Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

dem für den Nutzen deö Augenblicks. Die Buhu" sagt nicht: Ich
will dieses Drama trotz seiner mancherlei Mängel zur Aufführung
bringen, um einen, talentvollen Autor Gelegenheit zur Entwickelung zu
geben, sondern sie fragt: wie viel Häuser wird dieses Stück machen,
und fahre ich "icht besser, wenn ich ein französisches übersetztes Stück
gebe? Dieselbe Frage richtet sie auch bei dem Engagement eines je¬
den Schauspielers an sich.' Sie denkt nicht: Dieser junge Mann hat
w>e hübsche Gestalt, ein schönes Organ, Feuer, Lernbcgicrigkcit, er ist
zwar noch roh und ungeschickt, aber ich will ihn heranbilden für die
Zukunft, sondern sie fragt: Wozu kann ich ihn sogleich verwenden,
welche Lücke füllt er aus? Bei einem Provinzialtheatcr, wo der Pächter
wechselt, ist eine solche Politik des Augenblicks zu verzeihen. Der
^golSmns eines Directors ist zu entschuldigen, der sein Geld nicht
sur die Heranbildung eines Talents verschwenden will, das vielleicht
^>t sein Nachfolger ausbeuten wird. Aber eine Hofbühne, ein stehen-
°es Institut muß sicherlich einen höheren Gesichtspunkt haben als den
ugcnblick. Dieses ist's auch, was das Theater frau^ils so blühend
"'achte und wodurch das Hofburgthcatcr so sehr vor dem Berliner Hof-
ttyauspicl sich auszeichnet. Die Wiener Hofbühue hat manches Stück
°" lungern Dichtern gegeben, an das keine andere Bühne sich wagte,
arniii hat sie sich ihren Grillparzer, Baucrnfcld, Halm herangezogen
rvtz der ungünstigen Censurverhältnissc. Eben so mit seinen Schau-
Iplelern. Die wenigsten seiner berühmten Actcurc sind als fertige
"unstlcr dahin gekommen. Erst allmälig sind sie von dem minder
, endenden 5" dem wichtigern Rollenfach": übergegangen. Als Heur-
cm alt wurde, war Löwe da, als Korn sich zurückzog, trat Fichtncr
All Costenoble starb, nahm La Roche seine Rollen.
^ ^'^se Ersatzmänner waren bereits da, als man ihrer bedürfte
sei<t> lauge Zeit an der Seite der Abgetretenen, der Er¬
bt? dadurch ist das Hofburgthcatcr immer -u> xr-im! o<">>i>Jot ge-
hal ^""^ '"^ """" Holbein daS traditionelle Verfahren
'""er Vorgänger aufgibt, kann die Wiener Hofbühne in dieselbe Lage
°>unen, in welcher sich gegenwärtig die hiesige befindet. Letztere sollte
Erd>""/ ^hrrcichc Warnung für andere Bühncnadministrationcn dienen,
erst Ludwig Devrient todt war, engagirte man Seidelmann, und
D^!"""' Scidclmann ans dem Leben ging, speculirt man auf
rdings kann man den jetzt in H"""°°^^in^Engagivten nun Zieht haben und Herr von ^n ^"Ich kann keinen Scidclmann aus der Erde stamPs-n-
habt Ihr nicht gesäet, als es noch Zeit war
Dörng hier gastirte, da war er noch fre. und ^.."./..^küm-können; aber da.mais war't Ihr versorgt ..ut um d'c Zukunft ku.
merke sich Eure Weisheit nicht. Nun mögt ,/und Van vu
Trank leeren, den Ihr Euch eingeschenkt, und die öffentliche ^neun,^
Äre'


nzl^tenis-i". >.

dem für den Nutzen deö Augenblicks. Die Buhu« sagt nicht: Ich
will dieses Drama trotz seiner mancherlei Mängel zur Aufführung
bringen, um einen, talentvollen Autor Gelegenheit zur Entwickelung zu
geben, sondern sie fragt: wie viel Häuser wird dieses Stück machen,
und fahre ich „icht besser, wenn ich ein französisches übersetztes Stück
gebe? Dieselbe Frage richtet sie auch bei dem Engagement eines je¬
den Schauspielers an sich.' Sie denkt nicht: Dieser junge Mann hat
w>e hübsche Gestalt, ein schönes Organ, Feuer, Lernbcgicrigkcit, er ist
zwar noch roh und ungeschickt, aber ich will ihn heranbilden für die
Zukunft, sondern sie fragt: Wozu kann ich ihn sogleich verwenden,
welche Lücke füllt er aus? Bei einem Provinzialtheatcr, wo der Pächter
wechselt, ist eine solche Politik des Augenblicks zu verzeihen. Der
^golSmns eines Directors ist zu entschuldigen, der sein Geld nicht
sur die Heranbildung eines Talents verschwenden will, das vielleicht
^>t sein Nachfolger ausbeuten wird. Aber eine Hofbühne, ein stehen-
°es Institut muß sicherlich einen höheren Gesichtspunkt haben als den
ugcnblick. Dieses ist's auch, was das Theater frau^ils so blühend
"'achte und wodurch das Hofburgthcatcr so sehr vor dem Berliner Hof-
ttyauspicl sich auszeichnet. Die Wiener Hofbühue hat manches Stück
°" lungern Dichtern gegeben, an das keine andere Bühne sich wagte,
arniii hat sie sich ihren Grillparzer, Baucrnfcld, Halm herangezogen
rvtz der ungünstigen Censurverhältnissc. Eben so mit seinen Schau-
Iplelern. Die wenigsten seiner berühmten Actcurc sind als fertige
«unstlcr dahin gekommen. Erst allmälig sind sie von dem minder
, endenden 5» dem wichtigern Rollenfach«: übergegangen. Als Heur-
cm alt wurde, war Löwe da, als Korn sich zurückzog, trat Fichtncr
All Costenoble starb, nahm La Roche seine Rollen.
^ ^'^se Ersatzmänner waren bereits da, als man ihrer bedürfte
sei<t> lauge Zeit an der Seite der Abgetretenen, der Er¬
bt? dadurch ist das Hofburgthcatcr immer -u> xr-im! o<»>>i>Jot ge-
hal ^""^ '"^ """" Holbein daS traditionelle Verfahren
'"»er Vorgänger aufgibt, kann die Wiener Hofbühne in dieselbe Lage
°>unen, in welcher sich gegenwärtig die hiesige befindet. Letztere sollte
Erd>""/ ^hrrcichc Warnung für andere Bühncnadministrationcn dienen,
erst Ludwig Devrient todt war, engagirte man Seidelmann, und
D^!«""' Scidclmann ans dem Leben ging, speculirt man auf
rdings kann man den jetzt in H"""°°^^in^Engagivten nun Zieht haben und Herr von ^n ^„Ich kann keinen Scidclmann aus der Erde stamPs-n-
habt Ihr nicht gesäet, als es noch Zeit war
Dörng hier gastirte, da war er noch fre. und ^..«./..^küm-können; aber da.mais war't Ihr versorgt ..ut um d'c Zukunft ku.
merke sich Eure Weisheit nicht. Nun mögt ,/und Van vu
Trank leeren, den Ihr Euch eingeschenkt, und die öffentliche ^neun,^
Äre'


nzl^tenis-i«. >.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0041" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179754"/>
            <p xml:id="ID_59" prev="#ID_58" next="#ID_60"> dem für den Nutzen deö Augenblicks.  Die Buhu« sagt nicht: Ich<lb/>
will dieses Drama trotz seiner mancherlei Mängel zur Aufführung<lb/>
bringen, um einen, talentvollen Autor Gelegenheit zur Entwickelung zu<lb/>
geben, sondern sie fragt: wie viel Häuser wird dieses Stück machen,<lb/>
und fahre ich &#x201E;icht besser, wenn ich ein französisches übersetztes Stück<lb/>
gebe?  Dieselbe Frage richtet sie auch bei dem Engagement eines je¬<lb/>
den Schauspielers an sich.' Sie denkt nicht: Dieser junge Mann hat<lb/>
w&gt;e hübsche Gestalt, ein schönes Organ, Feuer, Lernbcgicrigkcit, er ist<lb/>
zwar noch roh und ungeschickt, aber ich will ihn heranbilden für die<lb/>
Zukunft, sondern sie fragt: Wozu kann ich ihn sogleich verwenden,<lb/>
welche Lücke füllt er aus? Bei einem Provinzialtheatcr, wo der Pächter<lb/>
wechselt, ist eine solche Politik des Augenblicks zu verzeihen. Der<lb/>
^golSmns eines Directors ist zu entschuldigen, der sein Geld nicht<lb/>
sur die Heranbildung eines Talents verschwenden will, das vielleicht<lb/>
^&gt;t sein Nachfolger ausbeuten wird.  Aber eine Hofbühne, ein stehen-<lb/>
°es Institut muß sicherlich einen höheren Gesichtspunkt haben als den<lb/>
ugcnblick.  Dieses ist's auch, was das Theater frau^ils so blühend<lb/>
"'achte und wodurch das Hofburgthcatcr so sehr vor dem Berliner Hof-<lb/>
ttyauspicl sich auszeichnet.  Die Wiener Hofbühue hat manches Stück<lb/>
°" lungern Dichtern gegeben, an das keine andere Bühne sich wagte,<lb/>
arniii hat sie sich ihren Grillparzer, Baucrnfcld, Halm herangezogen<lb/>
rvtz der ungünstigen Censurverhältnissc. Eben so mit seinen Schau-<lb/>
Iplelern.  Die wenigsten seiner berühmten Actcurc sind als fertige<lb/>
«unstlcr dahin gekommen.  Erst allmälig sind sie von dem minder<lb/>
,  endenden 5» dem wichtigern Rollenfach«: übergegangen.  Als Heur-<lb/>
cm alt wurde, war Löwe da, als Korn sich zurückzog, trat Fichtncr<lb/>
All Costenoble starb, nahm La Roche seine Rollen.<lb/>
^ ^'^se Ersatzmänner waren bereits da, als man ihrer bedürfte<lb/>
sei&lt;t&gt; lauge Zeit an der Seite der Abgetretenen, der Er¬<lb/>
bt? dadurch ist das Hofburgthcatcr immer -u&gt; xr-im! o&lt;»&gt;&gt;i&gt;Jot ge-<lb/>
hal   ^""^ '"^ """" Holbein daS traditionelle Verfahren<lb/>
'"»er Vorgänger aufgibt, kann die Wiener Hofbühne in dieselbe Lage<lb/>
°&gt;unen, in welcher sich gegenwärtig die hiesige befindet. Letztere sollte<lb/>
Erd&gt;""/ ^hrrcichc Warnung für andere Bühncnadministrationcn dienen,<lb/>
erst Ludwig Devrient todt war, engagirte man Seidelmann, und<lb/>
D^!«""'    Scidclmann ans dem Leben ging, speculirt man auf<lb/>
rdings kann man den jetzt in H"""°°^^in^Engagivten nun Zieht haben und Herr von ^n ^&#x201E;Ich kann keinen Scidclmann aus der Erde stamPs-n-<lb/>
habt Ihr nicht gesäet, als es noch Zeit war<lb/>
Dörng hier gastirte, da war er noch fre. und ^..«./..^küm-können; aber da.mais war't Ihr versorgt ..ut um d'c Zukunft ku.<lb/>
merke sich Eure Weisheit nicht.  Nun mögt   ,/und Van vu<lb/>
Trank leeren, den Ihr Euch eingeschenkt, und die öffentliche ^neun,^<lb/>
Äre'</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig"> nzl^tenis-i«. &gt;.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0041] dem für den Nutzen deö Augenblicks. Die Buhu« sagt nicht: Ich will dieses Drama trotz seiner mancherlei Mängel zur Aufführung bringen, um einen, talentvollen Autor Gelegenheit zur Entwickelung zu geben, sondern sie fragt: wie viel Häuser wird dieses Stück machen, und fahre ich „icht besser, wenn ich ein französisches übersetztes Stück gebe? Dieselbe Frage richtet sie auch bei dem Engagement eines je¬ den Schauspielers an sich.' Sie denkt nicht: Dieser junge Mann hat w>e hübsche Gestalt, ein schönes Organ, Feuer, Lernbcgicrigkcit, er ist zwar noch roh und ungeschickt, aber ich will ihn heranbilden für die Zukunft, sondern sie fragt: Wozu kann ich ihn sogleich verwenden, welche Lücke füllt er aus? Bei einem Provinzialtheatcr, wo der Pächter wechselt, ist eine solche Politik des Augenblicks zu verzeihen. Der ^golSmns eines Directors ist zu entschuldigen, der sein Geld nicht sur die Heranbildung eines Talents verschwenden will, das vielleicht ^>t sein Nachfolger ausbeuten wird. Aber eine Hofbühne, ein stehen- °es Institut muß sicherlich einen höheren Gesichtspunkt haben als den ugcnblick. Dieses ist's auch, was das Theater frau^ils so blühend "'achte und wodurch das Hofburgthcatcr so sehr vor dem Berliner Hof- ttyauspicl sich auszeichnet. Die Wiener Hofbühue hat manches Stück °" lungern Dichtern gegeben, an das keine andere Bühne sich wagte, arniii hat sie sich ihren Grillparzer, Baucrnfcld, Halm herangezogen rvtz der ungünstigen Censurverhältnissc. Eben so mit seinen Schau- Iplelern. Die wenigsten seiner berühmten Actcurc sind als fertige «unstlcr dahin gekommen. Erst allmälig sind sie von dem minder , endenden 5» dem wichtigern Rollenfach«: übergegangen. Als Heur- cm alt wurde, war Löwe da, als Korn sich zurückzog, trat Fichtncr All Costenoble starb, nahm La Roche seine Rollen. ^ ^'^se Ersatzmänner waren bereits da, als man ihrer bedürfte sei<t> lauge Zeit an der Seite der Abgetretenen, der Er¬ bt? dadurch ist das Hofburgthcatcr immer -u> xr-im! o<»>>i>Jot ge- hal ^""^ '"^ """" Holbein daS traditionelle Verfahren '"»er Vorgänger aufgibt, kann die Wiener Hofbühne in dieselbe Lage °>unen, in welcher sich gegenwärtig die hiesige befindet. Letztere sollte Erd>""/ ^hrrcichc Warnung für andere Bühncnadministrationcn dienen, erst Ludwig Devrient todt war, engagirte man Seidelmann, und D^!«""' Scidclmann ans dem Leben ging, speculirt man auf rdings kann man den jetzt in H"""°°^^in^Engagivten nun Zieht haben und Herr von ^n ^„Ich kann keinen Scidclmann aus der Erde stamPs-n- habt Ihr nicht gesäet, als es noch Zeit war Dörng hier gastirte, da war er noch fre. und ^..«./..^küm-können; aber da.mais war't Ihr versorgt ..ut um d'c Zukunft ku. merke sich Eure Weisheit nicht. Nun mögt ,/und Van vu Trank leeren, den Ihr Euch eingeschenkt, und die öffentliche ^neun,^ Äre' nzl^tenis-i«. >.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/41
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/41>, abgerufen am 19.05.2024.