Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.spielerinnen auch eine aus der moralischen Apathie ihres Zustandes Am 9. April ist der Kronprinz von Würtemberg, ein hübscher, V. Aus Prag. Der Landtag und die Regierung. -- Graf Salm und Bai-on Haß. -- Die Hypothekenbank. -- Museum und Thcaterreformen. -- Die Czechen. -- Graf Colowrat und die Wiener Spenden. -- Intoleranz. Dem am 14. April abgehaltenen Landtage sind mehrere Tage frü¬ spielerinnen auch eine aus der moralischen Apathie ihres Zustandes Am 9. April ist der Kronprinz von Würtemberg, ein hübscher, V. Aus Prag. Der Landtag und die Regierung. — Graf Salm und Bai-on Haß. — Die Hypothekenbank. — Museum und Thcaterreformen. — Die Czechen. — Graf Colowrat und die Wiener Spenden. — Intoleranz. Dem am 14. April abgehaltenen Landtage sind mehrere Tage frü¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0239" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/270298"/> <p xml:id="ID_604" prev="#ID_603"> spielerinnen auch eine aus der moralischen Apathie ihres Zustandes<lb/> entspringende Nachlässigkeit in ihrem Berufsleben ein, indem nur sel¬<lb/> tene Naturen dem Einfluss« mütterlicher Empfindungen nicht unter¬<lb/> liegen und selbst dann noch Künstlerinnen bleiben, wenn sie bereits in<lb/> den Kreis der Häuslichkeit getreten sind. Es erscheint jedenfalls ganz<lb/> unbillig, solche Schauspielerinnen zum Nachtheil der übrigen, welche<lb/> sich mit ganzer Seele dem Institut und dem Kunstgenuß des Publi¬<lb/> kums widmen, blos als gute Hausmütter reichlich zu besolden; als<lb/> solche gehören sie dem Manne an und sollen auch von diesem versorgt<lb/> werden, die Oeffentlichkeit muß nicht Personen bezahlen, welche ihr<lb/> nicht dienen wollen. Diese Worte sind nicht etwa hier gesagt wor¬<lb/> den, um irgend eine von diesen Damen zu beleidigen, denn die Ehe, die<lb/> sie eingegangen, kann ihnen nicht zum geringsten Vorwurfe gemacht wer¬<lb/> den, indem sie dabei blos ihrer menschlichen Bestimmung getreu blieben,<lb/> sondern der Tadel trifft das System, welches, während es auf einer<lb/> Seite knausert, auf der andern das Geld in vollen Händen an Un¬<lb/> thätige verschenkt und in den Contracten nicht Vorsorge getroffen, um<lb/> derlei Mißständen vorzubeugen.</p><lb/> <p xml:id="ID_605"> Am 9. April ist der Kronprinz von Würtemberg, ein hübscher,<lb/> junger Mann von 23 Jahren, hier angelangt und im Gasthof zum<lb/> Erzherzog Karl abgestiegen. In Klosterneuburg wurde er von einem<lb/> Hofwagen erwartet und auch der k. Gesandte, Baron von Lindau,<lb/> war ihm bis dahin entgegengefahren. Für die Zeit seines Hierseins,<lb/> die auf 3 Wochen bemessen ist, wurde ihm der k. k. Kämmerer Oberst<lb/> Graf Zichy beigegeben, von hier begibt sich der Prinz nach Pesth<lb/> zum Besuch seiner erlauchten Verwandtin, der Gemahlin des Erzher¬<lb/> zogs Joseph, und von dort nach Berlin, wo er mit einer preußischen<lb/> Prinzessin verlobt werden soll. Sein berühmter Vater ist bei der<lb/> österreichischen Armee aus den Kriegsjahren her eben so beliebt, als<lb/> bei der Diplomatie seiner freisinnigen Selbstständigkeit wegen bekannt.<lb/> Im Gefolge des Kronprinzen befindet sich der liebenswürdige Schrift¬<lb/> steller Hackländer. Auch noch einen Stuttgarter Schriftsteller in Amt<lb/> und Würden erwartet man hier: den Hofrath Dingelstedt, der feine<lb/> Frau, die von Neuem am Kärntncrthor-Theater singen wird, begleiten<lb/> soll. Ferner hat sich Gutzkow hier melden lassen und dürfte bereits<lb/> in den nächsten Tagen eintreffen.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> V.<lb/> Aus Prag.</head><lb/> <note type="argument"> Der Landtag und die Regierung. — Graf Salm und Bai-on Haß. — Die<lb/> Hypothekenbank. — Museum und Thcaterreformen. — Die Czechen. — Graf<lb/> Colowrat und die Wiener Spenden. — Intoleranz.</note><lb/> <p xml:id="ID_606" next="#ID_607"> Dem am 14. April abgehaltenen Landtage sind mehrere Tage frü¬<lb/> her außerordentliche Ständeversammlungen vorangegangen; ein gedruck-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0239]
spielerinnen auch eine aus der moralischen Apathie ihres Zustandes
entspringende Nachlässigkeit in ihrem Berufsleben ein, indem nur sel¬
tene Naturen dem Einfluss« mütterlicher Empfindungen nicht unter¬
liegen und selbst dann noch Künstlerinnen bleiben, wenn sie bereits in
den Kreis der Häuslichkeit getreten sind. Es erscheint jedenfalls ganz
unbillig, solche Schauspielerinnen zum Nachtheil der übrigen, welche
sich mit ganzer Seele dem Institut und dem Kunstgenuß des Publi¬
kums widmen, blos als gute Hausmütter reichlich zu besolden; als
solche gehören sie dem Manne an und sollen auch von diesem versorgt
werden, die Oeffentlichkeit muß nicht Personen bezahlen, welche ihr
nicht dienen wollen. Diese Worte sind nicht etwa hier gesagt wor¬
den, um irgend eine von diesen Damen zu beleidigen, denn die Ehe, die
sie eingegangen, kann ihnen nicht zum geringsten Vorwurfe gemacht wer¬
den, indem sie dabei blos ihrer menschlichen Bestimmung getreu blieben,
sondern der Tadel trifft das System, welches, während es auf einer
Seite knausert, auf der andern das Geld in vollen Händen an Un¬
thätige verschenkt und in den Contracten nicht Vorsorge getroffen, um
derlei Mißständen vorzubeugen.
Am 9. April ist der Kronprinz von Würtemberg, ein hübscher,
junger Mann von 23 Jahren, hier angelangt und im Gasthof zum
Erzherzog Karl abgestiegen. In Klosterneuburg wurde er von einem
Hofwagen erwartet und auch der k. Gesandte, Baron von Lindau,
war ihm bis dahin entgegengefahren. Für die Zeit seines Hierseins,
die auf 3 Wochen bemessen ist, wurde ihm der k. k. Kämmerer Oberst
Graf Zichy beigegeben, von hier begibt sich der Prinz nach Pesth
zum Besuch seiner erlauchten Verwandtin, der Gemahlin des Erzher¬
zogs Joseph, und von dort nach Berlin, wo er mit einer preußischen
Prinzessin verlobt werden soll. Sein berühmter Vater ist bei der
österreichischen Armee aus den Kriegsjahren her eben so beliebt, als
bei der Diplomatie seiner freisinnigen Selbstständigkeit wegen bekannt.
Im Gefolge des Kronprinzen befindet sich der liebenswürdige Schrift¬
steller Hackländer. Auch noch einen Stuttgarter Schriftsteller in Amt
und Würden erwartet man hier: den Hofrath Dingelstedt, der feine
Frau, die von Neuem am Kärntncrthor-Theater singen wird, begleiten
soll. Ferner hat sich Gutzkow hier melden lassen und dürfte bereits
in den nächsten Tagen eintreffen.
V.
Aus Prag.
Der Landtag und die Regierung. — Graf Salm und Bai-on Haß. — Die
Hypothekenbank. — Museum und Thcaterreformen. — Die Czechen. — Graf
Colowrat und die Wiener Spenden. — Intoleranz.
Dem am 14. April abgehaltenen Landtage sind mehrere Tage frü¬
her außerordentliche Ständeversammlungen vorangegangen; ein gedruck-
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