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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Wähler nun weigerten sich an der Deputirteuwahl theilzunehmen, bis ihnen der
Magistrat nicht auch Theilnahme an der Ausarbeitung der Instructionen zuspricht.
Anfangs weigerte sich der Magistrat, gab aber später nach, worauf wieder von
der Statthaltern diese Theilnahme verpönt wurde. Die tu ihrem Rechte verletz¬
ten Bürger schickten augenblicklich eine Deputation an Se. Majestät, sich über die¬
ses eigenmächtige Verfahren zu beschweren. Aehnliches geschah in Neutra und
andern Städten. -- Baron Evtvvs trat in Bvkv's nicht als Candidat auf, er änderte
seinen Vorsatz, weil die Magnatentafel seiner eher bedarf als die untere Kammer.
Dafür wird es Sie um so mehr überraschen, wenn ich Ihnen mittheile, das Gras
Szvchvnyi für's Wieselburger Comitat zum Deputirten gewählt wurde, nachdem er
im Oedenburger durchgefallen. Also SM)<-nyi Deputirter eines oppositionellen
Eomitats. Er, der das Programm der Conservativen unterschrieb, und sich bei
jeder Gelegenheit offen als Anhänger der jetzigen Regierung bekannte. Uebrigens
ist es der Opposition gar nicht unlieb, das SM)vnyi gewählt worden, denn so
wie man einerseits niemals daran zweifelte, daß S^zchenyi das Beste des Landes
wolle, eben so gut wußte man es anderseits, daß seine ganze Gereiztheit gegen
die Opposition seinen verletzten Ehrgeiz zur Quelle habe. Der Held von IM
konnte es nicht verschmerzen, daß er nicht mehr politischer Dictator sein könne.
Also die Opposition fürchtet von SM)vuyi nichts, und einige hvcharistvcratische
Nuancen abgerechnet, wird er ein ganz tüchtiger Kämpfer für unsere Fragen sein,
namentlich wenn er es vergessen wird, daß er in einer Reihe mit Kossuth steht
und wenn die Opposition klug genug ist ihm manches nachzusehen. --


3.

Die bisher stattgefundenen Comitatswahlen, (in428 Comitaten) sind der Mehrzahl
nach oppositionell ausgefallen. Es cursirte das Gerücht, als habe der neue Personal
(Präsident des Landtags) Johann von Zarka seine Stelle niederlegen wollen, weil er sich
nicht verpflichten mochte auf alle ihm von der Regierung vorgeschriebenen Maßregeln
einzugehen. Die Sache ist offenbar unwahr, doch bleibt gewiß, daß irgend eine
Digression vorhanden sei, wenn gleich selbe nicht nnansglcichbar sein dürfte. Auch
mußte das so kommen. Die Regierung und ihre Partei freuten sich zu früh des
Sieges. Man war über den günstigen Erfolg allzu zuversichtlich. Nun ist die
Opposition in der Majorität und demnach erklärlich, daß der Präsident der
Ständetafel nicht für Durchführung aller Vorschläge der Regierung einstehen will.
Diese hat jetzt nur noch einen Ausweg, falls sie es anders mit dem Landtage
wagen, will. Da die k. Propositionen jedenfalls das Terrain der Reform betreten
werden, und es sich nur um das wie und die Ausdehnung derselben handeln
wird, so kann es die Regierung auf die Debatte ankommen lassen. Die opposi¬
tionellen Instructionen geben nämlich diesmal den Abgeordneten einen viel freiern
Spielraum als sonst, indem in vielen derselben blos die Fragen im Allgemeinen


Wähler nun weigerten sich an der Deputirteuwahl theilzunehmen, bis ihnen der
Magistrat nicht auch Theilnahme an der Ausarbeitung der Instructionen zuspricht.
Anfangs weigerte sich der Magistrat, gab aber später nach, worauf wieder von
der Statthaltern diese Theilnahme verpönt wurde. Die tu ihrem Rechte verletz¬
ten Bürger schickten augenblicklich eine Deputation an Se. Majestät, sich über die¬
ses eigenmächtige Verfahren zu beschweren. Aehnliches geschah in Neutra und
andern Städten. — Baron Evtvvs trat in Bvkv's nicht als Candidat auf, er änderte
seinen Vorsatz, weil die Magnatentafel seiner eher bedarf als die untere Kammer.
Dafür wird es Sie um so mehr überraschen, wenn ich Ihnen mittheile, das Gras
Szvchvnyi für's Wieselburger Comitat zum Deputirten gewählt wurde, nachdem er
im Oedenburger durchgefallen. Also SM)<-nyi Deputirter eines oppositionellen
Eomitats. Er, der das Programm der Conservativen unterschrieb, und sich bei
jeder Gelegenheit offen als Anhänger der jetzigen Regierung bekannte. Uebrigens
ist es der Opposition gar nicht unlieb, das SM)vnyi gewählt worden, denn so
wie man einerseits niemals daran zweifelte, daß S^zchenyi das Beste des Landes
wolle, eben so gut wußte man es anderseits, daß seine ganze Gereiztheit gegen
die Opposition seinen verletzten Ehrgeiz zur Quelle habe. Der Held von IM
konnte es nicht verschmerzen, daß er nicht mehr politischer Dictator sein könne.
Also die Opposition fürchtet von SM)vuyi nichts, und einige hvcharistvcratische
Nuancen abgerechnet, wird er ein ganz tüchtiger Kämpfer für unsere Fragen sein,
namentlich wenn er es vergessen wird, daß er in einer Reihe mit Kossuth steht
und wenn die Opposition klug genug ist ihm manches nachzusehen. —


3.

Die bisher stattgefundenen Comitatswahlen, (in428 Comitaten) sind der Mehrzahl
nach oppositionell ausgefallen. Es cursirte das Gerücht, als habe der neue Personal
(Präsident des Landtags) Johann von Zarka seine Stelle niederlegen wollen, weil er sich
nicht verpflichten mochte auf alle ihm von der Regierung vorgeschriebenen Maßregeln
einzugehen. Die Sache ist offenbar unwahr, doch bleibt gewiß, daß irgend eine
Digression vorhanden sei, wenn gleich selbe nicht nnansglcichbar sein dürfte. Auch
mußte das so kommen. Die Regierung und ihre Partei freuten sich zu früh des
Sieges. Man war über den günstigen Erfolg allzu zuversichtlich. Nun ist die
Opposition in der Majorität und demnach erklärlich, daß der Präsident der
Ständetafel nicht für Durchführung aller Vorschläge der Regierung einstehen will.
Diese hat jetzt nur noch einen Ausweg, falls sie es anders mit dem Landtage
wagen, will. Da die k. Propositionen jedenfalls das Terrain der Reform betreten
werden, und es sich nur um das wie und die Ausdehnung derselben handeln
wird, so kann es die Regierung auf die Debatte ankommen lassen. Die opposi¬
tionellen Instructionen geben nämlich diesmal den Abgeordneten einen viel freiern
Spielraum als sonst, indem in vielen derselben blos die Fragen im Allgemeinen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/252>, abgerufen am 05.05.2024.