwas rascher nud lückenloser stattfindet als a» der hiesigen Hof-
bühne. Nur bei Raupachischen oder noch älteren Stücke» greift das
Ettseinble Ring in Ring, wie es die Tradition einer früheren bessere»
Zeit und eingeführt hat; in viele» moderne» Stücke» vermißt man die
schnellen gleichzeitige» t«-»^>i, die zum wahren Leben eines Stückes noth¬
wendig sind. Möge dus Hofschauspiel sich zusammennehmen, daß es
»icht auch i» dieser Bcziehong zum Range einer zweite» Bühne her-
absüikt. Lückenhafte Fächer lasse» sich wieder ausfüllen, aber der Ge-
sammtgeist el»er Bühne ist, we»n er eine Zeitlang eingeschlafen, schwer
wieder in's Leben zu rufen.




III.
Notize N.

Robert Heller'6 „Prinz von Oranien.^ — Die Wiener Buchhändlee; Schusclka.
— Cecil Forster, eine Mustisication. — Dörmgö Audienz bei dein König von
Hannover. — Berichtigung.

Unter den Romane», welche die Leipziger Pressen in den letzten
Woche» a»S Tageslicht förderte,!, verdient Robert Heller'S „Prinz


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/42>, abgerufen am 06.05.2024.