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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Paschhampel.
Aus dem böhmisch - schlesischen Gebirge
Von tlffo 'Körr.
I.

Komm Leser! steig' mit mir die steile Höhe hinauf, wo mitten in der
frischen hellen Matt ein altes graues Haus steht, mit dem Rücken an den
aufsteigende" Berg gelehnt, als könnte es sich nicht allein mehr aufrecht
halten. So ein Haus heißt Hierlandes eine Baude, und weil es auch im
Winter bewohnt wird, so ist es vom Dachfirst an bis auf den Boden mit
Schindeln beschlagen, die fest in einander passen und die beste Abwehr siud
gegen den pfeifenden Schneewind. Unter dem Schoppen liegt ein ausge¬
höhlter Baumstamm, in den vom obern Berg ein klares Wasser dnrch höl¬
zerne Rinnen geleitet wird; es geht so rasch abwärts, daß es niemals zu¬
friert und nur gegen den Schnee verwahrt zu werden braucht. Um die
Fenster sind Reisholzbündel aufgeschichtet, alle Klunseu sind mit grünem
Moos verklebt und wenn der Flockensturm auf den Höhen tobt, sitzen die
Leute um den brennenden Fichtenspahu und spinnen, während Weg und
Steg hoch verweht wird, die zu andern Meuschen führen. Es ist zwar in
neuester Zeit Mode geworden, daß über das Elend im Gebirg von den
Herren beim Amte viel geschrieben wird, aber geholfen hat es nichts und
wird wohl auch nichts Anderes helfen, als eine Auswanderung über's Meer
oder in das fette Ungarn. Dazu aber entschließen sich unsere Leute nicht
und wenn man ihnen auch goldene Berge verspräche -- sie hungern lieber
oder setzen Freiheit und Leben ein beim kärglichen Paschergewerb, als daß
sie den morschen Bauden Lebewohl sagten oder den weißen Wiesen im
Hochlande.



Die hier geschilderten Personen sind alle der traurigen Wirklichkeit entnommen --
eben so die stark lokale Färbung; sie war nothwendig, wenn das Bild ein durchweg
D, B. treues sein sollte.
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Paschhampel.
Aus dem böhmisch - schlesischen Gebirge
Von tlffo 'Körr.
I.

Komm Leser! steig' mit mir die steile Höhe hinauf, wo mitten in der
frischen hellen Matt ein altes graues Haus steht, mit dem Rücken an den
aufsteigende» Berg gelehnt, als könnte es sich nicht allein mehr aufrecht
halten. So ein Haus heißt Hierlandes eine Baude, und weil es auch im
Winter bewohnt wird, so ist es vom Dachfirst an bis auf den Boden mit
Schindeln beschlagen, die fest in einander passen und die beste Abwehr siud
gegen den pfeifenden Schneewind. Unter dem Schoppen liegt ein ausge¬
höhlter Baumstamm, in den vom obern Berg ein klares Wasser dnrch höl¬
zerne Rinnen geleitet wird; es geht so rasch abwärts, daß es niemals zu¬
friert und nur gegen den Schnee verwahrt zu werden braucht. Um die
Fenster sind Reisholzbündel aufgeschichtet, alle Klunseu sind mit grünem
Moos verklebt und wenn der Flockensturm auf den Höhen tobt, sitzen die
Leute um den brennenden Fichtenspahu und spinnen, während Weg und
Steg hoch verweht wird, die zu andern Meuschen führen. Es ist zwar in
neuester Zeit Mode geworden, daß über das Elend im Gebirg von den
Herren beim Amte viel geschrieben wird, aber geholfen hat es nichts und
wird wohl auch nichts Anderes helfen, als eine Auswanderung über's Meer
oder in das fette Ungarn. Dazu aber entschließen sich unsere Leute nicht
und wenn man ihnen auch goldene Berge verspräche — sie hungern lieber
oder setzen Freiheit und Leben ein beim kärglichen Paschergewerb, als daß
sie den morschen Bauden Lebewohl sagten oder den weißen Wiesen im
Hochlande.



Die hier geschilderten Personen sind alle der traurigen Wirklichkeit entnommen —
eben so die stark lokale Färbung; sie war nothwendig, wenn das Bild ein durchweg
D, B. treues sein sollte.
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[0055] Paschhampel. Aus dem böhmisch - schlesischen Gebirge Von tlffo 'Körr. I. Komm Leser! steig' mit mir die steile Höhe hinauf, wo mitten in der frischen hellen Matt ein altes graues Haus steht, mit dem Rücken an den aufsteigende» Berg gelehnt, als könnte es sich nicht allein mehr aufrecht halten. So ein Haus heißt Hierlandes eine Baude, und weil es auch im Winter bewohnt wird, so ist es vom Dachfirst an bis auf den Boden mit Schindeln beschlagen, die fest in einander passen und die beste Abwehr siud gegen den pfeifenden Schneewind. Unter dem Schoppen liegt ein ausge¬ höhlter Baumstamm, in den vom obern Berg ein klares Wasser dnrch höl¬ zerne Rinnen geleitet wird; es geht so rasch abwärts, daß es niemals zu¬ friert und nur gegen den Schnee verwahrt zu werden braucht. Um die Fenster sind Reisholzbündel aufgeschichtet, alle Klunseu sind mit grünem Moos verklebt und wenn der Flockensturm auf den Höhen tobt, sitzen die Leute um den brennenden Fichtenspahu und spinnen, während Weg und Steg hoch verweht wird, die zu andern Meuschen führen. Es ist zwar in neuester Zeit Mode geworden, daß über das Elend im Gebirg von den Herren beim Amte viel geschrieben wird, aber geholfen hat es nichts und wird wohl auch nichts Anderes helfen, als eine Auswanderung über's Meer oder in das fette Ungarn. Dazu aber entschließen sich unsere Leute nicht und wenn man ihnen auch goldene Berge verspräche — sie hungern lieber oder setzen Freiheit und Leben ein beim kärglichen Paschergewerb, als daß sie den morschen Bauden Lebewohl sagten oder den weißen Wiesen im Hochlande. Die hier geschilderten Personen sind alle der traurigen Wirklichkeit entnommen — eben so die stark lokale Färbung; sie war nothwendig, wenn das Bild ein durchweg D, B. treues sein sollte. Giciijlwlcn. III. I«-!7. 7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/55>, abgerufen am 07.05.2024.