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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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gebot jedoch zwei Studierenden ihm zu folgen. Auf dieser Weise ge¬
langten auch die übrigen nach Hause.

Dies ist der authentische Hergang der Sache, wie sie von den be¬
theiligten und tiefgekränkten israelitischen Studenten in einer Eingabe
an den hochwürdigen Herrn ^?tudiendircctor P. Aeidler, sowie an die
k. ?. Stadthauptmannschaft treu geschildert wurde. Wir dürfen es ge¬
trost dem Urtheil der öffentlichen Meinung überlassen, ein solches Ver¬
fahren zu qualificiren. Wenn an einer Universität ein Professor selbst
das Aelchen gibt zu grenzenlosen" Scandal und zur Aufreizung der jugend¬
lichen Gemüther -- was ist dann erst von dem Pöbel zu erwarten?
Nie ist es einem Lehrer je in den Sinn gekommen, die israelitischen Zu¬
hörer auf andere Bänke zu verweisen, als die christlichen und die trau¬
rige mittelalterliche Zsolirung des Ghetto in die Hallen der Wissenschaf¬
ten hinein zu schieben, in welchen alle Geister gleich sind. Herrn Fran-
cesconi ist es zuerst vorbehalten gewesen, ein solches Kunststück auszuüben.
Die maßlose Heftigkeit dieses Mannes, die Ort und Gelegenheit so voll¬
kommen vergessend, durch fanalisches Thun und Wort solche Scenen her¬
beiführt, macht ihn zu ganz andern Beschäftigungen würdig, als zu der
Ehre an der ältesten Universität Deutschlands das Lehreramt zu versehen
-- und wäre es auch nur das Amt eines Sprachlehrers. Wenigstens
ist das Beispiel unerhört, daß ein Professor in offenem Collegium die
Studentenschaft auffordert, ein unmittelbar im ersten Augenblicke der
Leidenschaft von ihm dictirtes Gesuch an die k. k. Hofstudiencommissivn
zu unterschreiben.

Gestatten Sie Herr Redacteur die Ausdrücke u. s. w.


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2.
Herr Prof. Franccsconi und die Israel. Zuhörer.

"Denn das ist kein guter Baum, der faule Früchte trägt" -- heißt
es im heiligen Evangelium, und dieses paßt buchstäblich aus unsere
hiesigen Hebräer, welche sich nicht begnügen damit, daß man ihnen den
Besuch christlicher Schulen und Collegicn gestattet, wie es nicht in Rom
und nicht in Neapel der Fall ist, sich auch noch vermessen, mit ihren
langen Nasen und Schlitzaugen (bravo! Herr Einsender!) sich in der
Mitte der christlichen Studenten die besten Plätze auszusuchen, statt froh
zu sein, daß man sie überhaupt da duldet und nicht in den Trödelmarkt
sendet, wo sie hingehören, und wir haben dieser Tage in den Vorlesun¬
gen einer unserer geistreichsten und hochgelehrtesten Herren Professoren,



*) Wir erhalten fast gleichzeitig mit dem ersten Brief (der von keinem un¬
serer gewöhnlichen Korrespondenten, obschon von einem höchst achtbaren Manne)
einen zweiten Brief von der G e g e n p a re h el, und obschon dieser mit einem
uns unbekannten Namen unterzeichnet ist, geben wir ihn treu der Maxime -tu-
D. Red. 'Ukttur <ze "Ili-rs i"irr" hier Raum.
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gebot jedoch zwei Studierenden ihm zu folgen. Auf dieser Weise ge¬
langten auch die übrigen nach Hause.

Dies ist der authentische Hergang der Sache, wie sie von den be¬
theiligten und tiefgekränkten israelitischen Studenten in einer Eingabe
an den hochwürdigen Herrn ^?tudiendircctor P. Aeidler, sowie an die
k. ?. Stadthauptmannschaft treu geschildert wurde. Wir dürfen es ge¬
trost dem Urtheil der öffentlichen Meinung überlassen, ein solches Ver¬
fahren zu qualificiren. Wenn an einer Universität ein Professor selbst
das Aelchen gibt zu grenzenlosen» Scandal und zur Aufreizung der jugend¬
lichen Gemüther — was ist dann erst von dem Pöbel zu erwarten?
Nie ist es einem Lehrer je in den Sinn gekommen, die israelitischen Zu¬
hörer auf andere Bänke zu verweisen, als die christlichen und die trau¬
rige mittelalterliche Zsolirung des Ghetto in die Hallen der Wissenschaf¬
ten hinein zu schieben, in welchen alle Geister gleich sind. Herrn Fran-
cesconi ist es zuerst vorbehalten gewesen, ein solches Kunststück auszuüben.
Die maßlose Heftigkeit dieses Mannes, die Ort und Gelegenheit so voll¬
kommen vergessend, durch fanalisches Thun und Wort solche Scenen her¬
beiführt, macht ihn zu ganz andern Beschäftigungen würdig, als zu der
Ehre an der ältesten Universität Deutschlands das Lehreramt zu versehen
— und wäre es auch nur das Amt eines Sprachlehrers. Wenigstens
ist das Beispiel unerhört, daß ein Professor in offenem Collegium die
Studentenschaft auffordert, ein unmittelbar im ersten Augenblicke der
Leidenschaft von ihm dictirtes Gesuch an die k. k. Hofstudiencommissivn
zu unterschreiben.

Gestatten Sie Herr Redacteur die Ausdrücke u. s. w.


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2.
Herr Prof. Franccsconi und die Israel. Zuhörer.

„Denn das ist kein guter Baum, der faule Früchte trägt" — heißt
es im heiligen Evangelium, und dieses paßt buchstäblich aus unsere
hiesigen Hebräer, welche sich nicht begnügen damit, daß man ihnen den
Besuch christlicher Schulen und Collegicn gestattet, wie es nicht in Rom
und nicht in Neapel der Fall ist, sich auch noch vermessen, mit ihren
langen Nasen und Schlitzaugen (bravo! Herr Einsender!) sich in der
Mitte der christlichen Studenten die besten Plätze auszusuchen, statt froh
zu sein, daß man sie überhaupt da duldet und nicht in den Trödelmarkt
sendet, wo sie hingehören, und wir haben dieser Tage in den Vorlesun¬
gen einer unserer geistreichsten und hochgelehrtesten Herren Professoren,



*) Wir erhalten fast gleichzeitig mit dem ersten Brief (der von keinem un¬
serer gewöhnlichen Korrespondenten, obschon von einem höchst achtbaren Manne)
einen zweiten Brief von der G e g e n p a re h el, und obschon dieser mit einem
uns unbekannten Namen unterzeichnet ist, geben wir ihn treu der Maxime -tu-
D. Red. 'Ukttur <ze »Ili-rs i»irr« hier Raum.
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[0269] gebot jedoch zwei Studierenden ihm zu folgen. Auf dieser Weise ge¬ langten auch die übrigen nach Hause. Dies ist der authentische Hergang der Sache, wie sie von den be¬ theiligten und tiefgekränkten israelitischen Studenten in einer Eingabe an den hochwürdigen Herrn ^?tudiendircctor P. Aeidler, sowie an die k. ?. Stadthauptmannschaft treu geschildert wurde. Wir dürfen es ge¬ trost dem Urtheil der öffentlichen Meinung überlassen, ein solches Ver¬ fahren zu qualificiren. Wenn an einer Universität ein Professor selbst das Aelchen gibt zu grenzenlosen» Scandal und zur Aufreizung der jugend¬ lichen Gemüther — was ist dann erst von dem Pöbel zu erwarten? Nie ist es einem Lehrer je in den Sinn gekommen, die israelitischen Zu¬ hörer auf andere Bänke zu verweisen, als die christlichen und die trau¬ rige mittelalterliche Zsolirung des Ghetto in die Hallen der Wissenschaf¬ ten hinein zu schieben, in welchen alle Geister gleich sind. Herrn Fran- cesconi ist es zuerst vorbehalten gewesen, ein solches Kunststück auszuüben. Die maßlose Heftigkeit dieses Mannes, die Ort und Gelegenheit so voll¬ kommen vergessend, durch fanalisches Thun und Wort solche Scenen her¬ beiführt, macht ihn zu ganz andern Beschäftigungen würdig, als zu der Ehre an der ältesten Universität Deutschlands das Lehreramt zu versehen — und wäre es auch nur das Amt eines Sprachlehrers. Wenigstens ist das Beispiel unerhört, daß ein Professor in offenem Collegium die Studentenschaft auffordert, ein unmittelbar im ersten Augenblicke der Leidenschaft von ihm dictirtes Gesuch an die k. k. Hofstudiencommissivn zu unterschreiben. Gestatten Sie Herr Redacteur die Ausdrücke u. s. w. » » » » - 2. Herr Prof. Franccsconi und die Israel. Zuhörer. „Denn das ist kein guter Baum, der faule Früchte trägt" — heißt es im heiligen Evangelium, und dieses paßt buchstäblich aus unsere hiesigen Hebräer, welche sich nicht begnügen damit, daß man ihnen den Besuch christlicher Schulen und Collegicn gestattet, wie es nicht in Rom und nicht in Neapel der Fall ist, sich auch noch vermessen, mit ihren langen Nasen und Schlitzaugen (bravo! Herr Einsender!) sich in der Mitte der christlichen Studenten die besten Plätze auszusuchen, statt froh zu sein, daß man sie überhaupt da duldet und nicht in den Trödelmarkt sendet, wo sie hingehören, und wir haben dieser Tage in den Vorlesun¬ gen einer unserer geistreichsten und hochgelehrtesten Herren Professoren, *) Wir erhalten fast gleichzeitig mit dem ersten Brief (der von keinem un¬ serer gewöhnlichen Korrespondenten, obschon von einem höchst achtbaren Manne) einen zweiten Brief von der G e g e n p a re h el, und obschon dieser mit einem uns unbekannten Namen unterzeichnet ist, geben wir ihn treu der Maxime -tu- D. Red. 'Ukttur <ze »Ili-rs i»irr« hier Raum. Grenzboten. IV. 18««!. Zg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/269>, abgerufen am 03.05.2024.