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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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III.
Aus Prag.

Holztheurung. -- Stellung der Beamten. -- Muthung bei Buschtierad. --
Fasching. -- Prager Zeitung. -- Bücherpolizei. Die Stände-
versammlung.

Unser Landeschef ist eifrig und ernstlich bemüht gewesen, der
Holz-Theurung abzuhelfen, ein Uebel welches durch den großen Be¬
darf der Eisenbahn und Locomotiv-Heizung plötzlich entstanden war. --
Die veranlaßte Zufuhr von 8V0V Klaftern, durch aerarische Bezüge
hat wenigstens dem in Noth schmachtenden Beamten, dem ungeachtet
der diesjährigen Theurung keine Gehaltszulage bewilligt wurde, den
Holzbcdarf zu mäßigeren Preisen gesichert. -- Für den Beamten, der,
besonders in Böhmen, mit sehr kleinem Gehalte bedacht ist, so daß
oft eine zahlreiche Familie auf einen Gehalt von 8l)t) si. -- ein Ge¬
halt den schon ein höherer Beamte genießt -- hingewiesen ist, ist
diese Theurung um so drückender, als ihm seit der jetzigen Landes¬
verwaltung durch den Erzherzog, alle Wege abgeschnitten sind, durch
die er sich sonst Nebeneinkünfte zu verschaffen wußte; -- nur sollte
anderseits die Regierung dazu thun, dem Staatsdiener ein rechtliches
Auskommen zu sichern, wenn sie das Rechtlichkeitsgefühl bei demselben
nicht veräußert sehen will. --

Vor einigen Tagen langte Erzherzog Stephan von seiner Wiener
Reise hier wieder an. Zu letzterer Zeit war die Fahrt auf der Ei¬
senbahn wieder sehr unregelmäßig, und auch jener Train, mit wel¬
chem der Erzherzog fuhr, kam anstatt um 5 Uhr Abends, erst Nachts
um 2 Uhr an. Bei Anlangung auf der einen Station fehlte es so¬
gar an Holz zur Heizung, bei der Abfahrt von der anderen Station
wurden aus Versehn einige Lastwagens zurückgelassen, die wieder
geholt werden mußten. -- Die Passagier-Wagons, welche Anfangs
den Beifall der Passagiere erhielten, erwecken nun im Allgemei¬
nen deren Unzufriedenheit. Es zeigt sich nun, daß deren nachläs¬
sige Bauart sich, bis zur Unerträglichkeit, in einem Fenstergeklirre
und einem Gerassel bekundet, was alles Schreien in den Wagons
übertönet, so daß der redseligste Passagier sich geduldig zum Schwei¬
gen bescheiden muß, wenn er nicht um seine Lunge kommen will.
Der Passagier weiß nicht, ob er dieses Gepolter mehr der Schienen¬
lage, der Anlage der Bahn, oder der nachlässigen Bauart der Wa¬
gons zuschreiben soll, die schon, so zu sagen, aus dem Leime gehen.
-- Die Heizung der Locomotiven mit Holz, wird nun bald durch die
Heizung mit Steinkohlen ersetzt werden, weil der Bedarf an Brenn¬
materials zu groß ist, als daß nicht die Holzpreise noch mehr in die
Höhe gehen sollten. -- Der Umsicht des Hofkammerpräsidenten dankt es
das Publicum, daß von Seiten des Aerars eine sehr großartige Mu-


III.
Aus Prag.

Holztheurung. — Stellung der Beamten. — Muthung bei Buschtierad. —
Fasching. -- Prager Zeitung. — Bücherpolizei. Die Stände-
versammlung.

Unser Landeschef ist eifrig und ernstlich bemüht gewesen, der
Holz-Theurung abzuhelfen, ein Uebel welches durch den großen Be¬
darf der Eisenbahn und Locomotiv-Heizung plötzlich entstanden war. —
Die veranlaßte Zufuhr von 8V0V Klaftern, durch aerarische Bezüge
hat wenigstens dem in Noth schmachtenden Beamten, dem ungeachtet
der diesjährigen Theurung keine Gehaltszulage bewilligt wurde, den
Holzbcdarf zu mäßigeren Preisen gesichert. — Für den Beamten, der,
besonders in Böhmen, mit sehr kleinem Gehalte bedacht ist, so daß
oft eine zahlreiche Familie auf einen Gehalt von 8l)t) si. — ein Ge¬
halt den schon ein höherer Beamte genießt — hingewiesen ist, ist
diese Theurung um so drückender, als ihm seit der jetzigen Landes¬
verwaltung durch den Erzherzog, alle Wege abgeschnitten sind, durch
die er sich sonst Nebeneinkünfte zu verschaffen wußte; — nur sollte
anderseits die Regierung dazu thun, dem Staatsdiener ein rechtliches
Auskommen zu sichern, wenn sie das Rechtlichkeitsgefühl bei demselben
nicht veräußert sehen will. —

Vor einigen Tagen langte Erzherzog Stephan von seiner Wiener
Reise hier wieder an. Zu letzterer Zeit war die Fahrt auf der Ei¬
senbahn wieder sehr unregelmäßig, und auch jener Train, mit wel¬
chem der Erzherzog fuhr, kam anstatt um 5 Uhr Abends, erst Nachts
um 2 Uhr an. Bei Anlangung auf der einen Station fehlte es so¬
gar an Holz zur Heizung, bei der Abfahrt von der anderen Station
wurden aus Versehn einige Lastwagens zurückgelassen, die wieder
geholt werden mußten. — Die Passagier-Wagons, welche Anfangs
den Beifall der Passagiere erhielten, erwecken nun im Allgemei¬
nen deren Unzufriedenheit. Es zeigt sich nun, daß deren nachläs¬
sige Bauart sich, bis zur Unerträglichkeit, in einem Fenstergeklirre
und einem Gerassel bekundet, was alles Schreien in den Wagons
übertönet, so daß der redseligste Passagier sich geduldig zum Schwei¬
gen bescheiden muß, wenn er nicht um seine Lunge kommen will.
Der Passagier weiß nicht, ob er dieses Gepolter mehr der Schienen¬
lage, der Anlage der Bahn, oder der nachlässigen Bauart der Wa¬
gons zuschreiben soll, die schon, so zu sagen, aus dem Leime gehen.
— Die Heizung der Locomotiven mit Holz, wird nun bald durch die
Heizung mit Steinkohlen ersetzt werden, weil der Bedarf an Brenn¬
materials zu groß ist, als daß nicht die Holzpreise noch mehr in die
Höhe gehen sollten. — Der Umsicht des Hofkammerpräsidenten dankt es
das Publicum, daß von Seiten des Aerars eine sehr großartige Mu-


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[0136] III. Aus Prag. Holztheurung. — Stellung der Beamten. — Muthung bei Buschtierad. — Fasching. -- Prager Zeitung. — Bücherpolizei. Die Stände- versammlung. Unser Landeschef ist eifrig und ernstlich bemüht gewesen, der Holz-Theurung abzuhelfen, ein Uebel welches durch den großen Be¬ darf der Eisenbahn und Locomotiv-Heizung plötzlich entstanden war. — Die veranlaßte Zufuhr von 8V0V Klaftern, durch aerarische Bezüge hat wenigstens dem in Noth schmachtenden Beamten, dem ungeachtet der diesjährigen Theurung keine Gehaltszulage bewilligt wurde, den Holzbcdarf zu mäßigeren Preisen gesichert. — Für den Beamten, der, besonders in Böhmen, mit sehr kleinem Gehalte bedacht ist, so daß oft eine zahlreiche Familie auf einen Gehalt von 8l)t) si. — ein Ge¬ halt den schon ein höherer Beamte genießt — hingewiesen ist, ist diese Theurung um so drückender, als ihm seit der jetzigen Landes¬ verwaltung durch den Erzherzog, alle Wege abgeschnitten sind, durch die er sich sonst Nebeneinkünfte zu verschaffen wußte; — nur sollte anderseits die Regierung dazu thun, dem Staatsdiener ein rechtliches Auskommen zu sichern, wenn sie das Rechtlichkeitsgefühl bei demselben nicht veräußert sehen will. — Vor einigen Tagen langte Erzherzog Stephan von seiner Wiener Reise hier wieder an. Zu letzterer Zeit war die Fahrt auf der Ei¬ senbahn wieder sehr unregelmäßig, und auch jener Train, mit wel¬ chem der Erzherzog fuhr, kam anstatt um 5 Uhr Abends, erst Nachts um 2 Uhr an. Bei Anlangung auf der einen Station fehlte es so¬ gar an Holz zur Heizung, bei der Abfahrt von der anderen Station wurden aus Versehn einige Lastwagens zurückgelassen, die wieder geholt werden mußten. — Die Passagier-Wagons, welche Anfangs den Beifall der Passagiere erhielten, erwecken nun im Allgemei¬ nen deren Unzufriedenheit. Es zeigt sich nun, daß deren nachläs¬ sige Bauart sich, bis zur Unerträglichkeit, in einem Fenstergeklirre und einem Gerassel bekundet, was alles Schreien in den Wagons übertönet, so daß der redseligste Passagier sich geduldig zum Schwei¬ gen bescheiden muß, wenn er nicht um seine Lunge kommen will. Der Passagier weiß nicht, ob er dieses Gepolter mehr der Schienen¬ lage, der Anlage der Bahn, oder der nachlässigen Bauart der Wa¬ gons zuschreiben soll, die schon, so zu sagen, aus dem Leime gehen. — Die Heizung der Locomotiven mit Holz, wird nun bald durch die Heizung mit Steinkohlen ersetzt werden, weil der Bedarf an Brenn¬ materials zu groß ist, als daß nicht die Holzpreise noch mehr in die Höhe gehen sollten. — Der Umsicht des Hofkammerpräsidenten dankt es das Publicum, daß von Seiten des Aerars eine sehr großartige Mu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/136>, abgerufen am 28.04.2024.