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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Ich kann nicht in die Herzen sehen, doch bleibt es mir bei Vielen unzweifel¬
haft, daß sie nicht mit der Regierung stimmen konnten, ihrer Stellung im Staats¬
dienste wegen, aber diesmal auch nicht gegen sie stimmen wollten; bei Anderen
aber, daß sie zwar sehr gerne, wie gewöhnlich, mit der Regierung gestimmt hät¬
ten, ein inneres Etwas es aber diesmal doch durchaus nicht zuließ.

Daß es nnn bereits so weit gekommen ist, begrüße ich als einen Fortschritt,
denn Eines thut vor Allem Noth, und diesem Einen sind wir näher gerückt.

Da es die Regierung durchaus nicht zuläßt, daß ein Staatsbeamter zugleich
auch ein freisinniger, selbstständiger Landstand sei, so werden es Manche bald in
ernste Erwägung ziehen müssen, wem sie größere Verpflichtungen schulden,
ihrer Geburt, ihrem Namen, ihren Nachkommen, ihrem Lande und selbst ihrem
König, oder einer Negierung, welche trotz alles guten Willens doch fort und fort
und zu ihrem eigenen Nachtheile hartnäckig auf unhaltbaren Systemen beharrt,
und so selbst Alles auf die Spitze treibt?

Dieser Wahl könnte allerdings dadurch vorgebeugt werden, daß die Negie¬
rung von dem Perhorresziruugssyfteme der Stände abließe; muß sie aber (wie
wahrscheinlich) einmal stattfinden, so falle sie aus wie sie wolle, das Ganze wird
immer dabei gewinnen, denn Jeder wird dann das, was er erwählt hat, bei
jeder Gelegenheit, und hiedurch erst in Wahrheit sein; hiedurch aber werden
dem Lande Kräfte zuwachsen, deren es sich bis jetzt in ihrer ganzen Ausdehnung
-Sradfchiner. 'use erfreut.

Man hat uns von anderer Seite in den Stand gesetzt, die oben erwähnten zwei
wichtigsten Vortrage der Opposition unsern Lesern mittheilen zu können; wir lassen sie
Die Redaction. hier folgen.

vortrag des Grafen Albert )?sstilz

Ich will mich nicht darauf einlassen, auch meine Gefühle über den Inhalt
des allerhöchsten Reskriptes auszusprechen, da sie dieselben sind, welche die Redner vor
wir entwickelt haben. Auch ich erkenne an, daß uns hier eine gefährliche Verle¬
tzung, ja Vernichtung unseres Steuerverwilliguugsrechtes droht. Im Wesentli¬
chen schließe ich mich den Anträgen des Grafen Deym und des Grafen Erwein
Nostitz an, und führe sie nur detäillirter aus. Ich erlaube mir nur, einige Worte
als Motivirung vorauszuschicken.

Steht es den Ständen nicht mehr zu, die Summe des Postulates des einen
Jahres mit jener des andern Jahres zu vergleichen und deren allenfcilligen Mehr-
oder Minderbetrag zu berechnen; steht es denselben nicht mehr zu, darüber zu


Ich kann nicht in die Herzen sehen, doch bleibt es mir bei Vielen unzweifel¬
haft, daß sie nicht mit der Regierung stimmen konnten, ihrer Stellung im Staats¬
dienste wegen, aber diesmal auch nicht gegen sie stimmen wollten; bei Anderen
aber, daß sie zwar sehr gerne, wie gewöhnlich, mit der Regierung gestimmt hät¬
ten, ein inneres Etwas es aber diesmal doch durchaus nicht zuließ.

Daß es nnn bereits so weit gekommen ist, begrüße ich als einen Fortschritt,
denn Eines thut vor Allem Noth, und diesem Einen sind wir näher gerückt.

Da es die Regierung durchaus nicht zuläßt, daß ein Staatsbeamter zugleich
auch ein freisinniger, selbstständiger Landstand sei, so werden es Manche bald in
ernste Erwägung ziehen müssen, wem sie größere Verpflichtungen schulden,
ihrer Geburt, ihrem Namen, ihren Nachkommen, ihrem Lande und selbst ihrem
König, oder einer Negierung, welche trotz alles guten Willens doch fort und fort
und zu ihrem eigenen Nachtheile hartnäckig auf unhaltbaren Systemen beharrt,
und so selbst Alles auf die Spitze treibt?

Dieser Wahl könnte allerdings dadurch vorgebeugt werden, daß die Negie¬
rung von dem Perhorresziruugssyfteme der Stände abließe; muß sie aber (wie
wahrscheinlich) einmal stattfinden, so falle sie aus wie sie wolle, das Ganze wird
immer dabei gewinnen, denn Jeder wird dann das, was er erwählt hat, bei
jeder Gelegenheit, und hiedurch erst in Wahrheit sein; hiedurch aber werden
dem Lande Kräfte zuwachsen, deren es sich bis jetzt in ihrer ganzen Ausdehnung
-Sradfchiner. 'use erfreut.

Man hat uns von anderer Seite in den Stand gesetzt, die oben erwähnten zwei
wichtigsten Vortrage der Opposition unsern Lesern mittheilen zu können; wir lassen sie
Die Redaction. hier folgen.

vortrag des Grafen Albert )?sstilz

Ich will mich nicht darauf einlassen, auch meine Gefühle über den Inhalt
des allerhöchsten Reskriptes auszusprechen, da sie dieselben sind, welche die Redner vor
wir entwickelt haben. Auch ich erkenne an, daß uns hier eine gefährliche Verle¬
tzung, ja Vernichtung unseres Steuerverwilliguugsrechtes droht. Im Wesentli¬
chen schließe ich mich den Anträgen des Grafen Deym und des Grafen Erwein
Nostitz an, und führe sie nur detäillirter aus. Ich erlaube mir nur, einige Worte
als Motivirung vorauszuschicken.

Steht es den Ständen nicht mehr zu, die Summe des Postulates des einen
Jahres mit jener des andern Jahres zu vergleichen und deren allenfcilligen Mehr-
oder Minderbetrag zu berechnen; steht es denselben nicht mehr zu, darüber zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/463>, abgerufen am 07.05.2024.