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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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ledernen und vertrockneten armen Teufel hatten sie in's Loch gesteckt.
Dies ist die Ursache, weshalb wir diesen Ausgang des Prozesses nicht
ganz wünschten. Dem Dr. Oppenheim gönnen wir's herzlich, daß er so
davon gekommen ist, er hat persönlich genug Strafe erlitten; aber um der
Idee des Rechts willen, um des Zutrauens zur Gleichheit der Justiz für
alle Menschenrassen hatten wir den Ausgang um einen Grad scharfer
gewünscht. Glücklicherweise führt das Uebel auch sein Heilmittel gleich
mit sich und die Oeffentlichkeit der Verhandlung gibt sogleich Aufschluß
über die Motive. Ware bei heimlichem Verfahren der Millionärssohn
freigesprochen worden, kein Gott hätte die Richter vor dem Verdacht der
Bestechlichkeit gerettet. Aber zwölf beeidete achtbare Bürger, die vor dem
Beginn der Verhandlung gewählt werden, lassen die Idee der Bestechlich¬
keit auch bei den mißtrauischsten Gemüthern nicht aufkommen.

Von Benedei) ist eine neue Schrift erschienen: "Vierzehn Tage Hei¬
mathluft," worin er an den vorjährigen Aufenthalt in seiner Vaterstadt
Eöln eine Reihe politischer Reflexionen knüpft, ganz in, dem Sinne seiner
bekannten l'^Correspondenzen, die er seit einem Jahre von Paris aus für
die Kölnische Zeitung schreibt, voll warmer Vaterlandsliebe, frisch, lebendig
und großentheils auch praktisch. Das Buch ist 25 Bogen stark und ist
somit censurfrei, scheint jedoch nichtsdestoweniger der Censur vorgelegt
worden zu sein, denn von dem Kapitel: "Die Presse" findet sich nichts
als der Schmuztitel vor, alles Uebrige fehlt -- offenbar als Opfer des
Censors. -- -- So eben hört man, daß Di-. Dronte, der sich hier
einige Tage bei einem Bekannten aufgehalten haben sott, auf feiner Rück¬
reise, in Koblenz, wo er unvorsichtiger Weise in einem öffentlichen Wein¬
hause sich sehen ließ, verhaftet worden sei. Hoffentlich wird die ganze
Geschichte darauf hinauslaufen, daß man ihn an die preußische Grenze
führen wird, als einen aus Preußen Ausgewiesenen, der sich doch auf preu¬
ßischem Boden finden ließ. Was man über einen Prozeß spricht, der
ihm in Folge seines Buches über Berlin wegen Majestätsbeleidigung an¬
gehängt werden soll, ist wohl unglaublich, da Dronte, nach dem Aus¬
spruch der Regierung selbst, kein Preuße ist. Es scheint, daß in der
ostensiblen Verhaftung Dronkcs eine beabsichtigte Drohung gegen Itzstein
liegt, den man von seinem laut ausgesprochenen Vorhaben, nach Koblenz
zu reisen, auf andere Gedanken bringen will, indem man ihm ein Bei¬
spiel vorhält. Die Verhaftung Jtzsteins in gleichem Falle würde aller¬
dings ein Ereignis) sein, das die Regierung sich gern ersparen möchte...
und sie hat wohl Ursache dazu! --


IV.
Der Schleichhandel an der Krakauer Grenze.

Von der großen Krakauer Frage, deren Beantwortung Seitens der
zwei constitutionellen Mächte ganz Europa mit Spannung erwartet, ist


ledernen und vertrockneten armen Teufel hatten sie in's Loch gesteckt.
Dies ist die Ursache, weshalb wir diesen Ausgang des Prozesses nicht
ganz wünschten. Dem Dr. Oppenheim gönnen wir's herzlich, daß er so
davon gekommen ist, er hat persönlich genug Strafe erlitten; aber um der
Idee des Rechts willen, um des Zutrauens zur Gleichheit der Justiz für
alle Menschenrassen hatten wir den Ausgang um einen Grad scharfer
gewünscht. Glücklicherweise führt das Uebel auch sein Heilmittel gleich
mit sich und die Oeffentlichkeit der Verhandlung gibt sogleich Aufschluß
über die Motive. Ware bei heimlichem Verfahren der Millionärssohn
freigesprochen worden, kein Gott hätte die Richter vor dem Verdacht der
Bestechlichkeit gerettet. Aber zwölf beeidete achtbare Bürger, die vor dem
Beginn der Verhandlung gewählt werden, lassen die Idee der Bestechlich¬
keit auch bei den mißtrauischsten Gemüthern nicht aufkommen.

Von Benedei) ist eine neue Schrift erschienen: „Vierzehn Tage Hei¬
mathluft," worin er an den vorjährigen Aufenthalt in seiner Vaterstadt
Eöln eine Reihe politischer Reflexionen knüpft, ganz in, dem Sinne seiner
bekannten l'^Correspondenzen, die er seit einem Jahre von Paris aus für
die Kölnische Zeitung schreibt, voll warmer Vaterlandsliebe, frisch, lebendig
und großentheils auch praktisch. Das Buch ist 25 Bogen stark und ist
somit censurfrei, scheint jedoch nichtsdestoweniger der Censur vorgelegt
worden zu sein, denn von dem Kapitel: „Die Presse" findet sich nichts
als der Schmuztitel vor, alles Uebrige fehlt — offenbar als Opfer des
Censors. — — So eben hört man, daß Di-. Dronte, der sich hier
einige Tage bei einem Bekannten aufgehalten haben sott, auf feiner Rück¬
reise, in Koblenz, wo er unvorsichtiger Weise in einem öffentlichen Wein¬
hause sich sehen ließ, verhaftet worden sei. Hoffentlich wird die ganze
Geschichte darauf hinauslaufen, daß man ihn an die preußische Grenze
führen wird, als einen aus Preußen Ausgewiesenen, der sich doch auf preu¬
ßischem Boden finden ließ. Was man über einen Prozeß spricht, der
ihm in Folge seines Buches über Berlin wegen Majestätsbeleidigung an¬
gehängt werden soll, ist wohl unglaublich, da Dronte, nach dem Aus¬
spruch der Regierung selbst, kein Preuße ist. Es scheint, daß in der
ostensiblen Verhaftung Dronkcs eine beabsichtigte Drohung gegen Itzstein
liegt, den man von seinem laut ausgesprochenen Vorhaben, nach Koblenz
zu reisen, auf andere Gedanken bringen will, indem man ihm ein Bei¬
spiel vorhält. Die Verhaftung Jtzsteins in gleichem Falle würde aller¬
dings ein Ereignis) sein, das die Regierung sich gern ersparen möchte...
und sie hat wohl Ursache dazu! —


IV.
Der Schleichhandel an der Krakauer Grenze.

Von der großen Krakauer Frage, deren Beantwortung Seitens der
zwei constitutionellen Mächte ganz Europa mit Spannung erwartet, ist


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/406>, abgerufen am 03.05.2024.