Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.T a g e b u c>,. i. Aus Berlin. I. Maßregeln gegen die Universitäten. -- Die Universitäten habe" ihr Loos ver¬ dient. -- Der Fromme und der Samariter. -- Lind-Enthusiasmus. -- Erklä¬ rung der Berliner Enthusiasinusse. -- Sophie Löwe als Lucretia Borgia. Sie werden auch von der maskirten Studentcnschlittensahrt gehört T a g e b u c>,. i. Aus Berlin. I. Maßregeln gegen die Universitäten. — Die Universitäten habe» ihr Loos ver¬ dient. — Der Fromme und der Samariter. — Lind-Enthusiasmus. — Erklä¬ rung der Berliner Enthusiasinusse. — Sophie Löwe als Lucretia Borgia. Sie werden auch von der maskirten Studentcnschlittensahrt gehört <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0029" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/270088"/> </div> <div n="1"> <head> T a g e b u c>,.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> i.<lb/> Aus Berlin.</head><lb/> <div n="3"> <head> I.</head><lb/> <note type="argument"> Maßregeln gegen die Universitäten. — Die Universitäten habe» ihr Loos ver¬<lb/> dient. — Der Fromme und der Samariter. — Lind-Enthusiasmus. — Erklä¬<lb/> rung der Berliner Enthusiasinusse. — Sophie Löwe als Lucretia Borgia.</note><lb/> <p xml:id="ID_50" next="#ID_51"> Sie werden auch von der maskirten Studentcnschlittensahrt gehört<lb/> haben, welche einige Tage lang Berlin in Athem hielt. Als die jun¬<lb/> gen Leute in buntem Anzug über die Linden jagten, konnte man hie<lb/> und da officiell lächelnde Gesichter bemerken, welche zu sagen schienen:<lb/> „Seht, wir geben euch eine anständige akademische Freiheit!" Und<lb/> unsere Studenten waren glücklich in einem akademischen Freiheitsge¬<lb/> fühl, welches sie als Maske zur Schau tragen durften. Sie haben<lb/> schließlich auch noch ein Plautinisches Stück in lateinischer Sprache<lb/> und im alten Costüm aufführen dürfen, aber all' die Freude und all'<lb/> der Jubel ist ihnen jetzt, noch kurz bevor sie in die Ferien reisen, ver¬<lb/> salzen worden. Sie haben sich diesen Winter doch durchaus still und<lb/> wohlgezogen betragen, sie haben nicht, wie im vorigen, stürmische,<lb/> revolutionäre Studentenversammlungen gehalten, aber die hohe Behörde<lb/> hat trotz dieses akademischen Friedens jene revolutionären Tendenzen<lb/> noch nicht vergessen. Unser Cultusministerium bestimmt jetzt, daß<lb/> jeder Docent verpflichtet werde, von Zeit zu Zeit — wie wir hören,<lb/> alle drei bis vier Wochen — in seinem Colleg ein Examinatorium<lb/> anzustellen, um sich zu vergewissern, ob lind in wiefern seine Zuhörer<lb/> ihn verstanden haben, und diejenigen, welche die besten Antworten geben,<lb/> sollen in jeder Hinsicht bevorzugt und besonders belohnt werden. Wir<lb/> gestehen offen, daß es kein besseres Mittel gibt, den Universitäten ihren<lb/> Beruf als Abrichtungsanstalten für den Staatsdienst deutlich zu machen<lb/> und alle schädlichen, etwa von einer freien Wissenschaft angesteckten<lb/> Stoffe aus denselben zu vertreiben. Die Universitäten werden durch<lb/> die Ausführung dieser Maßregel in der öffentlichen Meinung gerade</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
T a g e b u c>,.
i.
Aus Berlin.
I.
Maßregeln gegen die Universitäten. — Die Universitäten habe» ihr Loos ver¬
dient. — Der Fromme und der Samariter. — Lind-Enthusiasmus. — Erklä¬
rung der Berliner Enthusiasinusse. — Sophie Löwe als Lucretia Borgia.
Sie werden auch von der maskirten Studentcnschlittensahrt gehört
haben, welche einige Tage lang Berlin in Athem hielt. Als die jun¬
gen Leute in buntem Anzug über die Linden jagten, konnte man hie
und da officiell lächelnde Gesichter bemerken, welche zu sagen schienen:
„Seht, wir geben euch eine anständige akademische Freiheit!" Und
unsere Studenten waren glücklich in einem akademischen Freiheitsge¬
fühl, welches sie als Maske zur Schau tragen durften. Sie haben
schließlich auch noch ein Plautinisches Stück in lateinischer Sprache
und im alten Costüm aufführen dürfen, aber all' die Freude und all'
der Jubel ist ihnen jetzt, noch kurz bevor sie in die Ferien reisen, ver¬
salzen worden. Sie haben sich diesen Winter doch durchaus still und
wohlgezogen betragen, sie haben nicht, wie im vorigen, stürmische,
revolutionäre Studentenversammlungen gehalten, aber die hohe Behörde
hat trotz dieses akademischen Friedens jene revolutionären Tendenzen
noch nicht vergessen. Unser Cultusministerium bestimmt jetzt, daß
jeder Docent verpflichtet werde, von Zeit zu Zeit — wie wir hören,
alle drei bis vier Wochen — in seinem Colleg ein Examinatorium
anzustellen, um sich zu vergewissern, ob lind in wiefern seine Zuhörer
ihn verstanden haben, und diejenigen, welche die besten Antworten geben,
sollen in jeder Hinsicht bevorzugt und besonders belohnt werden. Wir
gestehen offen, daß es kein besseres Mittel gibt, den Universitäten ihren
Beruf als Abrichtungsanstalten für den Staatsdienst deutlich zu machen
und alle schädlichen, etwa von einer freien Wissenschaft angesteckten
Stoffe aus denselben zu vertreiben. Die Universitäten werden durch
die Ausführung dieser Maßregel in der öffentlichen Meinung gerade
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