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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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i.
Aus B e r l i ".

Friede mit Belgien. -- Deutsche Einheit auf der Gewerbaussiellung. -- Die
Berliner und die Königsberger. -- Burdach, Eichhorn und Dinter- -- Der
Gesang des Ortsbürgermeisters.

Also mit Belgien wäre nach kurzem Streite der Friede wieder
hergestellt, und die Grenzboten könnten ihren ursprünglichen Beruf,
den geistigen Austausch zwischen Deutschland und dem vlämischen
Belgien zu vermitteln, wieder antreten, ohne sich hüben und drüben
mit Differentialzöllen und mit Feindschaften aller Art bedroht zu se¬
hen. Wenn irgend etwas, so kann dieser Friede dazu führen, daß
uns die historisch entfremdeten niederdeutschen Brüder wieder recht
nahe gebracht werden. Haben sie doch bei dieser Gelegenheit dem deut¬
schen Handel mehr Augeständnisse gemacht, als bisher der König von
Hannover, dessen Gesandter Sitz und Stimme auf dem Bundestage
hat und dessen Soldaten einen Theil eines deutschen Armeecorps bil¬
den. Die Belgier haben uns die Scheide völlig freigegeben und ma¬
chen Antwerpen zu einem deutschen Freihafen, während der König von
Hannover auf der deutschen Elbe von deutschen Schiffsladungen einen
schweren Zoll in Stade erheben läßt! Wahrlich, das Ausland hat
Recht, wenn es behauptet, Deutschland in seiner vollständigen Einheit
manifestire sich nur durch die Censur und andere vom Bundestag
ausgehende Freiheitsbeschränkungen. In keinem geistigen und in kei¬
nerlei materiellem Interesse begegnen wir uns mit Oesterreich oder
mir Hannover, und nur wenn es sich um Verbote handelt, treffen
wir in Einigkeit mit ihnen zusammen. Allerdings liefert der Zollver¬
ein den Beweis, wie sehr sich den meisten deutschen Fürsten die Ue¬
berzeugung aufgedrungen, daß eben noch ein anderes Band, als das
in Frankfurt a. M. nöthig sei, um die Völker, dem Auslande gegen-


T a g e b u et).



i.
Aus B e r l i «.

Friede mit Belgien. — Deutsche Einheit auf der Gewerbaussiellung. — Die
Berliner und die Königsberger. — Burdach, Eichhorn und Dinter- — Der
Gesang des Ortsbürgermeisters.

Also mit Belgien wäre nach kurzem Streite der Friede wieder
hergestellt, und die Grenzboten könnten ihren ursprünglichen Beruf,
den geistigen Austausch zwischen Deutschland und dem vlämischen
Belgien zu vermitteln, wieder antreten, ohne sich hüben und drüben
mit Differentialzöllen und mit Feindschaften aller Art bedroht zu se¬
hen. Wenn irgend etwas, so kann dieser Friede dazu führen, daß
uns die historisch entfremdeten niederdeutschen Brüder wieder recht
nahe gebracht werden. Haben sie doch bei dieser Gelegenheit dem deut¬
schen Handel mehr Augeständnisse gemacht, als bisher der König von
Hannover, dessen Gesandter Sitz und Stimme auf dem Bundestage
hat und dessen Soldaten einen Theil eines deutschen Armeecorps bil¬
den. Die Belgier haben uns die Scheide völlig freigegeben und ma¬
chen Antwerpen zu einem deutschen Freihafen, während der König von
Hannover auf der deutschen Elbe von deutschen Schiffsladungen einen
schweren Zoll in Stade erheben läßt! Wahrlich, das Ausland hat
Recht, wenn es behauptet, Deutschland in seiner vollständigen Einheit
manifestire sich nur durch die Censur und andere vom Bundestag
ausgehende Freiheitsbeschränkungen. In keinem geistigen und in kei¬
nerlei materiellem Interesse begegnen wir uns mit Oesterreich oder
mir Hannover, und nur wenn es sich um Verbote handelt, treffen
wir in Einigkeit mit ihnen zusammen. Allerdings liefert der Zollver¬
ein den Beweis, wie sehr sich den meisten deutschen Fürsten die Ue¬
berzeugung aufgedrungen, daß eben noch ein anderes Band, als das
in Frankfurt a. M. nöthig sei, um die Völker, dem Auslande gegen-


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[0565] T a g e b u et). i. Aus B e r l i «. Friede mit Belgien. — Deutsche Einheit auf der Gewerbaussiellung. — Die Berliner und die Königsberger. — Burdach, Eichhorn und Dinter- — Der Gesang des Ortsbürgermeisters. Also mit Belgien wäre nach kurzem Streite der Friede wieder hergestellt, und die Grenzboten könnten ihren ursprünglichen Beruf, den geistigen Austausch zwischen Deutschland und dem vlämischen Belgien zu vermitteln, wieder antreten, ohne sich hüben und drüben mit Differentialzöllen und mit Feindschaften aller Art bedroht zu se¬ hen. Wenn irgend etwas, so kann dieser Friede dazu führen, daß uns die historisch entfremdeten niederdeutschen Brüder wieder recht nahe gebracht werden. Haben sie doch bei dieser Gelegenheit dem deut¬ schen Handel mehr Augeständnisse gemacht, als bisher der König von Hannover, dessen Gesandter Sitz und Stimme auf dem Bundestage hat und dessen Soldaten einen Theil eines deutschen Armeecorps bil¬ den. Die Belgier haben uns die Scheide völlig freigegeben und ma¬ chen Antwerpen zu einem deutschen Freihafen, während der König von Hannover auf der deutschen Elbe von deutschen Schiffsladungen einen schweren Zoll in Stade erheben läßt! Wahrlich, das Ausland hat Recht, wenn es behauptet, Deutschland in seiner vollständigen Einheit manifestire sich nur durch die Censur und andere vom Bundestag ausgehende Freiheitsbeschränkungen. In keinem geistigen und in kei¬ nerlei materiellem Interesse begegnen wir uns mit Oesterreich oder mir Hannover, und nur wenn es sich um Verbote handelt, treffen wir in Einigkeit mit ihnen zusammen. Allerdings liefert der Zollver¬ ein den Beweis, wie sehr sich den meisten deutschen Fürsten die Ue¬ berzeugung aufgedrungen, daß eben noch ein anderes Band, als das in Frankfurt a. M. nöthig sei, um die Völker, dem Auslande gegen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/565>, abgerufen am 06.05.2024.