Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.VI. N o t i z e n. Aufhebung der Cöthner Spielbank. -- Erstaunliche Fortschritte in Dessau. --- Deutsche Operndicktcr. -- Ein Privatbrief aus Cöthen meldet uns: Die hiesigen Spiel¬ -- Auch in dem Schwestcrreich der dramatischen Literatur, auf VI. N o t i z e n. Aufhebung der Cöthner Spielbank. — Erstaunliche Fortschritte in Dessau. —- Deutsche Operndicktcr. — Ein Privatbrief aus Cöthen meldet uns: Die hiesigen Spiel¬ — Auch in dem Schwestcrreich der dramatischen Literatur, auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0199" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/270258"/> </div> <div n="2"> <head> VI.<lb/> N o t i z e n.</head><lb/> <note type="argument"> Aufhebung der Cöthner Spielbank. — Erstaunliche Fortschritte in Dessau. —-<lb/> Deutsche Operndicktcr.</note><lb/> <p xml:id="ID_457"> — Ein Privatbrief aus Cöthen meldet uns: Die hiesigen Spiel¬<lb/> bankisten, Directoren, Croupiers und was drum und dran ist, haben<lb/> ihre Wohnungen gekündigt und erzeugen uns das Vergnügen, unsere<lb/> Stadt zu verlassen; der Herzog hat ihnen den Contract nicht erneuert<lb/> und es wird in Zukunft keine Spielbank mehr hier gehalten. Der<lb/> Herzog hat dem Bundestagsbeschluß zuvorkommen wollen, ein Ent¬<lb/> schluß, der um so mehr Beifall verdient, als einer sehr mächtigen Per¬<lb/> son unseres kleinen Hofes allgemein nachgesagt wird, sie habe buch¬<lb/> stäblich eine Hand im Spiele gehabt und daher Alles aufgeboten, den<lb/> Spielpachtern ihr Gewerbe weiter zu sicheren.--In dem benach¬<lb/> barten Dessau rühmt man der herzoglichen Familie viele milde Hand¬<lb/> lungen gegen die durch Ueberschwemmung verunglückten Familien nach;<lb/> unter andern sollen die Schafe einzelner Bauern in die herzoglichen<lb/> Säle (soll wohl heißen Ställe?) gerettet worden sein. Dessau hat<lb/> eine Art Gouvernement paternel, welches noch naiver als das öster¬<lb/> reichische ist. Am Wiener Hofe wird doch wenigstens die allgemeine<lb/> Zeitung gelesen; der Hof von Dessau aber hat — wie ich Ihnen<lb/> ganz zuverlässig versichere — zu Anfang dieses Jahres zum allcr-<lb/> erstenmale die allgemeine Zeitung angeschafft. Und wir<lb/> sollen nicht stolz sein auf den Triumph des Zeitgeistes, wenn man an<lb/> einem souveränen Hofe, der zwischen Berlin und Leipzig liegt, im<lb/> Jahre 1845, bereits bis zu dem Journal des Herrn von Cotta vor¬<lb/> geschritten ist?</p><lb/> <p xml:id="ID_458" next="#ID_459"> — Auch in dem Schwestcrreich der dramatischen Literatur, auf<lb/> der musikalischen Bühne der Oper, regten sich in letzterer Zeit die deut¬<lb/> schen Originalwerke weit mehr als früher. Wir wissen ein hübsches<lb/> Repertoir von allerjüngsten Operndichtungen aufzuzählen: Undine von<lb/> Lortzing, Stradella von Flotow, Sarah von Teile, eine Weihnacht<lb/> von Hiller, Mara von Netzer, das Wolkenkind von Titel, die Heim¬<lb/> kehr von Nikolai, Ring und Maske von Proch, Liebeszauber und<lb/> Johanna d'Arc von Hoven, der Schösse von Paris von Dorn; auch<lb/> zwei ältere Compositeure haben wieder Novitäten versendet: Spohr,<lb/> die Kreuzfahrer, Marschner, Adolf von Nassau. Bon dem Allem ist<lb/> freilich nur der kleinste Theil so glücklich gewesen, einen mehr als vor¬<lb/> übergehenden Platz auf dem Repertoire zu erobern, die meisten schei¬<lb/> terten, zur Hälfte durch eigene Schuld, zur Hälfte an den Texten-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0199]
VI.
N o t i z e n.
Aufhebung der Cöthner Spielbank. — Erstaunliche Fortschritte in Dessau. —-
Deutsche Operndicktcr.
— Ein Privatbrief aus Cöthen meldet uns: Die hiesigen Spiel¬
bankisten, Directoren, Croupiers und was drum und dran ist, haben
ihre Wohnungen gekündigt und erzeugen uns das Vergnügen, unsere
Stadt zu verlassen; der Herzog hat ihnen den Contract nicht erneuert
und es wird in Zukunft keine Spielbank mehr hier gehalten. Der
Herzog hat dem Bundestagsbeschluß zuvorkommen wollen, ein Ent¬
schluß, der um so mehr Beifall verdient, als einer sehr mächtigen Per¬
son unseres kleinen Hofes allgemein nachgesagt wird, sie habe buch¬
stäblich eine Hand im Spiele gehabt und daher Alles aufgeboten, den
Spielpachtern ihr Gewerbe weiter zu sicheren.--In dem benach¬
barten Dessau rühmt man der herzoglichen Familie viele milde Hand¬
lungen gegen die durch Ueberschwemmung verunglückten Familien nach;
unter andern sollen die Schafe einzelner Bauern in die herzoglichen
Säle (soll wohl heißen Ställe?) gerettet worden sein. Dessau hat
eine Art Gouvernement paternel, welches noch naiver als das öster¬
reichische ist. Am Wiener Hofe wird doch wenigstens die allgemeine
Zeitung gelesen; der Hof von Dessau aber hat — wie ich Ihnen
ganz zuverlässig versichere — zu Anfang dieses Jahres zum allcr-
erstenmale die allgemeine Zeitung angeschafft. Und wir
sollen nicht stolz sein auf den Triumph des Zeitgeistes, wenn man an
einem souveränen Hofe, der zwischen Berlin und Leipzig liegt, im
Jahre 1845, bereits bis zu dem Journal des Herrn von Cotta vor¬
geschritten ist?
— Auch in dem Schwestcrreich der dramatischen Literatur, auf
der musikalischen Bühne der Oper, regten sich in letzterer Zeit die deut¬
schen Originalwerke weit mehr als früher. Wir wissen ein hübsches
Repertoir von allerjüngsten Operndichtungen aufzuzählen: Undine von
Lortzing, Stradella von Flotow, Sarah von Teile, eine Weihnacht
von Hiller, Mara von Netzer, das Wolkenkind von Titel, die Heim¬
kehr von Nikolai, Ring und Maske von Proch, Liebeszauber und
Johanna d'Arc von Hoven, der Schösse von Paris von Dorn; auch
zwei ältere Compositeure haben wieder Novitäten versendet: Spohr,
die Kreuzfahrer, Marschner, Adolf von Nassau. Bon dem Allem ist
freilich nur der kleinste Theil so glücklich gewesen, einen mehr als vor¬
übergehenden Platz auf dem Repertoire zu erobern, die meisten schei¬
terten, zur Hälfte durch eigene Schuld, zur Hälfte an den Texten-
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