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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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einen Protest seitens der Ministerbank und den Übeln Eindruck desselben für die
Sache Schleswig-Holsteins fürchtete.

Heute kommt das Gutachten der Abtheilung über die vom Herrenstande
modifizirten Petitionen auf Abänderung des Patents vom I. Februar zur De¬
batte. Es ist wahrscheinlich, daß man den Antrag der ersten Curie auf Perio-
dicität im Allgemeinen (das Nähere bleibt der Bestimmung des König's über¬
lassen) beitreten wird, so wie dem auf Mvdisiziruug der Ausschüsse im Sinne
der tztz 2 und 4 des Gesetzes von 1842, wodurch freilich denselben alle Bedeu¬
tung genommen wird, da ihre Thätigkeit mir eine vorbereitende und keineswegs
die des vereinigten Landtags in irgend einer Weise ersetzende sein sott. Aus¬
schüsse im Sinne des Paters vom Z. Februar wird, falls es die Regierung ver¬
langen sollte,, die Opposition unter keinen Umständen, wählen. Den andern Mo¬
difikationen der Herrcneurie gegenüber, wird die zweite Curie hoffentlich ihre
früheren Beschlüsse aufrecht erhalten. Es ist wahrscheinlich, daß diese Angelegen¬
heit heute bereits erledigt wird. Unmittelbar daraus wird die Entscheidung der
Regierung über die Wahl der Ausschüsse erfolgen; der Schluß des Landtags steht
^ am 25. oder 2ti. zu erwarten.


V.
Noel z.
Ein Beitrag zur Kenntniß der modernen Literatur.

Eine der Hauptquellen unserer modernen Literatur sind die Korresponden¬
zen, die von berühmten oder unberühmter Leuten vor oder nach ihrem Tode
veröffentlicht werden. Bei den Deutschen ist diese Bricfliteratur um so eigen¬
thümlicher, da sie sich in ihrer Korrespondenz gewöhnlich nicht objectiv halten,
sondern alle Geheimnisse ihres Herzens ausschütten, und da sie in allen andern
Dingen so sehr gewohnt sind, die Oeffentlichkeit zu scheuen. Diese Korrespondenz
mußte lange Zeit unsre mangelnde Publizität ersetzen, und in den siebziger, acht¬
ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts regte sich das Interesse der Menschheit
mehr für die anonymen Empfindungen eines liebeseligen Naturpoetcn, als für die
Riesenschritte des menschlichen Geistes. -- Uns liegt eine nicht uninteressante Bio¬
graphie vor: "Zur Erinnerung an F. W. Meyer, den Biographen
Schröder's; Lcbcnsskizzc nebst Briefen von Bürger, Förster,
Göckingk, Goethe, Herder, Heyne, Schröder u. f. w. Braunschweig
1847, Vieweg und Sohn. 2 Bde." Hier ist es nun uicht grade die Be¬
deutung des Briefstellers, die seiner Biographie Interesse verleiht, sondern sein
Umgang mit bedeutenden Männern. Professor Meyer war 175!) zu Harburg ge¬
boren, 184g gestorben; er hatte mehrmals Paris besucht, und überall an der
Entwickelung der Literatur, Kunst und Politik lebhaften Antheil genommen. Ne¬
ben dem Interesse für das Theater,, für welches Meyer mehrere Stücke gearbeitet
hat, ist es besonders die Freimaurerei, die sich durch diese Briefe hinzieht. Das
Glück mit bedeutenden Männern enge Freundschaft angeknüpft zu haben, ist reich¬
lich ausgebeutet. Sein eigenes harmloses Streben charakterisirt er selbst in den
Versen, die dem Buche als Motto vorgesetzt sind:


einen Protest seitens der Ministerbank und den Übeln Eindruck desselben für die
Sache Schleswig-Holsteins fürchtete.

Heute kommt das Gutachten der Abtheilung über die vom Herrenstande
modifizirten Petitionen auf Abänderung des Patents vom I. Februar zur De¬
batte. Es ist wahrscheinlich, daß man den Antrag der ersten Curie auf Perio-
dicität im Allgemeinen (das Nähere bleibt der Bestimmung des König's über¬
lassen) beitreten wird, so wie dem auf Mvdisiziruug der Ausschüsse im Sinne
der tztz 2 und 4 des Gesetzes von 1842, wodurch freilich denselben alle Bedeu¬
tung genommen wird, da ihre Thätigkeit mir eine vorbereitende und keineswegs
die des vereinigten Landtags in irgend einer Weise ersetzende sein sott. Aus¬
schüsse im Sinne des Paters vom Z. Februar wird, falls es die Regierung ver¬
langen sollte,, die Opposition unter keinen Umständen, wählen. Den andern Mo¬
difikationen der Herrcneurie gegenüber, wird die zweite Curie hoffentlich ihre
früheren Beschlüsse aufrecht erhalten. Es ist wahrscheinlich, daß diese Angelegen¬
heit heute bereits erledigt wird. Unmittelbar daraus wird die Entscheidung der
Regierung über die Wahl der Ausschüsse erfolgen; der Schluß des Landtags steht
^ am 25. oder 2ti. zu erwarten.


V.
Noel z.
Ein Beitrag zur Kenntniß der modernen Literatur.

Eine der Hauptquellen unserer modernen Literatur sind die Korresponden¬
zen, die von berühmten oder unberühmter Leuten vor oder nach ihrem Tode
veröffentlicht werden. Bei den Deutschen ist diese Bricfliteratur um so eigen¬
thümlicher, da sie sich in ihrer Korrespondenz gewöhnlich nicht objectiv halten,
sondern alle Geheimnisse ihres Herzens ausschütten, und da sie in allen andern
Dingen so sehr gewohnt sind, die Oeffentlichkeit zu scheuen. Diese Korrespondenz
mußte lange Zeit unsre mangelnde Publizität ersetzen, und in den siebziger, acht¬
ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts regte sich das Interesse der Menschheit
mehr für die anonymen Empfindungen eines liebeseligen Naturpoetcn, als für die
Riesenschritte des menschlichen Geistes. — Uns liegt eine nicht uninteressante Bio¬
graphie vor: „Zur Erinnerung an F. W. Meyer, den Biographen
Schröder's; Lcbcnsskizzc nebst Briefen von Bürger, Förster,
Göckingk, Goethe, Herder, Heyne, Schröder u. f. w. Braunschweig
1847, Vieweg und Sohn. 2 Bde." Hier ist es nun uicht grade die Be¬
deutung des Briefstellers, die seiner Biographie Interesse verleiht, sondern sein
Umgang mit bedeutenden Männern. Professor Meyer war 175!) zu Harburg ge¬
boren, 184g gestorben; er hatte mehrmals Paris besucht, und überall an der
Entwickelung der Literatur, Kunst und Politik lebhaften Antheil genommen. Ne¬
ben dem Interesse für das Theater,, für welches Meyer mehrere Stücke gearbeitet
hat, ist es besonders die Freimaurerei, die sich durch diese Briefe hinzieht. Das
Glück mit bedeutenden Männern enge Freundschaft angeknüpft zu haben, ist reich¬
lich ausgebeutet. Sein eigenes harmloses Streben charakterisirt er selbst in den
Versen, die dem Buche als Motto vorgesetzt sind:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/555>, abgerufen am 05.05.2024.