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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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i.
Aus Wien.

Italienische Unruhen. -- Nothwendigkeit officieller Berichtigungen. -- Der
Oesterreichische Beobachter, die Augsburgerin und die Preußische Allgemeine.
-- Castelli'6 Verein gegen Thierquälerei. -- Gluck-Denkmal.

Kaum sind die polnischen Unruhen Halbweg erstickt, so tönen
unheimliche Stimmen aus Italien herüber und, was das Schlimmste
ist, aus einem Lande, auf dessen Nuhe und Anhänglichkeit man öster-'
reichischer Seits immer rechnen zu können glaubte: ich meine Tos-
cana! Das Großherzogthum, aus dessen Thron ein österreichischer
Prinz zweiter Linie sitzt, war bisher unser natürlicher Bundesgenosse
inJtalien. Die österreichischen Regierungsformen und das sogenannte"vä-
terliche" Gouvernement war bisher ziemlich beliebt, zumal die Persön¬
lichkeit des Fürsten, und einzelne den Ansprüchen der Zeit genü¬
gende Institutionen, vor allem aber der traurige Gegensatz, den der
benachbarte Kirchenstaat sowie Neapel und Sardinien darbieten, Tos-
cana als das bestregierte Land Italiens erscheinen ließen. Um so em¬
pfindlicher sind die Nachrichten von der schwierigen Stimmung, die in
letzter Zeit sich dort gegen die Regierung kund giebt. Es heißt, die
nutzlose Auslieferung Renzi's, des politischen Flüchtlings, an die päpst¬
lichen Behörden sei in Folge diplomatischer Noten von Seiten Oester¬
reichs geschehen, was allerdings nicht dazu beitragen kann, die Sympa¬
thien für uns in jenem Lande zu erhöhen. Möchte doch unsere Re¬
gierung dieses Gerücht gleichfalls officiel widerlegen, wie sie es mit
der Ausschreibung von zehn Gulden per Kopf bei den polnischen Auf¬
rührern gethan. Die letzten Ereignisse in Polen söllen Oesterreich
endlich die Augen geöffnet haben, welch ein wichtig Ding die öffent¬
liche Meinung ist. Der Oesterreichische Beobachter, der steinerne Gast,
der stumme Eommodore hat sich endlich entschließen müssen, den Mund
zu öffnen und die officiösen Berichte in der Augsburgerin wurden
mit Dampf betrieben, aber der erstere war bei aller Beredsamkeit doch
immer zu wortkarg und in der letzteren kamen die Berichtigungen
zu sehr als hinkende Boten nach. Die Verhandlungen in der frau-


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i.
Aus Wien.

Italienische Unruhen. — Nothwendigkeit officieller Berichtigungen. — Der
Oesterreichische Beobachter, die Augsburgerin und die Preußische Allgemeine.
— Castelli'6 Verein gegen Thierquälerei. — Gluck-Denkmal.

Kaum sind die polnischen Unruhen Halbweg erstickt, so tönen
unheimliche Stimmen aus Italien herüber und, was das Schlimmste
ist, aus einem Lande, auf dessen Nuhe und Anhänglichkeit man öster-'
reichischer Seits immer rechnen zu können glaubte: ich meine Tos-
cana! Das Großherzogthum, aus dessen Thron ein österreichischer
Prinz zweiter Linie sitzt, war bisher unser natürlicher Bundesgenosse
inJtalien. Die österreichischen Regierungsformen und das sogenannte„vä-
terliche" Gouvernement war bisher ziemlich beliebt, zumal die Persön¬
lichkeit des Fürsten, und einzelne den Ansprüchen der Zeit genü¬
gende Institutionen, vor allem aber der traurige Gegensatz, den der
benachbarte Kirchenstaat sowie Neapel und Sardinien darbieten, Tos-
cana als das bestregierte Land Italiens erscheinen ließen. Um so em¬
pfindlicher sind die Nachrichten von der schwierigen Stimmung, die in
letzter Zeit sich dort gegen die Regierung kund giebt. Es heißt, die
nutzlose Auslieferung Renzi's, des politischen Flüchtlings, an die päpst¬
lichen Behörden sei in Folge diplomatischer Noten von Seiten Oester¬
reichs geschehen, was allerdings nicht dazu beitragen kann, die Sympa¬
thien für uns in jenem Lande zu erhöhen. Möchte doch unsere Re¬
gierung dieses Gerücht gleichfalls officiel widerlegen, wie sie es mit
der Ausschreibung von zehn Gulden per Kopf bei den polnischen Auf¬
rührern gethan. Die letzten Ereignisse in Polen söllen Oesterreich
endlich die Augen geöffnet haben, welch ein wichtig Ding die öffent¬
liche Meinung ist. Der Oesterreichische Beobachter, der steinerne Gast,
der stumme Eommodore hat sich endlich entschließen müssen, den Mund
zu öffnen und die officiösen Berichte in der Augsburgerin wurden
mit Dampf betrieben, aber der erstere war bei aller Beredsamkeit doch
immer zu wortkarg und in der letzteren kamen die Berichtigungen
zu sehr als hinkende Boten nach. Die Verhandlungen in der frau-


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[0598] T a g e b u c!^. i. Aus Wien. Italienische Unruhen. — Nothwendigkeit officieller Berichtigungen. — Der Oesterreichische Beobachter, die Augsburgerin und die Preußische Allgemeine. — Castelli'6 Verein gegen Thierquälerei. — Gluck-Denkmal. Kaum sind die polnischen Unruhen Halbweg erstickt, so tönen unheimliche Stimmen aus Italien herüber und, was das Schlimmste ist, aus einem Lande, auf dessen Nuhe und Anhänglichkeit man öster-' reichischer Seits immer rechnen zu können glaubte: ich meine Tos- cana! Das Großherzogthum, aus dessen Thron ein österreichischer Prinz zweiter Linie sitzt, war bisher unser natürlicher Bundesgenosse inJtalien. Die österreichischen Regierungsformen und das sogenannte„vä- terliche" Gouvernement war bisher ziemlich beliebt, zumal die Persön¬ lichkeit des Fürsten, und einzelne den Ansprüchen der Zeit genü¬ gende Institutionen, vor allem aber der traurige Gegensatz, den der benachbarte Kirchenstaat sowie Neapel und Sardinien darbieten, Tos- cana als das bestregierte Land Italiens erscheinen ließen. Um so em¬ pfindlicher sind die Nachrichten von der schwierigen Stimmung, die in letzter Zeit sich dort gegen die Regierung kund giebt. Es heißt, die nutzlose Auslieferung Renzi's, des politischen Flüchtlings, an die päpst¬ lichen Behörden sei in Folge diplomatischer Noten von Seiten Oester¬ reichs geschehen, was allerdings nicht dazu beitragen kann, die Sympa¬ thien für uns in jenem Lande zu erhöhen. Möchte doch unsere Re¬ gierung dieses Gerücht gleichfalls officiel widerlegen, wie sie es mit der Ausschreibung von zehn Gulden per Kopf bei den polnischen Auf¬ rührern gethan. Die letzten Ereignisse in Polen söllen Oesterreich endlich die Augen geöffnet haben, welch ein wichtig Ding die öffent¬ liche Meinung ist. Der Oesterreichische Beobachter, der steinerne Gast, der stumme Eommodore hat sich endlich entschließen müssen, den Mund zu öffnen und die officiösen Berichte in der Augsburgerin wurden mit Dampf betrieben, aber der erstere war bei aller Beredsamkeit doch immer zu wortkarg und in der letzteren kamen die Berichtigungen zu sehr als hinkende Boten nach. Die Verhandlungen in der frau-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/598>, abgerufen am 28.04.2024.