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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.

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weiblichen Cvmiw schon die hitzigsten Debatten entstanden sein und
Viele glauben so lange nicht an das Austandekommen des amazonen-
hasten Conventes, bis sie nicht auf ihrem Platze sitzen; indeß prangen
die Ankündigungen bereits an allen Straßenecken.


V
Notizen.

Dr. Pernice und Berthold Auerbach. -- Bürgerkrieg in der Schweiz. --
Czeröki-Coriollln.

-- (Aus einem Privatschreiben.) ^'-ri pitiv die vos Kommes ü'vent^,
s>ni tont in Auerrv -nix et"klar8, hatte ein berühmter Staatsmann
zur Zeit der ersten Studentenverfolgungen in Deutschland gesagt. Noch
jetzt aber schwelgen manche kleine Gewalthaber in diesem "pitoyablen"
Treiben. (Man verzeihe uns das Fremdwort; deutsche Wolle pflegen
ja unserem höchst nationalen Institut, der Censur, oft viel zu grob
zu sein.) In Halle z. B. sind wieder einmal die (übrigens sehr un¬
schuldigen) Papiere zweier Erburschenschafter mit Beschlag belegt wor¬
den. Möge man recht gründlich untersuchen! Die Untersuchung an
sich, abgesehen von Inhalt und Resultaten, muß ja dem wissenschaft¬
lichen Sinne deutscher Beamten auch von Werth sein. Dergleichen
Maßregeln kommen feit dem Tode des Herrn von Tzschoppe auf deut¬
schen Universitäten nicht mehr vor, außer in Halle, unter dem Cura-
torium des Herrn Dr. Pernice. Gegen diesen Mann haben sämmt¬
liche in Halle studirenden Ungarn den Schutz des österreichischen Ge¬
sandten in Berlin angerufen! Herr D^. Pernice geht in seinem Eifer
so weit, daß er selbst den liebenswürdigen Dichter der "Schwarzwälder
Dorfgeschichten" bei seiner Durchreise in eine demagogische Untersuchung
zu verwickeln suchte. Berthold Auerbach war nämlich eines Abends
im Hciuse des Professor Dunker, als eine Anzahl Studenten ihm ein
Ständchen brachte und harmlose schwäbische Lieder ihm zu Ehren sang;
der Dichter dankte hierauf in einer eben so harmlos gemüthvollen kur¬
zen Rede. Wenige Tage darauf verlangte das Universitätsgericht von
Professor Dunker Rapport über die von seinem Gast gehaltene Rede,
und über das Ständchen überhaupt. Die Rede konnte den Bericht¬
erstattern des Pernice nur durch die Nähe eines hier ansässigen
"Hochverräthers" und einiger mißliebigen Privatdocenten, die Auerbach
zur Seite standen, verdächtig geworden sein.

-- Die Schweiz gibt uns doctrinären Deutschen wieder einmal
ein Schauspiel oder, wenn man will, einen Spektakel. Die Jesui¬
ten waren zwar von Oesterreich und Frankreich gebeten worden, für
jetzt den Ruf der Luzerner Negierung nicht anzunehmen, theils in
ihrem eigenen Interesse, theils damit kein Bürgerkrieg entstehe; allein


weiblichen Cvmiw schon die hitzigsten Debatten entstanden sein und
Viele glauben so lange nicht an das Austandekommen des amazonen-
hasten Conventes, bis sie nicht auf ihrem Platze sitzen; indeß prangen
die Ankündigungen bereits an allen Straßenecken.


V
Notizen.

Dr. Pernice und Berthold Auerbach. — Bürgerkrieg in der Schweiz. —
Czeröki-Coriollln.

— (Aus einem Privatschreiben.) ^'-ri pitiv die vos Kommes ü'vent^,
s>ni tont in Auerrv -nix et»klar8, hatte ein berühmter Staatsmann
zur Zeit der ersten Studentenverfolgungen in Deutschland gesagt. Noch
jetzt aber schwelgen manche kleine Gewalthaber in diesem „pitoyablen"
Treiben. (Man verzeihe uns das Fremdwort; deutsche Wolle pflegen
ja unserem höchst nationalen Institut, der Censur, oft viel zu grob
zu sein.) In Halle z. B. sind wieder einmal die (übrigens sehr un¬
schuldigen) Papiere zweier Erburschenschafter mit Beschlag belegt wor¬
den. Möge man recht gründlich untersuchen! Die Untersuchung an
sich, abgesehen von Inhalt und Resultaten, muß ja dem wissenschaft¬
lichen Sinne deutscher Beamten auch von Werth sein. Dergleichen
Maßregeln kommen feit dem Tode des Herrn von Tzschoppe auf deut¬
schen Universitäten nicht mehr vor, außer in Halle, unter dem Cura-
torium des Herrn Dr. Pernice. Gegen diesen Mann haben sämmt¬
liche in Halle studirenden Ungarn den Schutz des österreichischen Ge¬
sandten in Berlin angerufen! Herr D^. Pernice geht in seinem Eifer
so weit, daß er selbst den liebenswürdigen Dichter der „Schwarzwälder
Dorfgeschichten" bei seiner Durchreise in eine demagogische Untersuchung
zu verwickeln suchte. Berthold Auerbach war nämlich eines Abends
im Hciuse des Professor Dunker, als eine Anzahl Studenten ihm ein
Ständchen brachte und harmlose schwäbische Lieder ihm zu Ehren sang;
der Dichter dankte hierauf in einer eben so harmlos gemüthvollen kur¬
zen Rede. Wenige Tage darauf verlangte das Universitätsgericht von
Professor Dunker Rapport über die von seinem Gast gehaltene Rede,
und über das Ständchen überhaupt. Die Rede konnte den Bericht¬
erstattern des Pernice nur durch die Nähe eines hier ansässigen
„Hochverräthers" und einiger mißliebigen Privatdocenten, die Auerbach
zur Seite standen, verdächtig geworden sein.

— Die Schweiz gibt uns doctrinären Deutschen wieder einmal
ein Schauspiel oder, wenn man will, einen Spektakel. Die Jesui¬
ten waren zwar von Oesterreich und Frankreich gebeten worden, für
jetzt den Ruf der Luzerner Negierung nicht anzunehmen, theils in
ihrem eigenen Interesse, theils damit kein Bürgerkrieg entstehe; allein


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[0147] weiblichen Cvmiw schon die hitzigsten Debatten entstanden sein und Viele glauben so lange nicht an das Austandekommen des amazonen- hasten Conventes, bis sie nicht auf ihrem Platze sitzen; indeß prangen die Ankündigungen bereits an allen Straßenecken. V Notizen. Dr. Pernice und Berthold Auerbach. — Bürgerkrieg in der Schweiz. — Czeröki-Coriollln. — (Aus einem Privatschreiben.) ^'-ri pitiv die vos Kommes ü'vent^, s>ni tont in Auerrv -nix et»klar8, hatte ein berühmter Staatsmann zur Zeit der ersten Studentenverfolgungen in Deutschland gesagt. Noch jetzt aber schwelgen manche kleine Gewalthaber in diesem „pitoyablen" Treiben. (Man verzeihe uns das Fremdwort; deutsche Wolle pflegen ja unserem höchst nationalen Institut, der Censur, oft viel zu grob zu sein.) In Halle z. B. sind wieder einmal die (übrigens sehr un¬ schuldigen) Papiere zweier Erburschenschafter mit Beschlag belegt wor¬ den. Möge man recht gründlich untersuchen! Die Untersuchung an sich, abgesehen von Inhalt und Resultaten, muß ja dem wissenschaft¬ lichen Sinne deutscher Beamten auch von Werth sein. Dergleichen Maßregeln kommen feit dem Tode des Herrn von Tzschoppe auf deut¬ schen Universitäten nicht mehr vor, außer in Halle, unter dem Cura- torium des Herrn Dr. Pernice. Gegen diesen Mann haben sämmt¬ liche in Halle studirenden Ungarn den Schutz des österreichischen Ge¬ sandten in Berlin angerufen! Herr D^. Pernice geht in seinem Eifer so weit, daß er selbst den liebenswürdigen Dichter der „Schwarzwälder Dorfgeschichten" bei seiner Durchreise in eine demagogische Untersuchung zu verwickeln suchte. Berthold Auerbach war nämlich eines Abends im Hciuse des Professor Dunker, als eine Anzahl Studenten ihm ein Ständchen brachte und harmlose schwäbische Lieder ihm zu Ehren sang; der Dichter dankte hierauf in einer eben so harmlos gemüthvollen kur¬ zen Rede. Wenige Tage darauf verlangte das Universitätsgericht von Professor Dunker Rapport über die von seinem Gast gehaltene Rede, und über das Ständchen überhaupt. Die Rede konnte den Bericht¬ erstattern des Pernice nur durch die Nähe eines hier ansässigen „Hochverräthers" und einiger mißliebigen Privatdocenten, die Auerbach zur Seite standen, verdächtig geworden sein. — Die Schweiz gibt uns doctrinären Deutschen wieder einmal ein Schauspiel oder, wenn man will, einen Spektakel. Die Jesui¬ ten waren zwar von Oesterreich und Frankreich gebeten worden, für jetzt den Ruf der Luzerner Negierung nicht anzunehmen, theils in ihrem eigenen Interesse, theils damit kein Bürgerkrieg entstehe; allein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_270058/147>, abgerufen am 27.04.2024.