Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.T a g e b u es. >. Aus Wien. Die Fremden und ihre Beschwerlichkeiten. -- Aufenthaltskartcn und Untci- beamten. -- Privilegium des "Humoristen." -- Saphir und Graf Sermage. -- Der "Adler" und Groß-Hoffinger. -- Bauernfeld und die "Gedichte eines Oesterreichers." Die Industrieausstellung führt der Hauptstadt von allen Seiten T a g e b u es. >. Aus Wien. Die Fremden und ihre Beschwerlichkeiten. — Aufenthaltskartcn und Untci- beamten. — Privilegium des „Humoristen." — Saphir und Graf Sermage. — Der „Adler" und Groß-Hoffinger. — Bauernfeld und die „Gedichte eines Oesterreichers." Die Industrieausstellung führt der Hauptstadt von allen Seiten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0504" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/270563"/> </div> <div n="1"> <head> T a g e b u es.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> >.<lb/> Aus Wien.</head><lb/> <note type="argument"> Die Fremden und ihre Beschwerlichkeiten. — Aufenthaltskartcn und Untci-<lb/> beamten. — Privilegium des „Humoristen." — Saphir und Graf Sermage. —<lb/> Der „Adler" und Groß-Hoffinger. — Bauernfeld und die „Gedichte eines<lb/> Oesterreichers."</note><lb/> <p xml:id="ID_1405" next="#ID_1406"> Die Industrieausstellung führt der Hauptstadt von allen Seiten<lb/> schaulustige Besucher zu, und die Miethpreise der Wohnungen gewin¬<lb/> nen, zumal in der Nahe der Gewerbshalle, eine bedenkliche Höhe,<lb/> welche indeß nur vorübergehend ist und bald wieder dem gewöhnlichen<lb/> Zustande Platz machen wird. Aus Deutschland strömen uns beson¬<lb/> ders viele Fremde zu, da man dort neugierig ist, etwas Reelles über<lb/> den Standpunkt des österreichischen Kunstfleißes zu erfahren, und des<lb/> bloßen Geredes über derlei positive Dinge herzlich satt haben mag.<lb/> So sehr sich nun auch die Ankömmlinge in dem frischen, breitspurigen<lb/> Leben der Kaiserstadt gefallen, und wie viele Vorurtheile und schiefe<lb/> Ansichten sie auch wahrend wenig Wochen abzustreifen pflegen, so<lb/> herrscht doch unter den Fremden einstimmige Klage über das unartige,<lb/> herrschsüchtige und ungleiche Benehmen einiger Paßbeamten, welche jeden<lb/> Ausländer wie ein verdächtiges Individuum behandeln. So ist es<lb/> schon sehr auffällig, daß von jedem Ankömmlinge zweiter Klasse, —<lb/> denn auf dem Polizeiamte werden die Fremden ihrem Stande nach in<lb/> Klassen eingetheilt, der Kaufmann und Industrielle zahlt zur zweiten<lb/> Klasse, — alsogleich eine von einem hier ansässigen vertrauenswürdiger<lb/> Manne ausgestellte schriftliche Bürgschaft verlangt wird, worin sich<lb/> derselbe dahin aussprechen muß, daß er den Fremden kenne und für<lb/> seine Aufführung haften wolle. In welche unliebsame Verwickelungen,<lb/> in welche gräßliche Verlegenheit kann da nicht ein Fremder gerathen,<lb/> der, unbekannt mit diesen sonderbaren Vorkehrungen, plötzlich hier<lb/> ankommt und nun auf der Stelle einen Bürgen aufstellen soll, wie<lb/> ein verdächtiges Individuum, das man blos unter solchem Vorbehalt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0504]
T a g e b u es.
>.
Aus Wien.
Die Fremden und ihre Beschwerlichkeiten. — Aufenthaltskartcn und Untci-
beamten. — Privilegium des „Humoristen." — Saphir und Graf Sermage. —
Der „Adler" und Groß-Hoffinger. — Bauernfeld und die „Gedichte eines
Oesterreichers."
Die Industrieausstellung führt der Hauptstadt von allen Seiten
schaulustige Besucher zu, und die Miethpreise der Wohnungen gewin¬
nen, zumal in der Nahe der Gewerbshalle, eine bedenkliche Höhe,
welche indeß nur vorübergehend ist und bald wieder dem gewöhnlichen
Zustande Platz machen wird. Aus Deutschland strömen uns beson¬
ders viele Fremde zu, da man dort neugierig ist, etwas Reelles über
den Standpunkt des österreichischen Kunstfleißes zu erfahren, und des
bloßen Geredes über derlei positive Dinge herzlich satt haben mag.
So sehr sich nun auch die Ankömmlinge in dem frischen, breitspurigen
Leben der Kaiserstadt gefallen, und wie viele Vorurtheile und schiefe
Ansichten sie auch wahrend wenig Wochen abzustreifen pflegen, so
herrscht doch unter den Fremden einstimmige Klage über das unartige,
herrschsüchtige und ungleiche Benehmen einiger Paßbeamten, welche jeden
Ausländer wie ein verdächtiges Individuum behandeln. So ist es
schon sehr auffällig, daß von jedem Ankömmlinge zweiter Klasse, —
denn auf dem Polizeiamte werden die Fremden ihrem Stande nach in
Klassen eingetheilt, der Kaufmann und Industrielle zahlt zur zweiten
Klasse, — alsogleich eine von einem hier ansässigen vertrauenswürdiger
Manne ausgestellte schriftliche Bürgschaft verlangt wird, worin sich
derselbe dahin aussprechen muß, daß er den Fremden kenne und für
seine Aufführung haften wolle. In welche unliebsame Verwickelungen,
in welche gräßliche Verlegenheit kann da nicht ein Fremder gerathen,
der, unbekannt mit diesen sonderbaren Vorkehrungen, plötzlich hier
ankommt und nun auf der Stelle einen Bürgen aufstellen soll, wie
ein verdächtiges Individuum, das man blos unter solchem Vorbehalt
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