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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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VI.
Aus Pesth.

Die Direktion der Centralbahn. -- Eine neue Kirche. -- Herr Hild. -- Bahn
nach Finne. -- Klieglsche Erfindung. -- Ausdehnung des Bergbaus. -- Kroatische
Zerwürfnisse. -- Der requirirte Schulmeister. Ablösungen. -- Literarischcs.
-- Theatralisches.

Die Angriffe, welche in der Beilage der Allgemeinen Zeitung
gegen die Direction der ungarischen Centralbahn enthalten waren,
haben in den hiesigen Kreisen ungemeine Sensation erregt, obschon
die vorgebrachten Thatsachen dem Publicum, das in die wichtigeren
Landesangelegenheiten eingeweiht ist, nichts weniger als neu sein
konnten, denn das Walten des Herrn Ullmann und Consorten ist be¬
reits zu allgemein bekannt, um noch Befremdung zu erwecken. Allein
die Offenheit und der Nachdruck, mit welcher in dem erwähnten Ar¬
tikel die gravirenden Facta der Lesewelt vorgelegt wurden, waren aller¬
dings geeignet, kein geringes Aufsehen zu machen, und es ist hier
nicht unbekannt geblieben, daß den Anklägern in Wien der Rath
ertheilt worden war, diesen Weg der journalistischen Publication zu
beschreiten, um die Betroffenen zur richterlichen Entscheidung zu dran¬
gen. Daß auch Staatsdiener, wie z. B. Hofbaurath Sprenger und
Hauptmann Wurmb bei der skandalösen Geschichte bethätigt sind,
dient nur dazu, die Sache noch verwickelter zu machen. Man ist sehr
gespannt, welchen Ausgang diese schmutzige Angelegenheit endlich neh¬
men werde; jedenfalls ist sie mit barschen Abfertigungen und dünkel¬
haften Drohungen, wie sie der erwähnte Officier in Wiener Blattes
einrücken ließ, nicht abzuthun, sondern verlangt gründliche Untersu¬
chung und parlheiloses Urtheil. Um dieses zu erzwecken, wäre es
wohl das Beste, wenn die Sache in Wien bei den zuständigen Ge¬
richten in Verhandlung genommen würde, venu die ungarische Justiz
ist gar manchen Einflüssen und juristischen Schwachen blos gestellt,
welche österreichischen Gerichtshöfen, man mag sonst über die öffent¬
lichen Austande in den Erbländern denken wie man will, mindestens in
einem weit minderen Grade möglich sind. Herr Ullmann hat gestern
in der Pcsther Zeitung eine ausführliche Rechtfertigung abdrucken las¬
sen, welche trotz der geschickten Vertheidigungskunst, doch der Blößen^
gar manche gibt und die zugesagte Beschreidung des Rechtsweges kei¬
neswegs als überflüssiig erscheinen läßt. Es scheint die Absicht zu
bestehen, andere Personen, welche gleichfalls verkürzt worden, in der
Stille mit Entschädigungssummen abzuspeisen und dann gegen den
vereinzelten Herrn Beyse aufzutreten, dem auf solche Art die Stütze
bekräftigender Zeugenaussagen entzogen werden möchte.

Unsere Stadt soll mit einem neuen Bauwerk geziert werden,
das ihr um so nothwendiger wäre, als die architektonische Phvsiogno-


VI.
Aus Pesth.

Die Direktion der Centralbahn. — Eine neue Kirche. — Herr Hild. — Bahn
nach Finne. — Klieglsche Erfindung. — Ausdehnung des Bergbaus. — Kroatische
Zerwürfnisse. — Der requirirte Schulmeister. Ablösungen. — Literarischcs.
— Theatralisches.

Die Angriffe, welche in der Beilage der Allgemeinen Zeitung
gegen die Direction der ungarischen Centralbahn enthalten waren,
haben in den hiesigen Kreisen ungemeine Sensation erregt, obschon
die vorgebrachten Thatsachen dem Publicum, das in die wichtigeren
Landesangelegenheiten eingeweiht ist, nichts weniger als neu sein
konnten, denn das Walten des Herrn Ullmann und Consorten ist be¬
reits zu allgemein bekannt, um noch Befremdung zu erwecken. Allein
die Offenheit und der Nachdruck, mit welcher in dem erwähnten Ar¬
tikel die gravirenden Facta der Lesewelt vorgelegt wurden, waren aller¬
dings geeignet, kein geringes Aufsehen zu machen, und es ist hier
nicht unbekannt geblieben, daß den Anklägern in Wien der Rath
ertheilt worden war, diesen Weg der journalistischen Publication zu
beschreiten, um die Betroffenen zur richterlichen Entscheidung zu dran¬
gen. Daß auch Staatsdiener, wie z. B. Hofbaurath Sprenger und
Hauptmann Wurmb bei der skandalösen Geschichte bethätigt sind,
dient nur dazu, die Sache noch verwickelter zu machen. Man ist sehr
gespannt, welchen Ausgang diese schmutzige Angelegenheit endlich neh¬
men werde; jedenfalls ist sie mit barschen Abfertigungen und dünkel¬
haften Drohungen, wie sie der erwähnte Officier in Wiener Blattes
einrücken ließ, nicht abzuthun, sondern verlangt gründliche Untersu¬
chung und parlheiloses Urtheil. Um dieses zu erzwecken, wäre es
wohl das Beste, wenn die Sache in Wien bei den zuständigen Ge¬
richten in Verhandlung genommen würde, venu die ungarische Justiz
ist gar manchen Einflüssen und juristischen Schwachen blos gestellt,
welche österreichischen Gerichtshöfen, man mag sonst über die öffent¬
lichen Austande in den Erbländern denken wie man will, mindestens in
einem weit minderen Grade möglich sind. Herr Ullmann hat gestern
in der Pcsther Zeitung eine ausführliche Rechtfertigung abdrucken las¬
sen, welche trotz der geschickten Vertheidigungskunst, doch der Blößen^
gar manche gibt und die zugesagte Beschreidung des Rechtsweges kei¬
neswegs als überflüssiig erscheinen läßt. Es scheint die Absicht zu
bestehen, andere Personen, welche gleichfalls verkürzt worden, in der
Stille mit Entschädigungssummen abzuspeisen und dann gegen den
vereinzelten Herrn Beyse aufzutreten, dem auf solche Art die Stütze
bekräftigender Zeugenaussagen entzogen werden möchte.

Unsere Stadt soll mit einem neuen Bauwerk geziert werden,
das ihr um so nothwendiger wäre, als die architektonische Phvsiogno-


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[0286] VI. Aus Pesth. Die Direktion der Centralbahn. — Eine neue Kirche. — Herr Hild. — Bahn nach Finne. — Klieglsche Erfindung. — Ausdehnung des Bergbaus. — Kroatische Zerwürfnisse. — Der requirirte Schulmeister. Ablösungen. — Literarischcs. — Theatralisches. Die Angriffe, welche in der Beilage der Allgemeinen Zeitung gegen die Direction der ungarischen Centralbahn enthalten waren, haben in den hiesigen Kreisen ungemeine Sensation erregt, obschon die vorgebrachten Thatsachen dem Publicum, das in die wichtigeren Landesangelegenheiten eingeweiht ist, nichts weniger als neu sein konnten, denn das Walten des Herrn Ullmann und Consorten ist be¬ reits zu allgemein bekannt, um noch Befremdung zu erwecken. Allein die Offenheit und der Nachdruck, mit welcher in dem erwähnten Ar¬ tikel die gravirenden Facta der Lesewelt vorgelegt wurden, waren aller¬ dings geeignet, kein geringes Aufsehen zu machen, und es ist hier nicht unbekannt geblieben, daß den Anklägern in Wien der Rath ertheilt worden war, diesen Weg der journalistischen Publication zu beschreiten, um die Betroffenen zur richterlichen Entscheidung zu dran¬ gen. Daß auch Staatsdiener, wie z. B. Hofbaurath Sprenger und Hauptmann Wurmb bei der skandalösen Geschichte bethätigt sind, dient nur dazu, die Sache noch verwickelter zu machen. Man ist sehr gespannt, welchen Ausgang diese schmutzige Angelegenheit endlich neh¬ men werde; jedenfalls ist sie mit barschen Abfertigungen und dünkel¬ haften Drohungen, wie sie der erwähnte Officier in Wiener Blattes einrücken ließ, nicht abzuthun, sondern verlangt gründliche Untersu¬ chung und parlheiloses Urtheil. Um dieses zu erzwecken, wäre es wohl das Beste, wenn die Sache in Wien bei den zuständigen Ge¬ richten in Verhandlung genommen würde, venu die ungarische Justiz ist gar manchen Einflüssen und juristischen Schwachen blos gestellt, welche österreichischen Gerichtshöfen, man mag sonst über die öffent¬ lichen Austande in den Erbländern denken wie man will, mindestens in einem weit minderen Grade möglich sind. Herr Ullmann hat gestern in der Pcsther Zeitung eine ausführliche Rechtfertigung abdrucken las¬ sen, welche trotz der geschickten Vertheidigungskunst, doch der Blößen^ gar manche gibt und die zugesagte Beschreidung des Rechtsweges kei¬ neswegs als überflüssiig erscheinen läßt. Es scheint die Absicht zu bestehen, andere Personen, welche gleichfalls verkürzt worden, in der Stille mit Entschädigungssummen abzuspeisen und dann gegen den vereinzelten Herrn Beyse aufzutreten, dem auf solche Art die Stütze bekräftigender Zeugenaussagen entzogen werden möchte. Unsere Stadt soll mit einem neuen Bauwerk geziert werden, das ihr um so nothwendiger wäre, als die architektonische Phvsiogno-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/286>, abgerufen am 29.04.2024.