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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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2.

(Verspätet.)


Schluß der ständischen Versammlung. -- Musterwirtschaft und Communalwescn.

Den 1. Juni hat die Ständeversammlung ihren Schluß erreicht. Der letz¬
ten Sitzung waren zwei bedeutende Antrages vorbehalten; doch wurde Debatte
und Erledigung beider -- vertagt.

Mag die Vertagung des einen Gegenstandes auch zu beklagen sein, so ist
uns dieselbe doch willkommen, um den Preis, daß auch der zweite der Vertagung,
wir wollen hoffen auf sechs Monate, nach englischem Brauche, anheimfiel.

Dieser vertagte zweite Gegenstand betraf die Gründung einer Ackerbauschnle
auf Landcskosten, und allerdings erscheint ein solcher Antrag, von ferne betrachtet,
ganz unschuldig, ja löblich sogar, so wie es auch richtig sein mag, daß wir der
Schulen viele besitzen, und der Schulresultatc blutwenig, daß der Ackerbau auf
einer Schule, wenn auch mit praktischem Unterrichte, kaum gründlich erlernt wird,
besonders bei uus, wo die Zahl der Lehrer oft von ganz andern Rücksichten, als
denen wirklicher Befähigung bestimmt wird, wie dies mancher Lehrgang am tech¬
nischen Institute zum Jammer der Schüler beweist. Diesmal aber hat es mit dem
Antrage jener Ackcrbauschulc im großen Style ganz Besonderes zu bedeuten, denn
zur Ausführung des Projectes soll ans LandcSkostcn eine große Herrschaft
im Werthe von beiläufig '500,000 Fi. C. M. gekauft, ans dieser Herrschaft soll
die Schule gegründet, der ganzen Anstalt soll sein Director (etwa ein Land¬
stand?) mit bedeutendem Gehalte vorgesetzt werden, und gar Sonderbares erzählet
das böse Gerücht über die eigentlich nächsten Tendenzen des ganzen Projectes,
weil sein Auftauchen großartiger Kameraderie angeblich verdanken, und zunächst
die Verwerthung einer sehr bedeutend verkäuflichen Herrschaft zum Zwecke
haben soll, deren climatische Lage und Bodenbeschaffenheit noch überdies, wie be¬
hauptet wird, zu den Zwecken einer Ackcrbauschulc, seiner Muster- und Probe-
Wirthschaft gar nicht tanzte. Wir lassen das unerörtert, und freuen uns über
die -- Vertagung des Antrags in dieser Gestalt, welche, so Gott will, für immer
gelten möge.

Der zweite zweckmäßigere und bei weitem edlere Antrag von Grafen Franz,
Grafen Thun, Sohn, gestellt, seine Majestät nnrZ Gewährung freierer Muni-
zipalverfassung zu bitten, ward vertagt, damit der Antrag näher entwickelt
und entschiedener gestellt, nochmals zur Verhandlung komme, welcher wir vom
H ^ ^ erzen gute Erfolge wünschen, ohne sie jedoch hoffen zu können.


VII.
N otiz e n.

Ein sächsischer Staatsmann über Oeffentlichkeit. -- Der Prospectus zur dcutscheir
Zeitung. -- Das Duell des Herrn von Gagern. -- Neueste Romantik in Spanien. --
Die deutschen Kleinstädter in Paris. -- Heine. -- Bivelstudien.

-- In Bezug auf den Neubau der Dresdner Gemäldegallerie ist bei Brockhaus
eine kleine Schrift erschienen, die man allgemein einem hochgestellten sächsischen


2.

(Verspätet.)


Schluß der ständischen Versammlung. — Musterwirtschaft und Communalwescn.

Den 1. Juni hat die Ständeversammlung ihren Schluß erreicht. Der letz¬
ten Sitzung waren zwei bedeutende Antrages vorbehalten; doch wurde Debatte
und Erledigung beider — vertagt.

Mag die Vertagung des einen Gegenstandes auch zu beklagen sein, so ist
uns dieselbe doch willkommen, um den Preis, daß auch der zweite der Vertagung,
wir wollen hoffen auf sechs Monate, nach englischem Brauche, anheimfiel.

Dieser vertagte zweite Gegenstand betraf die Gründung einer Ackerbauschnle
auf Landcskosten, und allerdings erscheint ein solcher Antrag, von ferne betrachtet,
ganz unschuldig, ja löblich sogar, so wie es auch richtig sein mag, daß wir der
Schulen viele besitzen, und der Schulresultatc blutwenig, daß der Ackerbau auf
einer Schule, wenn auch mit praktischem Unterrichte, kaum gründlich erlernt wird,
besonders bei uus, wo die Zahl der Lehrer oft von ganz andern Rücksichten, als
denen wirklicher Befähigung bestimmt wird, wie dies mancher Lehrgang am tech¬
nischen Institute zum Jammer der Schüler beweist. Diesmal aber hat es mit dem
Antrage jener Ackcrbauschulc im großen Style ganz Besonderes zu bedeuten, denn
zur Ausführung des Projectes soll ans LandcSkostcn eine große Herrschaft
im Werthe von beiläufig '500,000 Fi. C. M. gekauft, ans dieser Herrschaft soll
die Schule gegründet, der ganzen Anstalt soll sein Director (etwa ein Land¬
stand?) mit bedeutendem Gehalte vorgesetzt werden, und gar Sonderbares erzählet
das böse Gerücht über die eigentlich nächsten Tendenzen des ganzen Projectes,
weil sein Auftauchen großartiger Kameraderie angeblich verdanken, und zunächst
die Verwerthung einer sehr bedeutend verkäuflichen Herrschaft zum Zwecke
haben soll, deren climatische Lage und Bodenbeschaffenheit noch überdies, wie be¬
hauptet wird, zu den Zwecken einer Ackcrbauschulc, seiner Muster- und Probe-
Wirthschaft gar nicht tanzte. Wir lassen das unerörtert, und freuen uns über
die — Vertagung des Antrags in dieser Gestalt, welche, so Gott will, für immer
gelten möge.

Der zweite zweckmäßigere und bei weitem edlere Antrag von Grafen Franz,
Grafen Thun, Sohn, gestellt, seine Majestät nnrZ Gewährung freierer Muni-
zipalverfassung zu bitten, ward vertagt, damit der Antrag näher entwickelt
und entschiedener gestellt, nochmals zur Verhandlung komme, welcher wir vom
H ^ ^ erzen gute Erfolge wünschen, ohne sie jedoch hoffen zu können.


VII.
N otiz e n.

Ein sächsischer Staatsmann über Oeffentlichkeit. — Der Prospectus zur dcutscheir
Zeitung. — Das Duell des Herrn von Gagern. — Neueste Romantik in Spanien. —
Die deutschen Kleinstädter in Paris. — Heine. — Bivelstudien.

— In Bezug auf den Neubau der Dresdner Gemäldegallerie ist bei Brockhaus
eine kleine Schrift erschienen, die man allgemein einem hochgestellten sächsischen


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[0506] 2. (Verspätet.) Schluß der ständischen Versammlung. — Musterwirtschaft und Communalwescn. Den 1. Juni hat die Ständeversammlung ihren Schluß erreicht. Der letz¬ ten Sitzung waren zwei bedeutende Antrages vorbehalten; doch wurde Debatte und Erledigung beider — vertagt. Mag die Vertagung des einen Gegenstandes auch zu beklagen sein, so ist uns dieselbe doch willkommen, um den Preis, daß auch der zweite der Vertagung, wir wollen hoffen auf sechs Monate, nach englischem Brauche, anheimfiel. Dieser vertagte zweite Gegenstand betraf die Gründung einer Ackerbauschnle auf Landcskosten, und allerdings erscheint ein solcher Antrag, von ferne betrachtet, ganz unschuldig, ja löblich sogar, so wie es auch richtig sein mag, daß wir der Schulen viele besitzen, und der Schulresultatc blutwenig, daß der Ackerbau auf einer Schule, wenn auch mit praktischem Unterrichte, kaum gründlich erlernt wird, besonders bei uus, wo die Zahl der Lehrer oft von ganz andern Rücksichten, als denen wirklicher Befähigung bestimmt wird, wie dies mancher Lehrgang am tech¬ nischen Institute zum Jammer der Schüler beweist. Diesmal aber hat es mit dem Antrage jener Ackcrbauschulc im großen Style ganz Besonderes zu bedeuten, denn zur Ausführung des Projectes soll ans LandcSkostcn eine große Herrschaft im Werthe von beiläufig '500,000 Fi. C. M. gekauft, ans dieser Herrschaft soll die Schule gegründet, der ganzen Anstalt soll sein Director (etwa ein Land¬ stand?) mit bedeutendem Gehalte vorgesetzt werden, und gar Sonderbares erzählet das böse Gerücht über die eigentlich nächsten Tendenzen des ganzen Projectes, weil sein Auftauchen großartiger Kameraderie angeblich verdanken, und zunächst die Verwerthung einer sehr bedeutend verkäuflichen Herrschaft zum Zwecke haben soll, deren climatische Lage und Bodenbeschaffenheit noch überdies, wie be¬ hauptet wird, zu den Zwecken einer Ackcrbauschulc, seiner Muster- und Probe- Wirthschaft gar nicht tanzte. Wir lassen das unerörtert, und freuen uns über die — Vertagung des Antrags in dieser Gestalt, welche, so Gott will, für immer gelten möge. Der zweite zweckmäßigere und bei weitem edlere Antrag von Grafen Franz, Grafen Thun, Sohn, gestellt, seine Majestät nnrZ Gewährung freierer Muni- zipalverfassung zu bitten, ward vertagt, damit der Antrag näher entwickelt und entschiedener gestellt, nochmals zur Verhandlung komme, welcher wir vom H ^ ^ erzen gute Erfolge wünschen, ohne sie jedoch hoffen zu können. VII. N otiz e n. Ein sächsischer Staatsmann über Oeffentlichkeit. — Der Prospectus zur dcutscheir Zeitung. — Das Duell des Herrn von Gagern. — Neueste Romantik in Spanien. — Die deutschen Kleinstädter in Paris. — Heine. — Bivelstudien. — In Bezug auf den Neubau der Dresdner Gemäldegallerie ist bei Brockhaus eine kleine Schrift erschienen, die man allgemein einem hochgestellten sächsischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/506>, abgerufen am 05.05.2024.