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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.

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einigen können und ist aufgelöst worden. Warum man nicht ganz
einfach zu Werke geht und ein Paar tüchtige Männer auf Reisen schickt,
um die deutschen und namentlich die musterhaften preußischen Schul¬
zustände zu siudiren, um nach diesem Beispiele unsere Schulen und
Gymnasien zu organisiren, ist unbegreiflich. Dies wäre sicher der aller-
einfachste Weg. Nun werden wir wieder warten, bis die neue Com¬
mission zusammengetreten und ihr Gutachten abgegeben hat, wenn dies
geschehen, wer weiß, was wieder für Schwierigkeiten entgegentreten,
die die ganze Arbeit vergeblich machen. Ist es uns doch mit dem Ent¬
wurf zu einem neuen Strafgesetzbuch ebenso gegangen. Gott bessere es!


R. v. W.
Hi.
Aus B " rli n.

Zum zweiten Male besser. -- Der König für Itzstein. -- Der Volksgeist. --
ol. Dronte. -- Fetialen David. -- Hcndrichs und B-iison.

Die Erklärung, die Herr Hecker jener unserer Polizei entgegen¬
stellte, hat dieses ohnehin nichtssagende polizeiliche Document noch mehr
in der öffentlichen Meinung herabgesetzt. Was wollte eigentlich jene
Polizeipolemik? Rechthaberei ist überall zuwider, aber auf einem sol¬
chen Felde ist sie unwürdig. Da man sich aber schon in's Erklären
eingelassen hat, und zwar aus eine recht unglückliche Weise, so wird
man hoffentlich bei dem ersten verlorenen Scharmützel nicht stehen
bleiben. Hat man ein Mal gesprochen und nichts gesagt, so möge
man doch ein zweites Mal reden und dabei etwas sagen.

Wie ungeheure Erregtheit hier die auf Privatwege angekomme¬
nen Nachrichten über die Rückwirkungen in Baden gegen jenes Ereig-
niß in den Kreisen hervorrufen, wo sie bekannt werden, kann man
sich leicht vorstellen. Man billigt dergleichen Demonstrationen, durch
welche Unschuldige leiden müssen, allerdings nicht, aber man kann der
Frage, wer die Schuld solcher Ereignisse trage, nicht entgehen; und
für wen die Beantwortung dieser Frage im vorliegenden Falle ungün¬
stig ausschlägt, brauche ich nicht zu sagen. Von vielen Seiten wird
übrigens behauptet, der König sei erzürnt über den Vorgang, und
man spricht sogar davon, die Sache werde Veränderungen in Besetzung
ieniger Stellen zur Folge haben. In der That scheint es nur, den
nothwendigen Satisfactionsforderungen der badischen Regierung gegen¬
über, der einzige politische Ausweg zu sein, daß man Personen auf¬
gibt, um das Princip nicht bloßznlegen. Ob wir dabei gewinnen
werden, laßt sich für den Augenblick nicht berechnen.

Man kann in gewissen Kreisen noch immer nicht sich über die Mei¬
nung erheven,die im Volke erwachenden Wünsche nach freieren Staatszu¬
ständen, überhaupt die allgemeine Unbehaglichkeit und Unruhe gehe einzig
Mi> allein von den Schriftstellern aus, und scheint namentlich die alt-


einigen können und ist aufgelöst worden. Warum man nicht ganz
einfach zu Werke geht und ein Paar tüchtige Männer auf Reisen schickt,
um die deutschen und namentlich die musterhaften preußischen Schul¬
zustände zu siudiren, um nach diesem Beispiele unsere Schulen und
Gymnasien zu organisiren, ist unbegreiflich. Dies wäre sicher der aller-
einfachste Weg. Nun werden wir wieder warten, bis die neue Com¬
mission zusammengetreten und ihr Gutachten abgegeben hat, wenn dies
geschehen, wer weiß, was wieder für Schwierigkeiten entgegentreten,
die die ganze Arbeit vergeblich machen. Ist es uns doch mit dem Ent¬
wurf zu einem neuen Strafgesetzbuch ebenso gegangen. Gott bessere es!


R. v. W.
Hi.
Aus B « rli n.

Zum zweiten Male besser. — Der König für Itzstein. — Der Volksgeist. —
ol. Dronte. — Fetialen David. — Hcndrichs und B-iison.

Die Erklärung, die Herr Hecker jener unserer Polizei entgegen¬
stellte, hat dieses ohnehin nichtssagende polizeiliche Document noch mehr
in der öffentlichen Meinung herabgesetzt. Was wollte eigentlich jene
Polizeipolemik? Rechthaberei ist überall zuwider, aber auf einem sol¬
chen Felde ist sie unwürdig. Da man sich aber schon in's Erklären
eingelassen hat, und zwar aus eine recht unglückliche Weise, so wird
man hoffentlich bei dem ersten verlorenen Scharmützel nicht stehen
bleiben. Hat man ein Mal gesprochen und nichts gesagt, so möge
man doch ein zweites Mal reden und dabei etwas sagen.

Wie ungeheure Erregtheit hier die auf Privatwege angekomme¬
nen Nachrichten über die Rückwirkungen in Baden gegen jenes Ereig-
niß in den Kreisen hervorrufen, wo sie bekannt werden, kann man
sich leicht vorstellen. Man billigt dergleichen Demonstrationen, durch
welche Unschuldige leiden müssen, allerdings nicht, aber man kann der
Frage, wer die Schuld solcher Ereignisse trage, nicht entgehen; und
für wen die Beantwortung dieser Frage im vorliegenden Falle ungün¬
stig ausschlägt, brauche ich nicht zu sagen. Von vielen Seiten wird
übrigens behauptet, der König sei erzürnt über den Vorgang, und
man spricht sogar davon, die Sache werde Veränderungen in Besetzung
ieniger Stellen zur Folge haben. In der That scheint es nur, den
nothwendigen Satisfactionsforderungen der badischen Regierung gegen¬
über, der einzige politische Ausweg zu sein, daß man Personen auf¬
gibt, um das Princip nicht bloßznlegen. Ob wir dabei gewinnen
werden, laßt sich für den Augenblick nicht berechnen.

Man kann in gewissen Kreisen noch immer nicht sich über die Mei¬
nung erheven,die im Volke erwachenden Wünsche nach freieren Staatszu¬
ständen, überhaupt die allgemeine Unbehaglichkeit und Unruhe gehe einzig
Mi> allein von den Schriftstellern aus, und scheint namentlich die alt-


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[0590] einigen können und ist aufgelöst worden. Warum man nicht ganz einfach zu Werke geht und ein Paar tüchtige Männer auf Reisen schickt, um die deutschen und namentlich die musterhaften preußischen Schul¬ zustände zu siudiren, um nach diesem Beispiele unsere Schulen und Gymnasien zu organisiren, ist unbegreiflich. Dies wäre sicher der aller- einfachste Weg. Nun werden wir wieder warten, bis die neue Com¬ mission zusammengetreten und ihr Gutachten abgegeben hat, wenn dies geschehen, wer weiß, was wieder für Schwierigkeiten entgegentreten, die die ganze Arbeit vergeblich machen. Ist es uns doch mit dem Ent¬ wurf zu einem neuen Strafgesetzbuch ebenso gegangen. Gott bessere es! R. v. W. Hi. Aus B « rli n. Zum zweiten Male besser. — Der König für Itzstein. — Der Volksgeist. — ol. Dronte. — Fetialen David. — Hcndrichs und B-iison. Die Erklärung, die Herr Hecker jener unserer Polizei entgegen¬ stellte, hat dieses ohnehin nichtssagende polizeiliche Document noch mehr in der öffentlichen Meinung herabgesetzt. Was wollte eigentlich jene Polizeipolemik? Rechthaberei ist überall zuwider, aber auf einem sol¬ chen Felde ist sie unwürdig. Da man sich aber schon in's Erklären eingelassen hat, und zwar aus eine recht unglückliche Weise, so wird man hoffentlich bei dem ersten verlorenen Scharmützel nicht stehen bleiben. Hat man ein Mal gesprochen und nichts gesagt, so möge man doch ein zweites Mal reden und dabei etwas sagen. Wie ungeheure Erregtheit hier die auf Privatwege angekomme¬ nen Nachrichten über die Rückwirkungen in Baden gegen jenes Ereig- niß in den Kreisen hervorrufen, wo sie bekannt werden, kann man sich leicht vorstellen. Man billigt dergleichen Demonstrationen, durch welche Unschuldige leiden müssen, allerdings nicht, aber man kann der Frage, wer die Schuld solcher Ereignisse trage, nicht entgehen; und für wen die Beantwortung dieser Frage im vorliegenden Falle ungün¬ stig ausschlägt, brauche ich nicht zu sagen. Von vielen Seiten wird übrigens behauptet, der König sei erzürnt über den Vorgang, und man spricht sogar davon, die Sache werde Veränderungen in Besetzung ieniger Stellen zur Folge haben. In der That scheint es nur, den nothwendigen Satisfactionsforderungen der badischen Regierung gegen¬ über, der einzige politische Ausweg zu sein, daß man Personen auf¬ gibt, um das Princip nicht bloßznlegen. Ob wir dabei gewinnen werden, laßt sich für den Augenblick nicht berechnen. Man kann in gewissen Kreisen noch immer nicht sich über die Mei¬ nung erheven,die im Volke erwachenden Wünsche nach freieren Staatszu¬ ständen, überhaupt die allgemeine Unbehaglichkeit und Unruhe gehe einzig Mi> allein von den Schriftstellern aus, und scheint namentlich die alt-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_270058/590>, abgerufen am 27.04.2024.