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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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nur einen Anspruch auf irgend eine Entschädigung für gehabten Auf¬
wand von Zeit, Mühe und Kosten zugestehen. Der Herr Janus
verlangt aber für ihn -- nun was denn? eine Zeitungsconcession?
Ja, das ist ein ganz anderer Punkt. Und seltsamer Weise betrach¬
tet ihn Janus gewissermaßen als eine geringe Schadloshaltung.
Die Ertheilung einer solchen Concession ist aber doch, wie die Sachen
liegen, ein Act des persönlichen Vertrauens. Der Standpunkt, das
conservative Prinzip mag in dieser Hinsicht als Empfehlung gelten,
aber es ist daran nicht genug. Herr Hermes hat in seinen "Blicken
aus der Zeit in die Zeit" ein Vergehen auf sich geladen, das weit
schlimmer ist, als selbst das Bekenntniß eines oppositionellen Prin¬
cips, das auf diesem Felde recht eigentlich die Sünde wider den hei¬
ligen Geist ist. Alle Sünden kann eine Verwaltung vergeben, nur
eine nicht, die Sünde der -- Indiscretion.


IV.
A u s P e se h.

Ungarische Landstraßen. -- Die Palarinsgallerie. -- Berlioz. -- Die Thea-
tcrfrage. -- Propaganda in der Wallachei.

Die überraschend milde Witterung, deren wir uns hier erfreuen,
hat bereits die günstige Folge gehabt, daß die Dampfschifffahrt am
l2. Februar wieder in Gang gebracht werden konnte, ein Glück, das
Niemand mehr als das Handelspublicum empfindet, welches bei uns
den Stock der ganzen Bevölkerung bildet. Die Post aus Wien blieb
in den paar Wochen, wo wir Schnee hatten, sechs volle Tage un¬
terwegs, und der ganze Verkehr erlitt durch diese Stockung des Po¬
stenlaufs einen wesentlichen Abbruch. Allein auch der Reisende, den
irgend eine dringende Veranlassung zwingt, in Mitte deS Winters
nach Pesth zu reisen, wird die Mangelhaftigkeit der ungarischen Com-
municationsmittel kosten müssen, indem die Reisegelegenheiten zu Land
eben wegen der schlechten Beschaffenheit der Straßen und der erdrü?-
leuten Concurrenz mittelst der Dampfschifffahrt im Sommer, höchst
theuer sind, und dabei alle Unannehmlichkeiten einer improvisirten
Irrfahrt nach sich ziehen. Wenn dies nun schon am grünen Holz
geschieht, was läßt sich da vom dürren erwarten, und in der That
sobald man die Poststraße von Oesterreich nach Pesth schlecht nennt,
kann man die übrigen, aus den verschiedenen Theilen des Landes zu¬
sammenlaufenden Straßen, deren Knotenpunkt die Doppelstadt an
der Donau ist, nicht anders als abscheulich finden. In den meisten
Comitaren ist der Straßenbau so übel bestellt, daß ein nur halbwegs
regelmäßiger Postenlauf ganz und gar unmöglich ist, und es ist nichts
weniger als ein Puff, wenn wir behaupten, aus Paris und London
in kürzerer Frist gleichzeitig aufgegebene Briefe empfangen zu haben,


Grenzl'öde", !8i"> I. 59

nur einen Anspruch auf irgend eine Entschädigung für gehabten Auf¬
wand von Zeit, Mühe und Kosten zugestehen. Der Herr Janus
verlangt aber für ihn — nun was denn? eine Zeitungsconcession?
Ja, das ist ein ganz anderer Punkt. Und seltsamer Weise betrach¬
tet ihn Janus gewissermaßen als eine geringe Schadloshaltung.
Die Ertheilung einer solchen Concession ist aber doch, wie die Sachen
liegen, ein Act des persönlichen Vertrauens. Der Standpunkt, das
conservative Prinzip mag in dieser Hinsicht als Empfehlung gelten,
aber es ist daran nicht genug. Herr Hermes hat in seinen „Blicken
aus der Zeit in die Zeit" ein Vergehen auf sich geladen, das weit
schlimmer ist, als selbst das Bekenntniß eines oppositionellen Prin¬
cips, das auf diesem Felde recht eigentlich die Sünde wider den hei¬
ligen Geist ist. Alle Sünden kann eine Verwaltung vergeben, nur
eine nicht, die Sünde der — Indiscretion.


IV.
A u s P e se h.

Ungarische Landstraßen. — Die Palarinsgallerie. — Berlioz. — Die Thea-
tcrfrage. — Propaganda in der Wallachei.

Die überraschend milde Witterung, deren wir uns hier erfreuen,
hat bereits die günstige Folge gehabt, daß die Dampfschifffahrt am
l2. Februar wieder in Gang gebracht werden konnte, ein Glück, das
Niemand mehr als das Handelspublicum empfindet, welches bei uns
den Stock der ganzen Bevölkerung bildet. Die Post aus Wien blieb
in den paar Wochen, wo wir Schnee hatten, sechs volle Tage un¬
terwegs, und der ganze Verkehr erlitt durch diese Stockung des Po¬
stenlaufs einen wesentlichen Abbruch. Allein auch der Reisende, den
irgend eine dringende Veranlassung zwingt, in Mitte deS Winters
nach Pesth zu reisen, wird die Mangelhaftigkeit der ungarischen Com-
municationsmittel kosten müssen, indem die Reisegelegenheiten zu Land
eben wegen der schlechten Beschaffenheit der Straßen und der erdrü?-
leuten Concurrenz mittelst der Dampfschifffahrt im Sommer, höchst
theuer sind, und dabei alle Unannehmlichkeiten einer improvisirten
Irrfahrt nach sich ziehen. Wenn dies nun schon am grünen Holz
geschieht, was läßt sich da vom dürren erwarten, und in der That
sobald man die Poststraße von Oesterreich nach Pesth schlecht nennt,
kann man die übrigen, aus den verschiedenen Theilen des Landes zu¬
sammenlaufenden Straßen, deren Knotenpunkt die Doppelstadt an
der Donau ist, nicht anders als abscheulich finden. In den meisten
Comitaren ist der Straßenbau so übel bestellt, daß ein nur halbwegs
regelmäßiger Postenlauf ganz und gar unmöglich ist, und es ist nichts
weniger als ein Puff, wenn wir behaupten, aus Paris und London
in kürzerer Frist gleichzeitig aufgegebene Briefe empfangen zu haben,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/473>, abgerufen am 29.04.2024.