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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Ein deutscher Postcvngreß und PostVerein.
i
Die gegenwärtige Verwirrung.

Ueber die Bildung eines gemeinsamen deutschen Postvereines zu schrei¬
ben, wäre vor einem Decennium noch eine ziemlich verlorene Arbeit gewesen.
Nur ein sehr geringer Theil des Publikums hätte sich die Mühe gegeben,
die dafür gemachten Vorschläge zu prüfen, die bei weitem größere Menge
aber und besonders fast alle Postbeamten selbst hätten sie von vorneherein
als eine bloße Chimäre betrachtet. Jetzt aber ist man so ziemlich allgemein
von der Nothwendigkeit eines solchen gemeinsamen Vereines durchdrungen;
zu wiederholten Malen haben unsere Zeitungen es verkündet, ein solcher
Postcvngreß, den alle Bundesstaaten beschicken, um dort über die Vereini¬
gung des deutschen Postwesens zu berathen, würde noch in diesem Jahre in
Dresden oder München stattfinden. Wenn wir nun auch nicht leugnen kön¬
nen, einen gegründeten Zweifel an der Bestimmtheit dieser Nachricht und
namentlich des von ihr gegebenen kurzen Termines bis jetzt zu hegen, so sind
wir doch überzeugt, daß ein solcher Postcvngreß über kurz oder lang sich
versammeln und daß er einen gemeinsamen Verein zu Stande bringen werde.
Schon daß diese Nachricht so oft und wiederholt in unseren Zeitungen auf¬
taucht, daß sie fast niemals ernstlich widerlegt, wohl'aber von allen Seiten
eifrig gelesen und gern geglaubt wird, ist uns ein sicheres Zeichen, daß die
öffentliche Meinung in ganz Deutschland sich dafür erklärt habe. Ist dies aber
geschehen, so wird und muß er selbst auch zu Stande kommen, denn der öf¬
fentlichen Meinung vermag sich nichts zu widersetzen. ,

Unser Postwesen fast in ganz Deutschland ist für alle unsere Verhält¬
nisse uicht mehr passend. Wenn es sich auch in manchen einzelnen Staaten,
durch sehr große Ordnung in der Verwaltung, durch Sicherheit und Bequem¬
lichkeit für das Publikum auszeichnet, wenn auch die abgesonderten Verwal¬
tungen sich bemühen durch billige Taxgesetze, durch vielfache Verbindungen,
durch wohlfeile Preise und bequeme Wagen bei der Personen-Beförderung
möglichst alle nicht unmäßigen Wünsche zu erfüllen, so steht dies Alles doch


Ärenzhoien. ". 1""7, ^
Ein deutscher Postcvngreß und PostVerein.
i
Die gegenwärtige Verwirrung.

Ueber die Bildung eines gemeinsamen deutschen Postvereines zu schrei¬
ben, wäre vor einem Decennium noch eine ziemlich verlorene Arbeit gewesen.
Nur ein sehr geringer Theil des Publikums hätte sich die Mühe gegeben,
die dafür gemachten Vorschläge zu prüfen, die bei weitem größere Menge
aber und besonders fast alle Postbeamten selbst hätten sie von vorneherein
als eine bloße Chimäre betrachtet. Jetzt aber ist man so ziemlich allgemein
von der Nothwendigkeit eines solchen gemeinsamen Vereines durchdrungen;
zu wiederholten Malen haben unsere Zeitungen es verkündet, ein solcher
Postcvngreß, den alle Bundesstaaten beschicken, um dort über die Vereini¬
gung des deutschen Postwesens zu berathen, würde noch in diesem Jahre in
Dresden oder München stattfinden. Wenn wir nun auch nicht leugnen kön¬
nen, einen gegründeten Zweifel an der Bestimmtheit dieser Nachricht und
namentlich des von ihr gegebenen kurzen Termines bis jetzt zu hegen, so sind
wir doch überzeugt, daß ein solcher Postcvngreß über kurz oder lang sich
versammeln und daß er einen gemeinsamen Verein zu Stande bringen werde.
Schon daß diese Nachricht so oft und wiederholt in unseren Zeitungen auf¬
taucht, daß sie fast niemals ernstlich widerlegt, wohl'aber von allen Seiten
eifrig gelesen und gern geglaubt wird, ist uns ein sicheres Zeichen, daß die
öffentliche Meinung in ganz Deutschland sich dafür erklärt habe. Ist dies aber
geschehen, so wird und muß er selbst auch zu Stande kommen, denn der öf¬
fentlichen Meinung vermag sich nichts zu widersetzen. ,

Unser Postwesen fast in ganz Deutschland ist für alle unsere Verhält¬
nisse uicht mehr passend. Wenn es sich auch in manchen einzelnen Staaten,
durch sehr große Ordnung in der Verwaltung, durch Sicherheit und Bequem¬
lichkeit für das Publikum auszeichnet, wenn auch die abgesonderten Verwal¬
tungen sich bemühen durch billige Taxgesetze, durch vielfache Verbindungen,
durch wohlfeile Preise und bequeme Wagen bei der Personen-Beförderung
möglichst alle nicht unmäßigen Wünsche zu erfüllen, so steht dies Alles doch


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[0241] Ein deutscher Postcvngreß und PostVerein. i Die gegenwärtige Verwirrung. Ueber die Bildung eines gemeinsamen deutschen Postvereines zu schrei¬ ben, wäre vor einem Decennium noch eine ziemlich verlorene Arbeit gewesen. Nur ein sehr geringer Theil des Publikums hätte sich die Mühe gegeben, die dafür gemachten Vorschläge zu prüfen, die bei weitem größere Menge aber und besonders fast alle Postbeamten selbst hätten sie von vorneherein als eine bloße Chimäre betrachtet. Jetzt aber ist man so ziemlich allgemein von der Nothwendigkeit eines solchen gemeinsamen Vereines durchdrungen; zu wiederholten Malen haben unsere Zeitungen es verkündet, ein solcher Postcvngreß, den alle Bundesstaaten beschicken, um dort über die Vereini¬ gung des deutschen Postwesens zu berathen, würde noch in diesem Jahre in Dresden oder München stattfinden. Wenn wir nun auch nicht leugnen kön¬ nen, einen gegründeten Zweifel an der Bestimmtheit dieser Nachricht und namentlich des von ihr gegebenen kurzen Termines bis jetzt zu hegen, so sind wir doch überzeugt, daß ein solcher Postcvngreß über kurz oder lang sich versammeln und daß er einen gemeinsamen Verein zu Stande bringen werde. Schon daß diese Nachricht so oft und wiederholt in unseren Zeitungen auf¬ taucht, daß sie fast niemals ernstlich widerlegt, wohl'aber von allen Seiten eifrig gelesen und gern geglaubt wird, ist uns ein sicheres Zeichen, daß die öffentliche Meinung in ganz Deutschland sich dafür erklärt habe. Ist dies aber geschehen, so wird und muß er selbst auch zu Stande kommen, denn der öf¬ fentlichen Meinung vermag sich nichts zu widersetzen. , Unser Postwesen fast in ganz Deutschland ist für alle unsere Verhält¬ nisse uicht mehr passend. Wenn es sich auch in manchen einzelnen Staaten, durch sehr große Ordnung in der Verwaltung, durch Sicherheit und Bequem¬ lichkeit für das Publikum auszeichnet, wenn auch die abgesonderten Verwal¬ tungen sich bemühen durch billige Taxgesetze, durch vielfache Verbindungen, durch wohlfeile Preise und bequeme Wagen bei der Personen-Beförderung möglichst alle nicht unmäßigen Wünsche zu erfüllen, so steht dies Alles doch Ärenzhoien. ». 1»«7, ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/241>, abgerufen am 05.05.2024.