Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
T a g e t, u es.



i.
Cornelius und feine neuesten Cartons.

Endlich kann ich Ihnen Näheres über die schon vielfach gerühmten
Cartons zu dem projectirten cmniw s-rien, zwischen Schloß und Museum,
berichten. Die Großem derselben werden etwa 20 Fuß hoch und gegen
25 Fuß breit. Sie sollen Flachen der Wände ausfüllen, welche durch
nischenartige Felder, die man mit gemalten Statuetten verzieren wird,
getrennt sind. Bis jetzt ist mir Einer davon, angefertigt von Peter von
Cornelius, zu Gesichte gekommen. Er führt uns die Pest, die Theue¬
rung, den Krieg und den Tod vor, wie sie auf das menschliche Geschlecht
herabstürzen. Es laßt sich vielleicht mancherlei gegen die logische Theilung
dieser Idee einwenden, indem ja die drei Erster" den Tod schon in sich
fassen, also entweder sie den Tod überflüssig machen, oder der Tod sie
ausschließt, und wenn man nicht so weit gehen will, wo er sie doch wenig¬
stens zu seinem Hofstaat macht und um sich gruppirt. Cornelius hat
indessen durch die Reihefolge seiner Gestalten den Tod gleichsam als' die
letzte Instanz dieser hereinbrechenden Leiden hingestellt und so diesen Zwei¬
fel niedergeschlagen. Als vier kolossale Neitersigurcn hat sich der Meister
diese Ideen realistrt. Links im Bilde die Pest im orientalischen Costüm,
Bogen und Pfeile in der Hand, hat sie eben das todbringende Geschoß
auf die Sterblichen entsandt. Ueber und hinter ihr mit markirt hebräi¬
schen Gesichtszügen die Theuerung. In der einen Hand tragt sie eine
Wage, wahrend sie die andere emporhebt und zwei Finger, wie es scheint,
um die Verdoppelung der Preise anzuzeigen, starr ausstreckt. Unter ihr,
im Mittelpunkt des Bildes, sehen wir den Krieg mit gezücktem Schwerte,
eine kräftige und ausdrucksvolle riesige Gestalt, auf vorbaumcndem Rosse.
Rechts, als letzte Reitersigur, stürzt der Tod auf wildjagendem Rosse
wie aus der Höhe herab, mit beiden Handen die Sense schwingend und
mit gewaltiger Armbewegung Alles vor sich wegmähend. Er erscheint


Grenzboten. IV. ->3
T a g e t, u es.



i.
Cornelius und feine neuesten Cartons.

Endlich kann ich Ihnen Näheres über die schon vielfach gerühmten
Cartons zu dem projectirten cmniw s-rien, zwischen Schloß und Museum,
berichten. Die Großem derselben werden etwa 20 Fuß hoch und gegen
25 Fuß breit. Sie sollen Flachen der Wände ausfüllen, welche durch
nischenartige Felder, die man mit gemalten Statuetten verzieren wird,
getrennt sind. Bis jetzt ist mir Einer davon, angefertigt von Peter von
Cornelius, zu Gesichte gekommen. Er führt uns die Pest, die Theue¬
rung, den Krieg und den Tod vor, wie sie auf das menschliche Geschlecht
herabstürzen. Es laßt sich vielleicht mancherlei gegen die logische Theilung
dieser Idee einwenden, indem ja die drei Erster» den Tod schon in sich
fassen, also entweder sie den Tod überflüssig machen, oder der Tod sie
ausschließt, und wenn man nicht so weit gehen will, wo er sie doch wenig¬
stens zu seinem Hofstaat macht und um sich gruppirt. Cornelius hat
indessen durch die Reihefolge seiner Gestalten den Tod gleichsam als' die
letzte Instanz dieser hereinbrechenden Leiden hingestellt und so diesen Zwei¬
fel niedergeschlagen. Als vier kolossale Neitersigurcn hat sich der Meister
diese Ideen realistrt. Links im Bilde die Pest im orientalischen Costüm,
Bogen und Pfeile in der Hand, hat sie eben das todbringende Geschoß
auf die Sterblichen entsandt. Ueber und hinter ihr mit markirt hebräi¬
schen Gesichtszügen die Theuerung. In der einen Hand tragt sie eine
Wage, wahrend sie die andere emporhebt und zwei Finger, wie es scheint,
um die Verdoppelung der Preise anzuzeigen, starr ausstreckt. Unter ihr,
im Mittelpunkt des Bildes, sehen wir den Krieg mit gezücktem Schwerte,
eine kräftige und ausdrucksvolle riesige Gestalt, auf vorbaumcndem Rosse.
Rechts, als letzte Reitersigur, stürzt der Tod auf wildjagendem Rosse
wie aus der Höhe herab, mit beiden Handen die Sense schwingend und
mit gewaltiger Armbewegung Alles vor sich wegmähend. Er erscheint


Grenzboten. IV. ->3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0173" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183755"/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> T a g e t, u es.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="2">
            <head> i.<lb/>
Cornelius und feine neuesten Cartons.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_482" next="#ID_483"> Endlich kann ich Ihnen Näheres über die schon vielfach gerühmten<lb/>
Cartons zu dem projectirten cmniw s-rien, zwischen Schloß und Museum,<lb/>
berichten. Die Großem derselben werden etwa 20 Fuß hoch und gegen<lb/>
25 Fuß breit. Sie sollen Flachen der Wände ausfüllen, welche durch<lb/>
nischenartige Felder, die man mit gemalten Statuetten verzieren wird,<lb/>
getrennt sind. Bis jetzt ist mir Einer davon, angefertigt von Peter von<lb/>
Cornelius, zu Gesichte gekommen. Er führt uns die Pest, die Theue¬<lb/>
rung, den Krieg und den Tod vor, wie sie auf das menschliche Geschlecht<lb/>
herabstürzen. Es laßt sich vielleicht mancherlei gegen die logische Theilung<lb/>
dieser Idee einwenden, indem ja die drei Erster» den Tod schon in sich<lb/>
fassen, also entweder sie den Tod überflüssig machen, oder der Tod sie<lb/>
ausschließt, und wenn man nicht so weit gehen will, wo er sie doch wenig¬<lb/>
stens zu seinem Hofstaat macht und um sich gruppirt. Cornelius hat<lb/>
indessen durch die Reihefolge seiner Gestalten den Tod gleichsam als' die<lb/>
letzte Instanz dieser hereinbrechenden Leiden hingestellt und so diesen Zwei¬<lb/>
fel niedergeschlagen. Als vier kolossale Neitersigurcn hat sich der Meister<lb/>
diese Ideen realistrt. Links im Bilde die Pest im orientalischen Costüm,<lb/>
Bogen und Pfeile in der Hand, hat sie eben das todbringende Geschoß<lb/>
auf die Sterblichen entsandt. Ueber und hinter ihr mit markirt hebräi¬<lb/>
schen Gesichtszügen die Theuerung. In der einen Hand tragt sie eine<lb/>
Wage, wahrend sie die andere emporhebt und zwei Finger, wie es scheint,<lb/>
um die Verdoppelung der Preise anzuzeigen, starr ausstreckt. Unter ihr,<lb/>
im Mittelpunkt des Bildes, sehen wir den Krieg mit gezücktem Schwerte,<lb/>
eine kräftige und ausdrucksvolle riesige Gestalt, auf vorbaumcndem Rosse.<lb/>
Rechts, als letzte Reitersigur, stürzt der Tod auf wildjagendem Rosse<lb/>
wie aus der Höhe herab, mit beiden Handen die Sense schwingend und<lb/>
mit gewaltiger Armbewegung Alles vor sich wegmähend.  Er erscheint</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. IV. -&gt;3</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0173] T a g e t, u es. i. Cornelius und feine neuesten Cartons. Endlich kann ich Ihnen Näheres über die schon vielfach gerühmten Cartons zu dem projectirten cmniw s-rien, zwischen Schloß und Museum, berichten. Die Großem derselben werden etwa 20 Fuß hoch und gegen 25 Fuß breit. Sie sollen Flachen der Wände ausfüllen, welche durch nischenartige Felder, die man mit gemalten Statuetten verzieren wird, getrennt sind. Bis jetzt ist mir Einer davon, angefertigt von Peter von Cornelius, zu Gesichte gekommen. Er führt uns die Pest, die Theue¬ rung, den Krieg und den Tod vor, wie sie auf das menschliche Geschlecht herabstürzen. Es laßt sich vielleicht mancherlei gegen die logische Theilung dieser Idee einwenden, indem ja die drei Erster» den Tod schon in sich fassen, also entweder sie den Tod überflüssig machen, oder der Tod sie ausschließt, und wenn man nicht so weit gehen will, wo er sie doch wenig¬ stens zu seinem Hofstaat macht und um sich gruppirt. Cornelius hat indessen durch die Reihefolge seiner Gestalten den Tod gleichsam als' die letzte Instanz dieser hereinbrechenden Leiden hingestellt und so diesen Zwei¬ fel niedergeschlagen. Als vier kolossale Neitersigurcn hat sich der Meister diese Ideen realistrt. Links im Bilde die Pest im orientalischen Costüm, Bogen und Pfeile in der Hand, hat sie eben das todbringende Geschoß auf die Sterblichen entsandt. Ueber und hinter ihr mit markirt hebräi¬ schen Gesichtszügen die Theuerung. In der einen Hand tragt sie eine Wage, wahrend sie die andere emporhebt und zwei Finger, wie es scheint, um die Verdoppelung der Preise anzuzeigen, starr ausstreckt. Unter ihr, im Mittelpunkt des Bildes, sehen wir den Krieg mit gezücktem Schwerte, eine kräftige und ausdrucksvolle riesige Gestalt, auf vorbaumcndem Rosse. Rechts, als letzte Reitersigur, stürzt der Tod auf wildjagendem Rosse wie aus der Höhe herab, mit beiden Handen die Sense schwingend und mit gewaltiger Armbewegung Alles vor sich wegmähend. Er erscheint Grenzboten. IV. ->3

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/173
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/173>, abgerufen am 03.05.2024.