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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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i.
Die vielbesprochene Belgomanie in Köln am Rhein.

Beim Durchblättern der Novellenzeitung fand ich ein paar Artikel über die
Düsseldorfer Malerschule und die Kunstkritik, so wie über die Bevorzugung der
ausländischen Kunst, welche meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen, da be¬
sonders über das letzte Thema in jüngster Zeit auf mancherlei Weise variirt
wurde.

Ueber die Tendenz des ersten Artikels kann und mag ich mit dem Verfasser
nicht hadern, da es sich hier um rein individuelle Ansichten handelt, um eine
Apotheose der Düsseldorfer Malerschule und ihrer Heroen, welchen der bescheidene
Name "Koryphäen der deutschen Kunst" beigelegt wird. Erschrick uicht, deutsche
Kunst! Die Herren Protestiren in ihrer Bescheidenheit selbst gegen diesen Ehrentitel.

Jedem sein Steckenpferd und seinen Kolben, warum soll der Kämpe des
Düsseldorfer Nachruhms die seinigen nicht haben? Mich hat es seiner Zeit selbst
unangenehm berührt, als es hieß, unser König habe den belgischen Malern
De Biefve und Gallait den Auftrag gegeben, Scenen ans der preußisch-
brandcnburgischen Geschichte zu malen. An Ort und Stelle erkundigte ich mich
nach der Wahrheit dieses Zeitungs- Gerüchtes und fand, daß es eine grobe Un¬
wahrheit sei. -- Weder der Eine, noch der Andere hat von Preußens Mo¬
narchen einen Austrag erhalten. Ich will der Fährte jener Lüge nicht nachspü¬
ren, nicht untersuchen, in welchem Düsseldorfer Atelier sie empfangen und zur
Welt gebracht wurde, und welcher knnstkritelnde Düsseldorfer Doctor und Ge¬
burtshelfer sie als ent-int tiauve dem Fiudclhause der Kölnischen Zeitung über¬
wies, von wo sie ausging, um sich als patriotische Ente recht breit zu machen.

Nur ein belgischer Maler, De Keyser, hat directe Bestellungen von un¬
serem Hofe erhalten, ein Paar Staffelei-Bilder. Für den König malte er Ru¬
bens, umgeben von seinen Freunden, die Lunden (lo clmneim cle stille) ma¬
lend, und für den Prinz von Preußen wird er König Max I. und Maria von
Burgund malen, welche den Maler Meinung im Spital Se. Johann zu Brügge
besuchen. Wenn aber der König anch andern ausländischen Künstlern beten-


Tage b it es.



i.
Die vielbesprochene Belgomanie in Köln am Rhein.

Beim Durchblättern der Novellenzeitung fand ich ein paar Artikel über die
Düsseldorfer Malerschule und die Kunstkritik, so wie über die Bevorzugung der
ausländischen Kunst, welche meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen, da be¬
sonders über das letzte Thema in jüngster Zeit auf mancherlei Weise variirt
wurde.

Ueber die Tendenz des ersten Artikels kann und mag ich mit dem Verfasser
nicht hadern, da es sich hier um rein individuelle Ansichten handelt, um eine
Apotheose der Düsseldorfer Malerschule und ihrer Heroen, welchen der bescheidene
Name „Koryphäen der deutschen Kunst" beigelegt wird. Erschrick uicht, deutsche
Kunst! Die Herren Protestiren in ihrer Bescheidenheit selbst gegen diesen Ehrentitel.

Jedem sein Steckenpferd und seinen Kolben, warum soll der Kämpe des
Düsseldorfer Nachruhms die seinigen nicht haben? Mich hat es seiner Zeit selbst
unangenehm berührt, als es hieß, unser König habe den belgischen Malern
De Biefve und Gallait den Auftrag gegeben, Scenen ans der preußisch-
brandcnburgischen Geschichte zu malen. An Ort und Stelle erkundigte ich mich
nach der Wahrheit dieses Zeitungs- Gerüchtes und fand, daß es eine grobe Un¬
wahrheit sei. — Weder der Eine, noch der Andere hat von Preußens Mo¬
narchen einen Austrag erhalten. Ich will der Fährte jener Lüge nicht nachspü¬
ren, nicht untersuchen, in welchem Düsseldorfer Atelier sie empfangen und zur
Welt gebracht wurde, und welcher knnstkritelnde Düsseldorfer Doctor und Ge¬
burtshelfer sie als ent-int tiauve dem Fiudclhause der Kölnischen Zeitung über¬
wies, von wo sie ausging, um sich als patriotische Ente recht breit zu machen.

Nur ein belgischer Maler, De Keyser, hat directe Bestellungen von un¬
serem Hofe erhalten, ein Paar Staffelei-Bilder. Für den König malte er Ru¬
bens, umgeben von seinen Freunden, die Lunden (lo clmneim cle stille) ma¬
lend, und für den Prinz von Preußen wird er König Max I. und Maria von
Burgund malen, welche den Maler Meinung im Spital Se. Johann zu Brügge
besuchen. Wenn aber der König anch andern ausländischen Künstlern beten-


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[0348] Tage b it es. i. Die vielbesprochene Belgomanie in Köln am Rhein. Beim Durchblättern der Novellenzeitung fand ich ein paar Artikel über die Düsseldorfer Malerschule und die Kunstkritik, so wie über die Bevorzugung der ausländischen Kunst, welche meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen, da be¬ sonders über das letzte Thema in jüngster Zeit auf mancherlei Weise variirt wurde. Ueber die Tendenz des ersten Artikels kann und mag ich mit dem Verfasser nicht hadern, da es sich hier um rein individuelle Ansichten handelt, um eine Apotheose der Düsseldorfer Malerschule und ihrer Heroen, welchen der bescheidene Name „Koryphäen der deutschen Kunst" beigelegt wird. Erschrick uicht, deutsche Kunst! Die Herren Protestiren in ihrer Bescheidenheit selbst gegen diesen Ehrentitel. Jedem sein Steckenpferd und seinen Kolben, warum soll der Kämpe des Düsseldorfer Nachruhms die seinigen nicht haben? Mich hat es seiner Zeit selbst unangenehm berührt, als es hieß, unser König habe den belgischen Malern De Biefve und Gallait den Auftrag gegeben, Scenen ans der preußisch- brandcnburgischen Geschichte zu malen. An Ort und Stelle erkundigte ich mich nach der Wahrheit dieses Zeitungs- Gerüchtes und fand, daß es eine grobe Un¬ wahrheit sei. — Weder der Eine, noch der Andere hat von Preußens Mo¬ narchen einen Austrag erhalten. Ich will der Fährte jener Lüge nicht nachspü¬ ren, nicht untersuchen, in welchem Düsseldorfer Atelier sie empfangen und zur Welt gebracht wurde, und welcher knnstkritelnde Düsseldorfer Doctor und Ge¬ burtshelfer sie als ent-int tiauve dem Fiudclhause der Kölnischen Zeitung über¬ wies, von wo sie ausging, um sich als patriotische Ente recht breit zu machen. Nur ein belgischer Maler, De Keyser, hat directe Bestellungen von un¬ serem Hofe erhalten, ein Paar Staffelei-Bilder. Für den König malte er Ru¬ bens, umgeben von seinen Freunden, die Lunden (lo clmneim cle stille) ma¬ lend, und für den Prinz von Preußen wird er König Max I. und Maria von Burgund malen, welche den Maler Meinung im Spital Se. Johann zu Brügge besuchen. Wenn aber der König anch andern ausländischen Künstlern beten-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/348>, abgerufen am 07.05.2024.